Bildung „Deutschland ist auf dem Weg in die Inkompetenz“

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"Man hat sich längst vom Prinzip der Chancengleichheit verabschiedet"

Und was ist mit der sozialen Durchlässigkeit? Gute Bildung nur für Akademikerkinder kann es doch auch nicht sein.

Man hat sich längst vom Prinzip der Chancengleichheit, die es ganz offensichtlich nun einmal nicht vollständig geben kann, verabschiedet und bevorzugt nun das Prinzip der Ergebnisgleichheit im Rahmen individualisierender Anforderungen und Prüfungen. Was daran gerecht oder sozial ist, gravierende Leistungsunterschiede zwischen Menschen aufgrund eines völlig missverstandenen Gerechtigkeitsbegriffs nicht mehr ausweisen zu können, ist nicht nachzuvollziehen. Ganz im Gegenteil dürften nicht vorhandene Kenntnisse, die aber als solche ausgewiesen werden, auf die Betroffenen als Bumerang zurückkommen.

Die Verfechter der „Inklusivität“ verweisen auf die Erfolge des Konzeptes in anderen Ländern, vor allem den angelsächsischen.

Gibt es weltweit wirklich eine solche Einheitsschule, in der alle Schüler unabhängig von ihrer Leistung in einer Klasse zusammenhocken? Nein, die gibt es nicht. Es ist durchaus richtig, dass im gesamten anglo-amerikanischen Raum alle Schüler in eine Schule gehen, beispielsweise in eine High School, dass aber dort selbstverständlich die Schüler je nach ihrem Leistungstand unterschiedliche Kurse auf unterschiedlichen Niveaus besuchen müssen und das beginnt schon in den Middle Schools.

Versteckte Differenzierung, könnte man sagen.

Genau. Es findet eine Aufteilung der heterogenen Schülerschaft in homogene Lerngruppen statt, die auch Sinn macht. Niemand außer den inklusiven Pädagogen käme auf die Idee, Skianfänger mit Tiefschneefahrern oder Klavieranfänger mit weit Fortgeschrittenen in eine Lerngruppe zusammenzustecken. Wenn in Eric Claptons oder Jeff Becks jeweiliger Band sich die Crème de la Crème exzellenter Musiker tummeln, kommt halt auch exzellente Musik dabei raus und nicht nur Katzenjammer.

Kann ein Pädagoge allein denn etwas ausrichten, gegen dieses von der Politik verordnete Studium für alle?

Gott sei Dank sind viele der älteren Lehrer bisher reformresistent und haben als Beamte und Fachleute sich den vielfach unsinnigen Vorgaben weitgehend widersetzt. Man kann Ihnen nicht genug danken, dass sie nach wie vor ihren Schülern einen an Fachinhalten orientierten Unterricht anbieten und darüber hinaus auch in der Sekundarstufe II wissenschaftsorientierte Vorgehensweisen und Erkenntnisse vermitteln, die in den inhaltlosen Kerncurricula gar nicht mehr vorgegeben sind. Sie haben bisher das Kompetenz-Kartenhaus weitgehend vor dem totalen Kollaps bewahrt. 

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