Das Schreiben war nicht länger als zwei Seiten, aber sein Inhalt brisant genug, um die Gründerszene aufzubringen: „Mehr als 30 Prozent aller Investorengelder wandern nach Berlin“, hieß es Anfang September in einer Pressemitteilung, „die Stadt an der Spree scheint förmlich ein Erfolgsgarant zu sein – oder doch nur eine Hype-Bühne?“ Für Zoltan Elek steht die Antwort längst fest. „In München entstehen Unternehmen“, erklärte der Co-Autor der umstrittenen Pressemitteilung, die in Berlin als Brandbrief verstanden wurde, „in Berlin Start-up-Projekte.“
Wer mit dem Unternehmer spricht, versteht schnell, was er an München schätzt. Elek hat Landwärme aufgebaut – sein Unternehmen erzeugt Biomethan aus Abfällen und nachwachsenden Rohstoffen, speist es ins Erdgasnetz ein, handelt damit und berät andere Erzeuger. Knapp sieben Jahre nach dem Start beschäftigt Elek 15 Mitarbeiter und erwirtschaftet nach eigenen Angaben rund 80 Millionen Euro Umsatz. Elek setzt damit auf den Trend zu regenerativen Energien: Allein von 2010 bis 2013 ist die Zahl der Biogasanlagen in Deutschland von 44 auf 144 gestiegen.
München ist für Elek der perfekte Standort – nicht nur, weil er hier selbst studiert und in einem Kombinationsstudiengang der beiden Münchner Universitäten TU und LMU seine Begeisterung fürs Unternehmertum entdeckt hat. An den Universitäten der bayrischen Landeshauptstadt hat er auch seine Mitarbeiter rekrutiert. „Die Nähe zu den Hochschulen ist ein Riesenvorteil“, sagt Elek, „und viele Absolventen möchten langfristig in München bleiben.“
Studien belegen, wie wichtig die Hochschulen für die Gründerszene in München sind: Laut dem Gründungsradar des Stifterverbands für die Deutsche Wissenschaft fördern die TU München und die Hochschule München von allen großen deutschen Hochschulen Gründungen am besten. Dazu passt, dass der Anteil der Start-ups, die von Gründern mit Hochschulabschluss aufgebaut werden, in München höher ist als etwa in Berlin und Hamburg. Das zeigt der Deutsche Startup Monitor, in dem Münchens Gründer außerdem den Zugang zu Business Angels und die Netzwerke der Stadt loben. Auch die Bemühungen der Landesregierung, Start-ups zu fördern, bewerten die Jungunternehmer vergleichsweise gut – genau wie die Vielfalt der Events für Start-ups. Im Januar etwa findet das zweite „Bits & Pretzels“ statt: Initiator Andreas Bruckschlögl erwartet dann rund 1500 Vertreter des Start-up-Ökosystems im Löwenbräukeller.
Start-ups überlegen länger
Verständlich, dass Münchens Gründer die Stadt aus dem Schatten Berlins hieven wollen. Dazu haben sie kürzlich die Initiative „Best of Munich“ ins Leben gerufen. Laut den Initiatoren ist die Stadt an der Isar nicht nur „führender Standort der digitalen Wirtschaft in Deutschland und im europäischen Vergleich vor London und Paris“. Sondern auch jene Stadt in Deutschland, in der mit 62 Prozent mehr Start-ups die ersten fünf Jahre überleben als im Rest der Republik. Gemessen an der Zahl der Einwohner, werden nirgendwo sonst so viele IT-Unternehmen gegründet wie in München, errechnete der Branchenverband Bitkom in einer Studie Ende 2012.
Zoltan Elek pendelt mittlerweile oft in die Hauptstadt. Dort sucht er den Dialog mit Verbänden und Politikern, um für Biogas zu werben – denn Energiepolitik ist zu großen Teilen Bundespolitik. Und er besucht Biogaserzeuger, denn rund um Berlin sitzen die meisten von ihnen. Bayern bleibt er trotzdem treu. „München“, sagt der Unternehmer, „zieht einfach die richtigen Leute an.“