Bildung Stoppt die Noteninflation!

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Das akademische Ethos müsste wiederbelebt werden

Die Noteninflation ist die Folge von ideologischen Vorgaben statistikverliebter Bildungsökonomen, die Lehrer und Universitätsdozenten korrumpiert haben, indem sie deren Bequemlichkeit und Konfliktscheu bedienen. Niemand, der kein Sadist ist, gibt schließlich seinem Schüler oder gar Doktoranden mit Vergnügen eine Note, die dessen schulische, akademische oder berufliche Zukunft negativ beeinflussen kann.

Es gehört ein großes Maß an pädagogischem und wissenschaftlichem Ethos dazu, dennoch Prüfungsleistungen objektiv und ohne Ansehen der Person zu bewerten.

Dieses Ethos, das völlig verkümmert ist, müsste endlich wieder gepflegt und gestärkt werden. Denn wenn alle gute Noten bekommen, werden die wirklich klugen Köpfe benachteiligt. Das akademische System, das auf der Auswahl der Besten beruht, nimmt unermesslichen Schaden.

Um dieses Ethos auch politisch wieder zu beleben, das nicht nur für die akademische Welt, sondern auch für die Funktionsfähigkeit des Arbeitsmarktes und der gesamten Volkswirtschaft von zentraler Bedeutung ist, wäre allerdings ein grundlegender Wandel der bildungs- und hochschulpolitischen Prioritäten notwendig. Eine Abkehr nämlich von dem verhängnisvollen Glauben, dass der Volkswirtschaft, der Gesellschaft und den jungen Menschen gedient ist, wenn man ihnen den Zugang zu Bildungszertifikaten freiräumt, deren Wert eben dadurch rasant abnimmt.

Bleibt man auf dem Holzweg der guten Noten für alle, wird schon bald das einst weltweit vorbildliche deutsche Schul- und Hochschulsystem seine Funktion für die Wissenschaft und letztlich auch die Wirtschaft nicht mehr angemessen erfüllen können. Dann werden Professoren und Arbeitgeber die Auswahl des Nachwuchses noch stärker nach inoffiziellen und nicht objektivierbaren Kriterien ausrichten müssen, als sie es ohnehin schon tun.

Die Gefahr ist groß, dass dies gerade nicht zum sozialdemokratischen Ziel von mehr Bildungsgerechtigkeit führen wird. Der Boom privater und in der aller Regel sehr teurer Schulen und Hochschulen für die Kinder zahlungskräftiger Eltern ist eine unmittelbare Folge der unverantwortlichen Bildungsinflationspolitik.

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