




Der Börsengang der Berliner Startup-Schmiede Rocket Internet steht kurz bevor, die Samwer-Brüder Oliver, Marc und Alexander sind die Männer der Stunde. Erfolgsmeldungen über junge Unternehmen sind in Mode, erfolgreiche Gründer ein Vorbild.
Das Problem ist bloß: So romantisch ist die Unternehmensgründung nicht. Und ein kometenhafter Aufstieg wie bei Bill Gates, Mark Zuckerberg oder eben den Samwer-Brüdern ist die Ausnahme, nicht die Regel. Denn die Mehrheit der Start-ups scheitert: 338.000 Existenzgründungen zählte das Institut für Mittelstandsforschung (IfM) im vergangenen Jahr in Deutschland - bei 354.000 Pleiten. In den USA verschwinden die meisten neuen Unternehmen binnen fünf Jahren wieder von der Bildfläche. Die Gründe für das Scheitern sind vielfältig: keine ausreichende Kenntnis der Branche, zu wenig Kapital, kaufmännische Defizite, miese Planung.
Die wenigsten Gründer verdienen genug
Außerdem lässt sich - zumindest im ersten Jahr nach der Unternehmensgründung - kaum vom neuen Job als Chef leben. Statistiken des IfM zeigen, dass bei 35,2 Prozent der Erstgründer das Einkommen den Lebensunterhalt nicht deckt. Bei 38,8 Prozent reicht es zumindest anteilig - die Miete ist also bezahlt. Noch düsterer sieht es bei Wiederholungsgründern aus. Von ihnen können 42 Prozent nicht von ihrer Selbstständigkeit leben.
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Warum Gründer im Nebenerwerb starten
Um eine Basis für Selbstständigkeit im Vollerwerb zu schaffen.
Quelle: KfW, Inmit/Uni Trier
Um Geschäftsideen erproben zu können.
Um durch Sozialversicherungen geschützt zu sein.
Um das finanzielle Risiko zu verringern.
Um eine Erwerbsalternative zu haben.
Um finanziell abgesichert zu sein.
Um Fähigkeiten zu nutzen.
Auch nach dem ersten - mit Sicherheit turbulenten - Jahr, läuft es bei vielen Unternehmern ganz und gar nicht rund. Eine Studie von Barton Hamilton, einem Professor der Washington Universität, zeigt, dass Selbstständige im Zehnjahresvergleich 35 Prozent weniger verdienen als Angestellte in der gleichen Branche. Außerdem können viele ihren Investoren das eingesetzte Kapital nicht zurückerstatten.
Warum die Deutschen gründen
43 Prozent der 5.508 Unternehmen, die in der Zeit von 2005 bis 2007 gegründet wurden, entstanden, weil die Gründer selbstbestimmt arbeiten wollten.
Eine konkrete Geschäftsidee umsetzen wollten 22,5 Prozent der von KfW und ZEW befragten Neugründer.
Die Gründung als Ausweg aus der Arbeitslosigkeit liegt mit 12,8 Prozent auf Platz drei.
Für gut zehn Prozent gab es keine alternative Beschäftigung in einem Unternehmen.
8,5 Prozent sahen ihre Chance, eine Marktlücke auszunutzen.
Rund zwei Prozent sagten, ihr ehemaliger Arbeitgeber habe eine Gründung forciert.
Steuerliche Anreize waren für 1,5 Prozent ausschlaggebend.
Auch die Lebensqualität ist in den meisten Fällen nicht gut. "Es ist unglaublich schwierig: Man hat keine Freizeit, keine Zeit für die Familie und arbeitet so hart wie noch nie", sagte beispielsweise Phil Libin, Chef der Software-Firma Evernote, gegenüber dem "Economist". Und Aaron Levie, Gründer des Cloud-Anbieters Box erzählte, dass er zweieinhalb Jahre auf einer Matratze in seinem Büro geschlafen und sich von fertigen Nudelgerichten ernährt habe. Um so etwas durchzuziehen, braucht es eine fantastische Motivation, die zumindest in Deutschland die wenigsten Gründer haben - oder eine gute Portion Wahnsinn.
Wenigstens der ist bei vielen Unternehmensgründern vorhanden, wie eine Untersuchung des Psychiaters John Gartner von der Johns Hopkins Universität zeigt. Demnach leiden viele Gründer unter Hypomanie - einer psychischen Erkrankung, die sich durch einen Wechsel aus euphorischer Grundstimmung und depressiven Phasen auszeichnet.