Die Meldung war nicht die erste ihrer Art: Eine internationale Unternehmensberatung setzt Praktikanten ein, berechnet dem Kunden aber das Honorar für einen ausgebildeten Berater.
Im aktuellen Fall habe McKinsey einer deutschen Behörde ein Beratungsprojekt für 2700 Euro pro Tag angeboten - und dann neben den erfahrenen Beratern auch Praktikanten eingesetzt. Die Empörung war groß, McKinsey entschuldigte sich. Es sei ein Versehen gewesen.
Völlig klar: Dem Kunden etwas anderes zu berechnen als angeboten ist unethisch. Im allseits beliebten Beraterbashing geht aber eine Frage unter, die selbst von Beratern und ihren Kunden seit Jahren tunlichst vermieden wird: Wieso bekommt ein Senior Berater ein höheres Tageshonorar als ein Junior Berater? Warum entscheidet hier das Level und nicht das erzielte Ergebnis?
Zur Person
Weyand ist Berater-Berater und hat bereits 1000 kleine und mittelgroße Beratungsunternehmen auf dem Weg zu ihren Zielen begleitet. Er bloggt auf weyand-schreibt.com.
Denn es ist durchaus denkbar und nicht selten, dass jüngere Mitglieder im Beraterteam mit frischem Blick einen hohen Nutzen zum Projekterfolg beitragen; vor allem dann, wenn sie nicht mehr als Analysten im althergebrachten Sinne eingesetzt werden. Vielleicht haben also Praktikanten eher die zündende Idee als die alten Hasen. Hinzu kommt: Jeder noch so erfahrene Berater kann auch mal daneben liegen.
Wäre es nicht besser, die Diskussion über Berater-Tagessätze zu verändern, anstatt über vermeintlich exorbitante Praktikantengehälter zu klagen? Würden Unternehmen mit Beratern klare Ziele definieren und dafür ein fixes Honorar vereinbaren, stünde am Ende ein klares Ergebnis mit einem klaren Gegenwert. Das ist fair für beide Seiten. Denn im Mittelpunkt allen Interesses sollte doch der Kundennutzen und eine adäquate und als fair erlebte Vergütung stehen. Dann darf auch der Praktikant 2700 Euro pro Tag für sein Beratungsunternehmen erwirtschaften – wenn seine Leistung die Summe rechtfertigt.
Ein weiterer Vorteil: Das natürliche und ganz normal opportunistische Verhalten von Kunden und Beratern wird ausgeschaltet. Im Zeit-gegen-Geld Modell ist es das natürliche Bestreben des Kunden, den Aufwand des Beraters so gering wie möglich zu halten – dem Berater muss das genaue Gegenteil am Herzen liegen. Es entstehen gegensätzliche Interessen, die in einer partnerschaftlichen Beziehung schnell zu Problemen führen. Natürlich kann Professionalität vieles davon wett machen, aber strukturell erzeugt das Honorarmodell deutliche Interessensgegensätze wo der Schulterschluss dienlicher wäre.