Deutsche Studenten wollen am liebsten bei Konzernen wie BMW, Audi, Bayer und BASF arbeiten - und zwar egal, ob Wirtschaftswissenschaftler, Ingenieure oder Naturwissenschaftler. Chemie und Autos sind hip. Nun hat das Beratungsunternehmen Universum, das bereits das deutschlandweite Arbeitgeber-Ranking für die WirtschaftsWoche erstellt hat, global nachgefragt, wo es die jungen Talente hinzieht. "Jedes Land hat seine nationalen Champions. In Deutschland sind das ganz klar die Autobauer, in Frankreich die L'Oréal Group oder LVMH mit Louis Vuitton und in den USA die Unternehmen aus dem Silicon Valley wie Google und Facebook und die großen Banken", sagt Stefan Lake, Deutschland-Chef von Universum.
Diese Big Player seien sowohl für einheimische als auch ausländische Studenten attraktiv. Einzige Ausnahme: China. "In China haben ausländische Unternehmen in der Presse einen schlechten Ruf, ihnen wird eine hire and fire-Mentalität vorgeworfen, die auch die chinesischen Studenten abschreckt. Chinesische Unternehmen dagegen gelten als innovativ und als sichere Arbeitgeber", weiß Lake. Und das sind nun einmal - weltweit - die Kriterien, die attraktive Arbeitgeber ausmachen.
Was Studenten wollen
Den angehenden 121.100 Wirtschaftswissenschaftlern, die an der Befragung zum World’s Most Attractive Employers-Ranking teilgenommen haben, sind ein hohes Einkommen, Weiterentwicklung sowie ein kreatives und dynamisches Arbeitsumfeld besonders wichtig. Die 120.961 Ingenieurs- beziehungsweise IT-Wissenschaftler bestehen auf Innovationskraft (49 Prozent), besagtes Arbeitsumfeld (49 Prozent) und Sicherheit (42 Prozent). Während der letzten drei Jahre wurde der Punkt "creative and dynamic work environment" von den Studenten beider Fachrichtungen immer häufiger genannt. Jeden Tag stur nach Schema F arbeiten, will keiner mehr.
"Die größte Angst der jungen Talente ist es, dass sie bei einem Arbeitgeber landen, der ihnen keinen Freiraum für berufliche und persönliche Weiterentwicklung bietet. Sie suchen Arbeitgeber, die ihnen erlauben, ihr Leistungspotenzial auszuschöpfen", so Lake.
Bei welchen Unternehmen junge Wirtschaftswissenschaftler arbeiten wollen
Procter & Gamble (P & G)
Das Beratungsunternehmen Universum hat insgesamt 242.061 Studenten (121.100 aus den Wirtschaftswissenschaften und 120.961 aus den Ingenieur- bzw. IT-Wissenschaften) auf der ganzen Welt gefragt, wo sie später arbeiten wollen. 2014 platzierte sich der Konsumgüter-Konzern noch auf Platz 7 der Top 10-Unternehmen, in denen junge Wirtschaftswissenschaftler arbeiten wollen. 2015 rutscht er auf Platz 10.
J.P. Morgan
Die US-amerikanische Bank mit Sitz in New York bleibt wie in 2014 unter den Top 10-Arbeitgeber der Wirtschaftswissenschaftler-Absolventen (2014: Platz 10).
Microsoft
Anders als sein Konkurrent Apple fällt Microsoft 2 Plätze (2014: Platz 6).
Apple
Bei den Ingenieuren bereits auf Platz 3 - Apple klettert nun auch bei den Wirtschaftswissenschaftlern von Platz 9 auf Platz 7.
Deloitte
Bei Studierenden der Wirtschaftswissenschaft bleibt Deloitte beliebt, fällt jedoch einen Platz im Vergleich zum Vorjahr.
KPMG
Das Unternehmen im Bereich Wirtschaftsprüfung fällt von Platz 4 (2014) auf Platz 5 bei der Beliebtheit.
Goldman Sachs
Das Investmentbanking- und Wertpapierhandelsunternehmen macht 4 Plätze gut und klettert von Platz 8 (2014) auf Platz 4.
EY (Ernst & Young)
Einen Platz gutmachen muss der Wirtschaftsprüfer EY beim Arbeitgeber-Ranking.
PwC (PricewaterhouseCoopers)
Das Dienstleistungsunternehmen PwC klettert 2015 auf Platz 2 bei den Wirtschaftswissenschaftlern und verdrängt damit Ernst & Young.
Genauso wie bei den Ingenieuren ist Google auch bei den Wirtschaftswissenschaftlern weltweit auf Platz 1 der beliebtesten Arbeitgeber.
"Work-Life-Balance sagt nichts aus"
Nicht in der Liste der Kriterien steht der vielzitierte Begriff der Work-Life-Balance. Das liegt vor allem daran, dass die jungen Bewerber keinen Wert auf schöne Schlagworte legen, die sich die Unternehmen auf ihre Karriereseiten schreiben. "Der Begriff Work-Life-Balance ist nicht scharf genug, so lange nicht kommuniziert wird, was das konkret heißt", bestätigt Lake. Die Studierenden fragen nicht nach Work-Life-Balance, sondern danach, ob sie flexibel arbeiten können, ob sie die Mögglichkeit haben, Home-Office zu nutzen oder ob Präsenzkultur herrscht. Deshalb rät Lake jedem Arbeitgeber, ein Profil zu kreieren, anstatt nur moderne Schlagworte auszugeben. Er ist überzeugt, dass schwammige Begriffe die Bewerber eher abschrecken.
"Heißt international, dass man Kontakt mit internationalen Kollegen haben wird oder dass man ins Ausland gehen kann? Das wollen Bewerber wissen."
Nach Meinung der 242.061 befragten Studenten aus zwölf Ländern gibt es einen Konzern, auf den das ganz besonders zutrifft. Sowohl die Wirtschaftswissenschaftler als auch die jungen Ingenieure wollen zu Google. Damit kann sich der Internetgigant bereits im siebten Jahr in Folge an die Spitze setzen. Auch das Fortune Magazine und das Great Place to Work Institute ernennen Google regelmäßig zum besten Arbeitgeber. Entsprechend landen bei Google pro Jahr mehr als 2,5 Millionen Bewerbungen.
Bei welchen Unternehmen junge Ingenieure arbeiten wollen
Shell
Das Beratungsunternehmen Universum hat insgesamt 242.061 Studenten (121.100 aus den Wirtschaftswissenschaften und 120.961 aus den Ingenieur- bzw. IT-Wissenschaften) auf der ganzen Welt gefragt, wo sie später arbeiten wollen. Seit 2014 gerade noch unter den Top 10 des globalen Arbeitgeber-Rankings für Ingenieure und ITler: das Mineralöl- und Erdgas-Unternehmen Shell.
Siemens
Einen Platz verloren hat der Technologiekonzern Siemens.
Sony
Der japanische Elektronikkonzern konnte einen Platz gut machen und drängelt Siemens von Platz 8 der beliebtesten Arbeitgeber.
Intel
Ein weiteres Unternehmen mit Sitz in Amerika ist unter den Top 10. Intel war auch 2014 auf Platz 7.
IBM
Auch IBM konnte seinen 6. Platz halten und bleibt beliebt bei den Ingenieuren.
GE (General Electronic)
Im Mittelfeld der Top 10 Arbeitgeber befindet sich General Electric genauso wie im Vorjahr.
BMW Group
In der nationalen Umfrage befindet sich BMW auf Platz 2 des Arbeitgeber-Rankings. International rutsche der Automobilhersteller von 3 auf 4.
Apple
Apple befindet sich dicht hinter seinem Konkurrenten Microsoft und konnte im Vergleich zu 2014 einen Platz gut machen.
Microsoft
Auch Microsoft ist im Jahr 2015 genauso beliebt geblieben wie in 2014 und belegt Platz 2.
Weltweit wollen die meisten Ingenieure später zu Google. Bereits im Vorjahr belegte Google Platz 1 der beliebtesten Arbeitgeber.
Was Google so sexy macht
Denn der Konzern hat, was sich die Bewerber wünschen: Wer als Branchenleiter bei dem Unternehmen tätig ist, kann mit einem Durchschnittsgehalt von 99.945 Euro rechnen, ein Network-Engineer bekommt laut dem Bewertungsportal Glassdoor 88.217 Euro brutto im Jahr. Die Mitarbeiter des Konzern bezeichnen ihren Arbeitgeber als dynamisch, offen für Vorschläge und Initiative und loben die flachen Hierarchien. Auf der Life at Google-Website geben Mitarbeiter einen Einblick in ihren Arbeitsalltag, welche Schwierigkeiten es gibt und was sie an ihrem Job lieben. Von Top-Chancen für Frauen, Umweltschutz, Problemlöse-Kompetenzen, Forschung und Zukunftsmusik ist hier die Rede.
Die Teams, die bei Google arbeiten, gehören laut Selbstdarstellung des Unternehmens in drei Kategorien:
- Build cool stuff
- Sell cool stuff
- Do cool stuff
Das klingt doch schon verführerischer als "Sales & Account Manager" oder Vertriebler (sell cool stuff) beziehungsweise Ingenieur (build cool stuff) oder Mitarbeiter der Rechtsabteilung (do cool stuff). Hinzu kommt, dass Google für seine Mitarbeiter den modernen, bunten, fürsorglichen Kümmerer gibt: "Wir bieten dir alles, was du von einem großen Unternehmen erwartest: Krankenversicherung, Altersvorsorge und so weiter. Aber wir bieten dir mehr, als nur das: Wir kümmern uns um dich. Um deine Gesundheit und dein körperliches, seelisches, soziales und finanzielles Wohl", heißt es auf der Life at Google-Seite. Es gibt Fitness-Angebote und Massagen am Arbeitsplatz, eine 24-Stunden-Kantine, hippe Büros.
Und auf diesen Wohlfühl-Faktor legen Bewerber Wert. Entsprechend ist Google-Chef Larry Page der beliebteste US-Manager des Jahres 2015. Ganze 97 Prozent seiner Mitarbeiter sprechen sich für ihn aus.
Wie man einen Job bei Google bekommt
Doch an die begehrten Jobs zu kommen, ist aufgrund der riesigen Bewerberzahl gar nicht so einfach. Ein "Noogler", also ein neuer Google-Mitarbeiter muss eine Menge auf dem Kasten haben und langfristig für den Konzern von Nutzen sein, heißt es auf der Bewerberseite des Unternehmens. Bachelor-Absolventen werden selten eingestellt, wer es bei Google versuchen möchte, sollte einen Diplom- oder Masterabschluss und Berufserfahrung mitbringen, ein Doktortitel kann nicht schaden. Initiativbewerbungen sind erfolglos: Das Unternehmen akzeptiert nur Bewerbungen auf konkrete Ausschreibungen. Alle anderen werden von Google gesucht. Der bevorzugte Noogler ist nämlich der, der gerade gar keinen Job sucht. Der Personalchef von Google, Laszlo Bock, charakterisierte diese Bewerber, die ja im eigentlichen Sinne gar keine sind, als von den Kollegen geschätzt, anständig bezahlt und glücklich. Solche Menschen braucht Google und wirbt sie gezielt ab. Active Sourcing heißt diese Methode, die viele andere Unternehmen offenbar zu aufwendig oder zu teuer ist.
Außerdem setzt der Konzern auf die Empfehlung seiner Mitarbeiter. Könnte der ehemalige Kommilitone nicht etwas für uns sein? Wenn der Tipp zu einer Einstellung führt, gibt es bei Google sogar Vermittlungsprämien. In Deutschland immerhin 2000 Euro.
Vor ein paar Jahren noch durchliefen Bewerber bei Google bis zu 20 Gespräche, bevor ein Vertrag unterschrieben wurde. Mittlerweile sind es noch maximal vier Gespräche mit verschiedenen Googlern. In der Regel müssen sich Bewerber auf ein erstes Gespräch mit einem Recruiter, ein telefonisches Interview und ein Gespräch vor Ort einstellen. Dabei wird abgeklopft, wie die Bewerber ticken, wie gut sie zu Google passen und wie motiviert sie sind. Das spezifische Fachwissen steht dabei weniger im Fokus als die "Googlyness" des Bewerbers. Letztere lässt sich schließlich nicht lernen. Sortiert werden die Bewerbungen von einem Algorithmus, die letzte Entscheidung trifft Larry Page persönlich. Bis zu 200 Bewerbungen landen pro Woche auf seinem Tisch, 5000 pro Jahr erteilt er seinen Segen.