Bildungspolitik Akademisierung gefährdet duale Berufsbildung

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Gegen die Verschulung des Studiums

Das sind die teuersten Uni-Städte
Das Wintersemester steht vor der Tür und viele Studenten suchen derzeit noch ein WG-Zimmer. Doch das kann teuer werden, wenn man in beliebten Uni-Städten studieren möchte. Das Portal wg-suche.de hat die Mieten für ein WG-Zimmer dort verglichen. Als Grundlage für die Berechnung diente die durchschnittliche Warmmiete der jeweiligen Stadt für eine 3er-WG mit 80 Quadratmetern. Die Analyse zeigt, dass Studierende in vielen ostdeutschen Städten für rund 200 Euro ein Zimmer finden. Im süddeutschen Raum oder in besonders beliebten Uni-Städten müssen sie jedoch zum Teil mehr als das Doppelte bezahlen. Quelle: dpa
Platz 10: HamburgIn der Hansestadt kostet das Zimmer im Schnitt 383 Euro pro Monat. Studenten mit weniger Budget sollten sich für einen Studienort in mittleren Städten oder in ostdeutschen Hochschulstädten entscheiden. Besonders preiswert wohnen Studierende in Dortmund (259 Euro), Leipzig (239 Euro) oder Magdeburg (232 Euro). Die mit Abstand günstigste Studentenstadt ist Rothenburg in der Oberlausitz mit 171 Euro. Quelle: dpa
Studienanfänger sitzen am 14.10.2013 während ihrer ersten Juravorlesung in einem Hörsaal der Juristischen Fakultät der Universität Potsdam Quelle: dpa
Platz 8: HeidelbergHeidelberg liegt mit einer durchschnittlichen Monatsmiete von 392 Euro für ein WG-Zimmer auf Platz acht. Die beliebten Studentenstädte Köln (362 Euro) und Münster (325 Euro) gehören ebenfalls zu den teureren Städten. Quelle: AP
Platz 7: LörrachAuch Lörrach direkt an der Schweizer Grenze ist bei Studenten beliebt - mit entsprechenden Auswirkungen auf die Mieten. 394 Euro warm kostet dort ein Zimmer in einer 80 Quadratmeter großen Dreier-WG im Schnitt. Quelle: dpa
Mehrere Wohnungsgesuche von Studenten hängen am Schwarzen Brett Quelle: dpa
Platz 5: KonstanzWer in Konstanz am Bodensee studiert, zahlt für ein Zimmer in einer Dreier-WG mit 80 Quadratmetern im Schnitt 413 Euro pro Monat. Quelle: dpa

Bei den Bildungsreformen der vergangenen Jahre haben die Interessen der Professoren anscheinend keine große Rolle gespielt. Warum hat die deutsche Wissenschaft keine Lobby?

Die Pläne zum Umbau des deutschen Bildungssystems, die jetzt Realität geworden sind, gab es schon seit den 1960er Jahren. Sie kamen vor allem aus der Wirtschaft. Aber damals gab es eine unabgesprochene Koalition dagegen aus linken Studenten, die keine Ökonomisierung und Verflachung des Studiums wollten, konservativen Professoren, die sich nicht von irgendwelchen Agenturen reinreden lassen wollten, und den berufsständischen Verbänden, Lehrern und Ministerialbürokraten. Die haben gemeinsam diese Vorschläge blockiert. Erst über den Umweg Europa, teilweise auch von der OECD gesteuert, wurde dieses Bündnis aufgebrochen. Der Hochschulverband, dem ich selbst angehöre, hat sich mit über 80 Prozent-Mehrheiten gegen die Verschulung des Studiums, ausgesprochen. Aber das interessierte niemanden mehr. Früher wäre das ein großes Politikum gewesen. Jetzt orientieren sich die Ministerialbürokratien am internationalen Vergleich der Studentenzahlen. Die Professoren versuchen, sich irgendwie in dem neuen System zurechtzufinden. Die Älteren schreiben noch ein paar böse Artikel und verabschieden sich in den Ruhestand. Aber eine Lobby für die Wissenschaft kommt nicht wirklich zustande.

Und wie sieht es in der Wirtschaft aus? Interessiert man sich da für den Rat von Philosophen und Geisteswissenschaftlern?

Ich merke bei persönlichen Kontakten, dass es eine tiefe Verunsicherung gibt bei den Topmanagern, vor allem bei Bankern. Die suchen nach Orientierung in Grundsatzfragen. Da können Philosophie und Geisteswissenschaften etwas beitragen, wenn sie konkret und klar Stellung beziehen, gerade in Bildungsfragen. Ich bin von der DVFA, der Deutschen Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management gebeten worden ein Panel zusammenzustellen und zu leiten, das sich mit der ethischen Dimension der Finanzpraxis auseinandersetzt und Empfehlungen formuliert. Es ist etwas in Gang gekommen – das stimmt hoffnungsvoll.

Und was ist Ihre Leitidee dabei?

Wenn man in die  Bildungsgeschichte zurückblickt, geht es immer um die Idee erfüllten Menschseins, die die Bildungsanstrengungen bestimmt hat. Jetzt geht eine Phase zu Ende, in der Persönlichkeitsbildung keine Rolle spielte, sondern das unmittelbar Verwertbare. Diejenigen, die in den Unternehmen mit Personalentscheidungen zu tun haben, entdecken jetzt die alten Elemente einer Persönlichkeitsbildung wieder neu. Stressresistenz, Verlässlichkeit, Urteilskraft, Kooperationsfähigkeit. Ich spreche auch von der Wiederentdeckung praktischer Tugenden. Darin besteht eine Chance.

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