Ausbildung Für wen sich der MBA an Fachhochschulen lohnt

Der MBA an Fachhochschulen ist umstritten. Die Vorwürfe: zu regional, zu speziell, zu klein. Doch für einige Lebensläufe passt dieser MBA besser als andere - wenn es die richtige Schule ist.

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MBA-Studenten in Säulenhalle der Fachhochschule für Wirtschaft Berlin

Katharina Rach suchte intensiv, bis sie die richtige Hochschule fand. Sie wollte ihr Wissen mit klarem Ziel vertiefen: Wie lässt sich Informationstechnologie in der Unternehmensführung besser einsetzen? An der Graduate School Rhein Neckar (GSRN) fand sie 2006 das geeignete Programm: den „MBA Business Information Systems“, eine „einzigartige Gelegenheit in Deutschland“, sagt Rach. Damals war sie noch Projektleiterin bei einem Lebensmittel-Filialisten. Heute, kurz nach Abschluss, ist sie Abteilungsleiterin Produktmanagement beim Online-Buchhändler Libri.

Rach profitierte vom Studium an der GSRN, einer Tochter der Fachhochschule Ludwigshafen. Das Preis-Leistungs-Verhältnis „war gut“, die Mischung aus Theorie und Praxis „stimmig“ und das Netzwerk „wertvoll“. Sie findet es „nur schade“, dass derlei Studiengänge noch nicht von jedem wahrgenommen werden.

Das ist das Problem vieler Fachhochschulen, die einen Master of Business Administration (MBA) anbieten. Sie liegen in puncto Marke und Wahrnehmung oft Jahre hinter etablierten Business Schools zurück — meist zurecht. Doch es gibt Ausnahmen. Ihre Stärken: Sie sind oft besser mit der regionalen Wirtschaft verankert, preiswerter und praxisorientierter..

Rund 120 MBA-Programme gibt es in Deutschland. Und es werden täglich mehr, die mit den begehrten drei Buchstaben ihre Performance aufwerten und Geld akquirieren wollen. Die Qualität der FH-Studiengänge ist jedoch in vielen Fällen dürftig.

Der Gegenwind für solche Angebote ist daher stark. Kritiker monieren fehlende Internationalität, schlechtes Renommee und mangelnde akademische Exzellenz. Hinzu komme, dass der Titel per Definition schon kein richtiger ist. In den MBA-Leitlinien der Akkreditierungsorganisation European Foundation for Management Development (EFMD) in Brüssel steht beispielsweise unter Punkt drei: „Ein spezialisierter Master-Studiengang sollte nicht MBA genannt werden.“ Fachhochschulen besetzen mit ihrem MBA jedoch oft Nischenthemen.

MBA-Fachhochschulen ziehen andere Klientel an

An den Vorwürfen ist viel Wahres dran. An Top-Schulen wie Insead bei Paris oder Chicago Graduate School of Business mit ihrer langen Tradition kommen die FH nicht heran — allein die Nennung der Anbieter in einem Atemzug wirkt anmaßend. Selbst führende deutsche Schulen wie Gisma und WHU liegen mit ihrer Professionalität weit vorne. „Wer zu uns kommt, ist sehr ambitioniert“, sagt Ralf Bürkle von der Mannheim Business School. Ihnen ginge es um internationale Karrieren, meist in Konzernen.

Und dennoch: Genau das ist der Unterschied — und der Pluspunkt für die Fachhochschulen. Sie ziehen eine andere Klientel an als die Etablierten. Die Studenten planen eher Fach- als Führungskarrieren, wollen sich Grundlagen in Betriebswirtschaftslehre aneignen und sind regional stärker verwurzelt. Für sie kann eine MBA-Ausbildung an einer Fachhochschule, die im Schnitt mit 15.000 Euro pro Studiengang allenfalls halb so viel kostet wie die Top-Programme, konkrete Vorteile bieten:

Innovation Einzelne Fachhochschulen überraschen mit speziellen Programmen für kleine Interessengruppen. Bei Unternehmen kommen sie gut an. Beispiel FH Ludwigshafen: Die FH besetzt mit dem MBA „International Management Consulting (IMC)“ eine Nische. Im Beirat des Studiengangs sitzt Christoph Weyrather, Geschäftsführer des Bundesverbandes Deutscher Unternehmensberater (BDU). Der BDU unterstütze zwar auch vergleichbare Angebote, so Weyrather, aber Ludwigshafen sei das erste Angebot dieser Art gewesen: „Bisher gibt es noch keinen solchen Studiengang an Universitäten.“ Verwunderlich ist das nicht: Beratung sei eben „keine Wissenschaft, sondern ein Anwendungsberuf“.

Marc-Pascal Gebhardt sieht das genauso. Der gelernte Bankkaufmann absolvierte den MBA in Ludwigshafen, weil er später in eine Beratungsfirma einsteigen wollte. Heute arbeitet er bei PricewaterhouseCoopers als Senior Consultant im Bereich Advisory Financial Services und ist für die Geschäftsprozessoptimierung von Banken zuständig. „Ich hatte viel Berufserfahrung, die in diesem Beruf wichtig ist. Aber sicherlich ist der MBA auch ein Türöffner gewesen.“

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Lokalkolorit Selbst bei kleinen und mittelständischen Unternehmen ist der MBA mittlerweile salonfähig. Der MBA an einer FH gilt zunehmend als strategisch wichtige Weiterbildung für Mitarbeiter.

Kein Wunder, dass Business Schools mit lokal ansässigen Firmen kooperieren. Gute Beispiele sind die Ausbildungen der Fachhochschule für Wirtschaft (FHW) in Berlin. Ab Herbst dieses Jahres können Studenten etwa den „MBA in Health Care Management“ absolvieren, der sie fit macht für Pharmamanagement. Die FHW kooperiert dabei eng mit der Klinik Charité. Zudem ist die Pharmabranche in Berlin stark vertreten. „Wir bieten einen Studiengang an, den die lokale Wirtschaft von uns erwartet“, sagt Sven Ripsas, Direktor des Programms.

Fachhochschulen sind regional sogar oft besser mit der Wirtschaft vernetzt als viele Unis. „Besonders die renommierten MBA-Anbieter an privaten Business Schools oder Universitäten entscheiden sich überdies bewusst gegen regionalen Bezug, weil sie ihre Klientel für Großunternehmen weltweit fit machen wollen“, sagt Detlev Kran, Ex-Chef der FIBAA-Akkreditierungsstelle, heute selbstständiger Berater.

Praxisbezug Vereinzelte FH punkten zudem bei gezielter Vorbereitung auf den Job. Sie holen sich Wissen aus den Unternehmen in den Lehrplan.

Auch hier überzeugt die FHW, insbesondere beim „MBA Entrepreneurship für den Mittelstand“. Viele Dozenten haben „Erfahrung im Management von Familienunternehmen, die teilweise sogar zu den Hidden Champions gehören“, sagt Ripsas. So lernen Studenten die Alltagsprobleme der Geschäftswelt auch über Erfahrungsberichte der Dozenten. Zudem studiert die Mehrheit in Teilzeit. Der ständige Austausch zwischen Kommilitonen ermöglicht ihnen, aktuelle Probleme aus dem Job zu diskutieren — und Lösungswege umgehend anzuwenden. Das ist ein immenser Vorteil in der Weiterbildung.

Internationale Ambitionen hegen dabei die wenigsten FH-Studenten, weiß Kran. Sie stünden meist mitten im Job und wollen auch nach der MBA-Weiterbildung in der Region bleiben. Deshalb soll das Studium „häufig im Umkreis von 100 Kilometern zu ihrem Lebens- und Arbeitsort stattfinden“.

Dass jedoch selbst ein Fachhochschul-MBA den Ausschlag für eine Auslandskarriere geben kann, hat Mark Schneider erlebt. Der 30-jährige Jurist absolvierte nach seinem Referendariat den „MBA Entrepreneurship“ an der FHW. Im Anschluss daran stieg er als Key Account Manager bei der Berliner IT-Beratung Init ein.

Eigentlich wollte Schneider in Deutschland bleiben. Nach neun Monaten kam die große Überraschung: Die Firma stellte sich international auf und wählte ihn aus, nach Abu Dhabi zu gehen. Dort betreut er heute mit seinem achtköpfigen Team Internet-Portale von Regierungskunden.

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