Ohne Bertha wäre die Geschichte des Automobils vermutlich anders verlaufen. Nicht nur hätte Carl Benz ohne ihr Vermögen vielleicht sein Unternehmen verloren, sondern wahrscheinlich bald auch den Mut und die Durchhaltekraft. Als niemand den Benz Patent-Motorwagen Nummer 3 kaufen wollte, setzte sie sich mit ihren Söhnen in den pferdelosen Wagen und fuhr damit von Stuttgart in ihre Heimatstadt Pforzheim. Mit dieser ersten Fernfahrt der Weltgeschichte eröffnete sie 1888 das Autozeitalter und zeigte den Kunden, was das Produkt ihres Mannes konnte.
Heute wäre Bertha vermutlich selbst Geschäftsführerin des Unternehmens geworden, was ihr damals als Frau nicht erlaubt war. Bertha und Carl Benz können damit als eines der ersten Unternehmerehepaare der Wirtschaftsgeschichte gelten und als Vorbild für alle Paare, die nicht nur Bett und Esstisch miteinander teilen, sondern auch die Führung des gemeinsamen Unternehmens – und vor allem die Sorgen und Ängste, die damit verbunden sind.
Paare wie Sven und Eva Maier aus Bad Boll auf der Schwäbischen Alb. Die beiden sind schon zusammen zur Schule gegangen, haben gemeinsam Abitur gemacht, Sozioökonomie in Augsburg studiert. Und sie haben 1997 zusammen ein Unternehmen gegründet, das mittlerweile über 60 Mitarbeiter beschäftigt. Mit ihrer Traum-Fabrik produzieren und vermarkten Sie individuelle Matratzen für besondere Ansprüche aus nachhaltig erzeugten Materialien.
Sven wollte eigentlich als Dozent an der Uni bleiben, schrieb schon an einer Dissertation, Eva machte ein Praktikum in einer Matratzenfabrik. „Sie kam dann zurück und sagte, die machen dies und jenes falsch. Die könnten viel besser sein. Ich sagte – mehr zum Spaß – mach das doch selbst.“ Das war der Anfang. „Wir haben uns ein Jahr lang vorbereitet, einen Business-Plan gemacht und sind damit Tingeln gegangen bei Banken“, erzählt Sven Maier. Die lokale Volksbank gab einen Kredit von über einer Million DM.
Rückhalt in den schwierigsten Phasen
„Die ersten Jahre als Unternehmer sind sehr, sehr schwer. Man ist da stark von Zweifeln geplagt“, gibt Sven Maier zu. „Wir hatten massive Existenzängste. Meine Frau war 27, ich 28, und wir hatten schon über eine Million DM Schulden. Das war eine unvorstellbar hohe Summe, die auf unsere Schultern drückte.“ Beide glauben nicht, dass sie ein solches Wagnis alleine oder mit irgendeinem anderen Kompagnon eingegangen wären. „Sich mit einem Partner austauschen zu können, dem man seine echten Ängste sagen kann, das hat uns sehr geholfen. Ich weiß nicht, ob ich mit einem reinen Geschäftspartner so offen hätte reden können. Denn da geht es ja auch um das zeigen von Stärke und Schwäche. In einer Liebesbeziehung hat man dieses Problem nicht so sehr“, sagt Maier.
Ähnliche Erfahrungen haben Simone und Jochen Stargardt gemacht, die gemeinsam StarConTra, ein Weiterbildungsunternehmen für Betriebswirte, führen. „In der Gründungsphase ist es wichtig, dass der Partner voll hinter der Geschäftsidee steht. Wenn Sie da einen Partner haben, der für die Extra-Meilen kein Verständnis hat und ein normales Leben führen will mit freien Wochenenden, gibt es ein hohes Konfliktpotenzial“, sagt Jochen Stargardt.
Ein entscheidender Vorteil von Unternehmerehepaaren ist ganz einfach die besondere Verbundenheit der beiden Geschäftspartner, das besondere Vertrauen. Das Unternehmerehepaar Maier sieht als seinen entscheidenden Vorteil an, dass Neid und Machtkämpfe, die andere Doppelspitzen oft lähmen, bei ihnen keine Rolle spielten. „In einer Ehe besinnt man sich auf den gemeinsamen Lebensentwurf, darauf, was man gemeinsam will“, sagt Sven Maier. Natürlich sind nicht alle Ehen frei von Neid und Missgunst. Allerdings neigen vermutlich konfliktreiche, disharmonische Paare eher selten dazu, gemeinsam ein Unternehmen zu gründen, das beide besonders eng miteinander verbindet.
Umgekehrt kann aber auch das gemeinsame Unternehmertum eine Gefahr für die Beziehung bedeuten, sagt die Zürcher Therapeutin Birgit Kollmeyer. Die Liebe doppelt berufstätiger Paare ist ohnehin besonderen Gefahren ausgesetzt. Wenn beide dann noch gemeinsam arbeiten, kann es besonders kritisch werden. „Es gibt Paare, die durch die gemeinsame Arbeit vermehrt Konflikte haben“, sagt Kollmeyer. Paartherapeuten predigen üblicherweise, dass genug Zeit für Familie und Liebe wichtig sei für arbeitende und erst recht für gemeinsam arbeitende Paare: Liebe und Familie gehören in die Freizeit, Job ist Job. Der Paartherapeut Klaus Heer etwa warnt vor dem „Dichte-Stress“: Wenn Paare auch bei der Arbeit zusammen sind, haben sie sich irgendwann buchstäblich nichts mehr zu sagen - bis beide gar nicht mehr miteinander sprechen. Das ist für den Zusammenhalt des Paares gefährlicher, als für die Qualität der Arbeit.
Beruf und Privatleben verschmelzen
So lief es zumindest für Stefanie Rölz und Tobias Hiltl. Sie gründeten als junges Paar 1997 Sheepworld, ein Unternehmen, das Postkarten, Kissen, Blöcke und Becher mit Comic-Schafen bedruckt und damit inzwischen erfolgreich ist. Das Unternehmen leiten sie immer noch gemeinsam, aber aus der Liebe wurde Freundschaft. Das Geschäft ließ ihr keine Raum. „Für die Firma ist es gut, wenn man ein Paar ist“, sagte Hiltl in der WirtschaftsWoche, „nur die Liebe bleibt leicht auf der Strecke.“
Andere Paare, wie die Maiers und die Stargardts, genießen es, auch bei der Arbeit zusammen zu sein. Bei erfolgreichen und glücklichen Unternehmerpaaren scheint eine Aufteilung zwischen Berufs- und Privatleben in der Regel ohnehin kaum möglich. „Wir reden natürlich tagein tagaus, morgens, mittags abends übers Geschäft“, sagt Sven Maier, selbst auf ausgedehnten Spaziergängen mit den drei Kindern. Abschalten, gibt er zu, ist da sehr schwer.
„Wir halten den Beruf nicht strikt aus unserem Privatleben heraus. Und wir wollen das so. Die Firma ist für uns ein wichtiger Lebensbestandteil“, sagt Jochen Stargardt. „Ich empfinde meine Arbeit nicht als so belastend, dass ich darüber in meiner Freizeit nicht reden will.“
Für Titus Dittmann, Skater-Legende und gemeinsam mit seiner Frau Brigitta Gründer des Skateboard-Unternehmens „Titus“, gibt es da ohnehin nichts zu trennen, „weil alles so sehr ineinander fließt und eine Trennung von Arbeit und Freizeit nur zusätzlichen Stress und Arbeit bringt.“
Karrieretipps von Titus Dittmann
Wer die Welt erobern will, muss träumen. Businesspläne dagegen sind Schwachsinn. Wer sich nur an starren Zielen orientiert, kann sie nie übertreffen. Spring lieber durchs Fenster, wenn es auf ist, statt darauf zu warten, wenn dein Langfristplan es vorsieht – das spart viele Scherben.
Lernen kann nur, wer sich in Gefahr begibt und den Schritt aus der Komfortzone wagt. Doch nie Kopf und Kragen riskieren – das Risiko muss immer noch weitgehend kontrollierbar bleiben.
Nur wer für eine Sache brennt, macht sie überdurchschnittlich erfolgreich. Nur wer selbst begeistert ist, reißt auch andere mit, ganz mühelos. Such dir einen Beruf, den du liebst, empfahl schon Konfuzius – dann musst du nie mehr arbeiten.
Mach dein Ding, lass dir nicht reinquatschen. Vertrau dir, denn in der Not hast du keine Freunde. Aber steh zu deinen Fehlern und übernimm die Verantwortung, wenn etwas schiefgeht.
Die Bedingung des Erfolgs als unternehmerisches Paar ist eine Aufteilung der Aufgaben und Zuständigkeiten, da sind sich die Dittmanns, die Maiers und die Stargardts einig. „Ein Grund für den unternehmerischen Erfolg sind unsere unterschiedlichen Fähigkeiten. Titus ist das Gaspedal und Brigitta die Bremse. Beides muss man optimal und im richtigen Moment einsetzen, um ein Autorennen zu gewinnen. Im Business ist das nicht viel anders“, sagt Dittmann. Mittlerweile hat der gemeinsame Sohn Julius die Leitung des operativen Geschäfts übernommen, Brigitta verantwortet Buchhaltung, Controlling und Cashflow, Titus ist mittlerweile vor allem mit seiner Stiftung „Skate Aid“ aktiv. „Jeder von uns dreien hat seinen eigenen Kompetenzbereich, der von den beiden anderen auch respektiert wird“, sagt Dittmann. Die wichtigen unternehmerischen Entscheidungen werden gemeinsam getroffen.