Studie zu Finanzierungen Diese Start-ups überstehen die Krise bisher am besten

Der Münchener Elektro-Flugtaxi-Hersteller Lilium erhielt in diesem Jahr eine Finanzspritze über 218 Millionen Euro. Quelle: dpa

Sinkende Umsätze, zurückhaltende Investoren: Die Pandemie hat Start-ups in Deutschland Probleme bereitet. Doch die Branche hat 2020 mit einem blauen Auge überstanden. In diesen Branchen wurde das meiste Geld investiert.

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Die deutsche Start-up-Landschaft hat die Coronakrise laut einer Studie bislang recht gut verkraftet. Viele Jungunternehmen hätten zwar mit großen Problemen gekämpft, das von vielen befürchtete große „Start-up-Sterben“ sei im vergangenen Jahr aber ausgeblieben, heißt es in einer Studie der Beratungsgesellschaft EY, die am Mittwoch veröffentlicht wurde. Das liege auch an den weiter fließenden Geldern von Investoren für Gründer hierzulande.

2020 erhielten Start-ups 5,3 Milliarden Euro von Investoren und damit 15 Prozent weniger als im Rekordjahr 2019, zeigt die Studie, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Große Deals über 100 Millionen Euro gab es seltener. Die 5,3 Milliarden waren aber der zweithöchste Wert der vergangenen Jahre, und es kamen auch mehr Start-ups an Investorengeld: Die Zahl der Finanzierungsrunden stieg um sechs Prozent auf 743 – ein Höchststand.

„Es gibt einen Corona-Effekt bei den Risikokapitalinvestitionen“, sagte Hubert Barth, Vorsitzender der Geschäftsführung von EY Deutschland. Dieser zeige sich in erster Linie im Rückgang der großen Deals, während es mehr kleine Finanzierungsrunden gegeben habe. Für eine Entwarnung für Start-ups sei es aber zu früh, meint EY. Wegen der ausgesetzten Insolvenzanmeldungspflicht sei nicht klar, wie es den vielen kleinen Firmen gehe, die nicht im Investorenfokus stünden und möglicherweise vollständig mit Eigenmitteln finanziert seien.



Start-ups sind auf Geld von Investoren angewiesen, da sie in aller Regel noch keinen Gewinn schreiben. Fonds und große Firmen stecken Kapital in verheißungsvolle Firmen in der Hoffnung, dass sich deren Geschäftsideen durchsetzen und ihnen üppige Profite bescheren. Start-ups gelten mit ihren Ideen als wichtiger Innovationstreiber für die Wirtschaft. Die Coronakrise hat den langjährigen Aufschwung der Szene gedämpft und jungen Firmen die Geschäfte erschwert. Um Schaden abzuwenden, unterstützt die Bundesregierung Start-ups mit Milliarden.

In der Coronakrise floss EY zufolge deutlich mehr Geld in Start-ups aus der Gesundheitsbranche, aber auch Mobilitätsfirmen standen bei Investoren hoch im Kurs. Zwar entfiel das meiste Geld 2020 in den Mobilitätssektor. Allerdings musste der insgesamt einen Rückgang von knapp 28 Prozent hinnehmen. Besonders gefragt waren auch junge Unternehmen aus dem Onlinehandel. Der Einkauf im Netz erlebte das gesamte Jahr über einen enormen Schub. Immerhin waren Einzelhandelsgeschäfte viele Wochen immer Jahr geschlossen oder nur eingeschränkt geöffnet. Die größte Transaktion in Deutschland 2020 war eine Finanzspritze von 255 Millionen Euro für die Berliner Auto1 Group mit ihrer Gebrauchtwagen-Plattform, gefolgt von 218 Millionen Euro für den Münchner Flugtaxi-Entwickler Lilium.

Auf Rang drei stand eine Finanzierung für das Berliner Start-up Tier Mobility, das Elektro-Roller verleiht (212 Millionen Euro). Diese wurde vom japanischen Investor Softbank angeführt, der in der Branche ziemlich umstritten ist und zum ersten Mal in Tier investierte. Immerhin haben einige Investments der Japaner gar nicht funktioniert. Der Einstieg beim Büroraumvermittler WeWork etwa wurde zum Debakel. „Nein, Angst vor Softbank haben wir natürlich nicht. Es geht uns einfach darum, was wir mit dem Geld alles machen könne“, sagte Tier-Chef Lawrence Leuschner der WirtschaftsWoche noch im November. „Das Angebot der Investoren rund um Softbank war sehr gut, wir haben uns sehr professionell mit ihnen verstanden. Sie denken fünf bis zehn Jahre in die Zukunft – so wie wir auch“, so Leuschner. In der nachfolgenden Grafik können Sie sehen, wie viel Geld 2020 und 2019 in den verschiedenen Sektoren investiert wurde.

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Von den fünf größten Finanzierungsrunden entfielen übrigens vier auf Berlin, eine auf Bayern. München habe sich als Nummer zwei etabliert, sagte EY-Partner Thomas Prüver. Gründer aus Bayern sammelten 1,5 Milliarden Euro und damit etwa halb so viel Geld ein wie die Konkurrenz in der Start-up-Hochburg Berlin (3,1 Milliarden).

„München und das Münchner Umland haben eine spezifische Stärke im Technologie-Bereich und ergänzen Berlin perfekt.“ Andere deutsche Standorte hätten es im vergangenen Jahr relativ schwer gehabt, was auch im neuen Jahr so bleiben dürfte. „Die ganz großen Deals werden zunehmend entweder in Berlin oder in München ausgehandelt.“

Mehr zum Thema: Die Investoren sind im Coronajahr deutlich anspruchsvoller geworden.

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