




Deutschland ist das Land der Familienbetriebe: Gerade im Mittelstand werden Unternehmen vererbt. Doch immer mehr Unternehmen finden keinen Nachfolger - entweder, weil die Unternehmer keine Kinder haben, oder weil die viel lieber etwas anderes machen, als den elterlichen Betrieb fortzuführen. 60 Prozent wollen lieber Angestellte in einem Betrieb werden, als selbst Arbeitgeber zu sein, wie eine Studie der Universität Sankt Gallen zusammen mit der Unternehmensberatung EY unter 34.000 Unternehmerkindern aus 34 Ländern zeigt. Und weitere 30 Prozent gründen lieber gleich ihr eigenes Unternehmen. "Dies zeigt, dass es nicht primär am fehlenden Unternehmergeist der nächsten Generation liegt", sagt Thomas Zellweger, Mitautor der Studie.
Trotzdem bleiben letztlich nur zehn Prozent, die das Unternehmen der Eltern weiterführen wollen. In Deutschland sind es 11,2 Prozent. "Unternehmerfamilien stehen vor der Herausforderung, die jüngeren Familienmitglieder davon zu überzeugen, dass ihre langfristige Zukunft in ihrem Unternehmen liegen kann", ergänzt Peter Englisch, Global Leader des EY Family Business Center of Excellence.
Zehn Tipps für die Nachfolgeplanung
Die Grundfrage, welche Rolle der Nachwuchs im Unternehmen spielen soll, nicht verdrängen, sondern rechtzeitig reflektieren und beantworten.
Diese Tipps zur Nachfolgeregelung stammen von Uta von Boyen, der Gründerin und Geschäftsführerin der Unternehmens- und Personalberatung von Boyen Consulting.
Genügend Zeit für Entscheidung und Vorbereitung einplanen
Den Familiennachwuchs nicht auf Biegen und Brechen in die Nachfolge schieben
Die Chancen der Beiratsfunktion im Blick behalten
Den Nachfolger systematisch aufbauen
Beim Aufbau der Kandidaten die Beziehungen zu den Vorstandskollegen, zum Aufsichtsrat, zu den direkt unterstellten Mitarbeitern, zu den Kunden und zu Investoren sorgsam pflegen
Den Entscheidungsprozess äußerst diskret durchführen
Mitarbeiter oder externe Parteien glaubwürdig über Entscheidungen informieren
Die Gelegenheit des Führungswechsels nutzen, um auch andere dringende Veränderungen anzugehen
Klare Governance-Regeln zu Nachfolge und Führung definieren
Besonders bei jungen Frauen müsse Überzeugungsarbeit geleistet werden. Denn unabhängig von Studienfach, Kultur und Geburtenreihenfolge weisen Töchter im Durchschnitt um 25 Prozent geringere Nachfolgeabsichten auf als Söhne. Dies ist auch der Fall, wenn das Familienunternehmen von der Mutter geführt wird. "Es zeigt sich, dass Töchter eine unternehmerische Laufbahn als riskanter erachten als Söhne; außerdem sind Söhne überzeugter von ihren eigenen unternehmerischen Fähigkeiten als Töchter", weiß Zellweger.
Philipp Sieger, Projektleiter der Studie, empfiehlt Unternehmern deshalb, ihren Nachwuchs rechtzeitig seine Erfahrungen mit dem Betrieb sammeln zu lassen und ihn nicht aus dem Unternehmen herauszuhalten. Nachfolgeabsichten seien grundsätzlich stärker, wenn bereits erste Einsichten gewonnen wurden.
Dabei spielt es keine Rolle, in welchem Alter Kinder das erste Mal ins Unternehmen "hineingeschnuppert" haben.
Es zeigt sich jedoch, dass man auch zu viel im elterlichen Unternehmen arbeiten kann: nämlich dann, wenn das Unternehmerkind schon seit Jahren die Geschicke des Unternehmens lenkt, der Patriarch aber die Zügel nicht aus der Hand geben will. Wem lange genug die Möhre vor die Nase gehalten wird, der will sie eben auch irgendwann haben. In Japan umgehen Familienunternehmen diese Problematik übrigens, in dem sie sich die Wunschnachfolger einfach adoptieren. Wer dazu keine Lust hat, muss es den eigenen Kindern also schmackhaft machen, das Familienunternehmen weiterzuführen. Und sie, sobald sie soweit sind, auch ans Ruder lassen.