Surf-Legende Robby Naish "Gewinn ist nicht mein Antrieb"

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"Wir stecken mitten in einem gewaltigen Umbruch"

Allerdings wird das Geschäft immer härter und Naish ist eine kleine Firma – denken Sie darüber nach, Anteile zu verkaufen?
Ja, wir stecken mitten in einem gewaltigen Umbruch. Das liegt auch daran, dass die Zeiten für den Handel sehr hart sind. Das Internet hat auch die ganze Art und Weise, wie unser Geschäft läuft, umgekrempelt. Dabei verkaufen wir ein sehr technisches und damit erklärungsbedürftiges Produkt. Wir verkaufen keinen Rucksack, den man auch locker über das Internet bestellen kann. Gleichzeitig muss unser Kunde die Chance bekommen, mit unseren Brettern, mit den Segeln und Masten in Berührung zu kommen, er muss die Faszination spüren, die in ihnen steckt. Dazu brauchen wir Läden. Aber diesseits des Internets, in der wirklichen Welt, haben alle Beteiligten dieses Business Probleme: Wir als Marke, unsere Distributeure und die Läden kommen nur auf kleine Margen.

Wie wollen Sie das ändern?
Darüber zerbreche ich mir gerade den Kopf: Wie kann ein Vertriebssystem aussehen, das unser Produkt vernünftig anbieten kann? Du willst die Sachen doch anfassen und sie fühlen, ehe du sie kaufst. Wenn Surfschulen und Läden verschwinden und die Leute nur noch online einkaufen, dann raubt das unserem Sport einen Teil seiner Seele.

Machen Sie eigene Shops auf?
Nein, dazu sind wir zu klein. Außerdem sitze ich auf Hawaii – und der größte Markt liegt genau auf der anderen Seite der Welt: in Deutschland, Frankreich, Österreich, Schweiz, Dänemark. Ich bin da zu weit weg. Und sehe, dass die Zahl der kleinen Läden immer weiter schrumpft. Auf diesen Gewässern müssen wir irgendwie klarkommen und am Leben bleiben.

Und das allein? Sie wollen keine Anteile an Naish verkaufen?
Es ist sicher eine mögliche Alternative, denn irgendetwas werde ich machen müssen. Die gesamten Ersparnisse meines Lebens stecken in diesem Unternehmen. Das ist nicht immer eine so komfortable Position. Deshalb wird es in Zukunft sicher noch Veränderungen geben. Aber das war ja schon immer so: Naish habe ich 1995 gegründet, und wir haben uns immer wieder auf neue Entwicklungen eingestellt. Nur eins ist immer noch gleich: es macht immer noch riesig Spaß, denn im Grunde bauen wir doch Spielzeug für Erwachsene, die dafür sorgen, dass sie ein schöneres Leben haben.

Sie waren der jüngste Surfweltmeister aller Zeiten, waren jahrelang Profi-Surfer, jetzt sind Sie seit vielen Jahren Unternehmer – wie sehen Sie sich selbst? Gibt es die Surfer-Methode, ein Unternehmen zu führen?
Wahrscheinlich ist es die falsche (lacht)… Ich sehe mich immer noch in erster Linie als Sportler, das Business ist mehr so was wie meine Zweitkarriere. Im Kopf habe ich den Seitenwechsel zum Manager eigentlich nie gemacht. Vielleicht hat das die Firma auch so frisch gehalten. Genau wie unser Sport entwickeln wir uns stets weiter, versuchen im „Flow“ zu bleiben. Klar, wenn ich ein besserer Geschäftsmann wäre und fokussierter, wären wir womöglich „erfolgreicher“. Aber wer legt denn fest, was erfolgreich sein bedeutet? Ich will selber entscheiden, was ich mit meinem Leben anfangen will, das ist für mich der größte Luxus. Es geht darum, die richtige Balance zu finden zwischen Leben und Geld verdienen. Wir waren nie die Größten, aber das wollten wir auch nie sein. Die Marke ist in Wahrheit größer als die Wirklichkeit.

"Wenn man alles gut macht, kommt die Kohle von allein"
Zwölf deutsche Gründer erzählen in "Lionhearted" von ihrem Weg in die Selbstständigkeit Quelle: Pressebild, Montage
Anna Alex, Outfittery: "Wir haben nicht angefangen zu überlegen, was alles schiefgehen könnte. Wir haben eher überlegt, was alles gut gehen könnte." Quelle: Bastien Carrillo
Albrecht Krockow, Post Collective Quelle: Bastien Carrillo
Detlef Isermann, P&M Cosmetics: "Man kann kein Unternehmen gründen oder führen, wenn man nicht lernbereit ist und konstant daran arbeitet." Quelle: Bastien Carrillo
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Verkaufen würden Sie sie nie?
Nein, nein, ich hoffe, das werde ich nie tun. Warum auch? Im Moment genieße ich dieses Leben zu sehr, es macht mir Freude und das Geschäft läuft nach wie vor profitabel. Aber Gewinn ist nicht mein Antrieb. Ich bin unabhängig, habe keine Teilhaber und leihe kein Geld bei den Banken. Jeder echte Geschäftsmann würde das sicher anders machen. Das begrenzt offensichtlich unser Wachstumspotenzial, aber es reduziert auch das Risiko.

Robby Naish, der die wildesten Wellen surft, meidet im Geschäft das Risiko?
Ja, ich mag keine Risiken, ich mache das vor allem, um Spaß zu haben. Und Risiko macht mir keinen Spaß. Ich bin nicht der Typ, der sich Geld leiht und dann nachts gut schlafen kann. Manchen Leuten bereitet das kein Problem, die können gut mit Schulden leben. Aber ich bin da sehr konservativ.

Wie führen Sie da Ihre Firma – lassen Sie Ihre Leute Surfen gehen, wenn die Wellen gerade gut laufen oder ketten Sie die an den Schreibtisch?
Meine Leute surfen jeden Tag. Das gehört zu ihrem Job. Die einzigen, die nicht jeden Tag draußen sind, sind die aus der Buchhaltung. Aber auch von denen hat jeder sein Brett, und die sind damit auf dem Wasser, so oft es geht. An manchen Tagen komme ich um 11 Uhr ins Büro: Fuck, wo sind die alle? Ich selbst habe da nicht mal einen eigenen Schreibtisch. Ich kann überall arbeiten, wo ich gerade bin. Also wenigstens in der Hinsicht sind wir nicht gar so konservativ.

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