Sym Gemeinsam gegen die Goliaths: Start-up bündelt Dienstleistungen für Mittelständler

Quelle: imago images

Steuerberatung, Recruiting, Unternehmensentwicklung: Das Start-up Sym nimmt Unternehmen alle Aufgaben jenseits des Kerngeschäfts ab. Und stellt so nebenbei den gesamten Apparat infrage, der bei Konzernen schlicht dazu gehört – und Unsummen an Geld verschlingt.

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Das Unternehmen Sym dürfte eines der einzigen im Land sein, das seinen Mitarbeitern nicht nur Bürostühle und Kaffeemaschinen stellt, sondern einige von ihnen auch füttern muss. Neben Büroräumen und Werkstätten bieten die bislang drei Standorte der Sym GmbH auch eine Gartenecke, mal gibt es dort nur Hochbeete, mal auch ein paar Schafe. Der „Naturcampus“ soll den Mitarbeitern der verschiedenen Firmen, die auf dem Gelände ansässig sind, Raum zur Erholung verschaffen. Und zusätzlich dafür sorgen, dass beim Gärtnern und Tiereversorgen ungewöhnliche Gesprächskonstellationen entstehen. „Wenn da Unternehmensberater und Produktionsmitarbeiter zusammenarbeiten, dann verstehen sie, wie der andere tickt“, sagt Michael Schwienbacher, der Chef.

Das Networking der ungewöhnlichen Sorte steht sinnbildlich dafür, was Sym sich insgesamt vorgenommen hat: Den Horizont kleiner Unternehmen zu erweitern, ihnen Hilfestellungen anzubieten, die es bisher nicht gab – und die ihnen völlig neue Entfaltungsmöglichkeiten zu eröffnen. In seinen sogenannten „Hypozentren“, die sich in München, dem nahe gelegenen Sauerlach sowie in Bonn befinden, können sich Unternehmen Büroräume oder Coworking-Plätze mieten. Dazu kommen über 300 Dienstleistungen, die die Firmengruppe anbietet: Die Palette reicht von der Hilfe bei der Personalgewinnung über die kaufmännische Verwaltung und Steuerberatung bis hin zu Impulsen bei der Unternehmensentwicklung. Als digitales Dach soll eine eigene Softwareplattform dienen, über die alle diese Dienstleistungen abgerufen werden können. „Wir sind ein Betriebssystem für kleine und mittlere Unternehmen“, sagt Schwienbacher.

Mit dem Generalunternehmer gegen die Goliaths 

Ein ambitioniertes Ziel. Denn grundsätzlich mangelt es nicht an Dienstleistern für den Mittelstand. Zahlreiche Anbieter fokussieren sich bewusst auf diese Unternehmensklasse: Bei der bringt zwar jeder einzelne Auftrag nur ein überschaubares Volumen – doch durch die schiere Zahl von Firmen mit zwei- oder dreistelliger Beschäftigtenzahl ergibt sich das große Geschäft. Große Beratungsunternehmen wie die ETL-Gruppe sind seit vielen Jahren auf den Mittelstand ausgerichtet. Auch Softwarefirmen wie die Personalwirtschaftslösung Personio oder SAP-Alternativen wie Scopevisio zielen nicht auf Konzerne, sondern auf Mittelständler.

Sym will sich als eine Art Generalunternehmer der Shared-Services positionieren. Und verknüpft sein Angebot mit einer Mission: Weil die lästige Alltagsarbeit wegfällt, sollen sich die Mittelständler besser auf ihr Kerngeschäft konzentrieren können – und sich so gegen digitale Plattformen und Großkonzerne behaupten. „Gerade der Mittelstand muss sich vom globalen Wettbewerb entkoppeln und Alleinstellungsmerkmale für sich finden, um zukunftsfähig bleiben zu können“, wirbt Schwienbacher für sein Modell.

Zudem sollen sich die „Symworker“, wie sich die zügig wachsende Gemeinschaft getauft hat, gegenseitig bei Projekten helfen. Ein eigener digitaler Marktplatz soll diese Zusammenarbeit in Zukunft systematisch organisieren. Ein Erfolgsbeispiel hat Schwienbacher aber heute schon rund um das Start-up Laqa an der Hand: Das entwickelt einen digital vernetzten Wasserbecher, der seine Nutzer daran erinnert, regelmäßig zu trinken. Ein Entwicklungsdienstleister aus dem Netzwerk kümmert sich um die Hardware-Komponenten. Und das hochspezialisierte Elektronikunternehmen Mayerhofer ist langfristiger Fertigungspartner: „Elektronik made in Germany“, verkündet dessen Geschäftsführer Merlin Reingruber stolz.

Spezialisten lohnen sich nicht

Reingruber ist nicht nur von der Vernetzung angetan – sondern vor allem von der Arbeitsteilung: „Als Unternehmen mit rund 40 Mitarbeitenden könnten wir uns keine Spezialisten für Finanzierung oder Personalentwicklung leisten“, sagt der 42-Jährige, „so ist das für mich eine große Entlastung.“ Steht eine Aufgabe jenseits des Kerngeschäfts an, nutzt er die App oder ruft bei Sym an. „Das fühlt sich für mich so an, als ob ich dort eigene Mitarbeitende hätte“, sagt Reingruber.

Alltagsarbeit zum All-Inclusive-Preis

Diesen All-Inclusive-Service lässt sich Sym mit 18 Prozent vom Rohertrag der angeschlossenen Firmen vergüten. 15 Unternehmen gehören hier zu den ersten Kunden, die das System in den vergangenen Jahren mit entwickelt und erprobt haben. Dazu kommen mehr als 100 weitere, die bislang nur einzelne Dienstleistungen buchen. Gründer Schwienbacher plant jedoch in den kommenden zwei Jahren große Wachstumssprünge: In diesem Jahr eröffnen zwei neue „Hypozentren“ in Heidelberg und im Raum Köln, 2023 könnten dann vier weitere Standorte dazukommen.

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Schwienbacher setzt dabei auf die Methoden eines Tech-Start-ups, um sein Geschäft zu entwickeln. Mit seinen aktuell 50 Mitarbeitern tritt er in vielen Fällen in Vorleistung, wenn Mittelständler anfragen. Doch langfristig soll sich die Arbeit dann durch Skaleneffekte rentieren: „Wir entwickeln die Prozesse einmal – und legen sie dann auf möglichst viele Kunden um“, sagt Schwienbacher. Vier Millionen Euro habe man bislang bereits in die Entwicklung der Software gesteckt, weitere vier Millionen Euro sollen in diesem Jahr noch fließen.

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