
WirtschaftsWoche: Herr von Grünberg, das Studium der Betriebswirtschaftslehre steht derzeit in der Kritik: Es sei nicht praxisnah genug und richte sich kaum nach den Bedürfnissen mittelständischer Unternehmen. Teilen Sie diese Diagnose?
Hans-Hennig von Grünberg: Größtenteils schon. Ich leite eine Hochschule für angewandte Wissenschaften (HAW), unser Ziel ist es, Absolventen hervorzubringen, die auf dem Arbeitsmarkt sofort bestehen. Und wenn sie nur bedingt praxistauglich sind, haben wir ein Problem. Wer hier studiert hat, soll wegen und nicht trotz seines Studiums einen Job bekommen. Und beim Fach Betriebswirtschaftslehre ist der Fall doch klar: Wer das studiert, möchte in einem Betrieb arbeiten.
Was müsste passieren, um das besser zu gewährleisten?
Die BWL ist eine angewandte Wissenschaft. Es geht also darum, aus dem erlernten Wissen einen ganz konkreten Beruf zu machen. Und das kann man am besten an einer Hochschule für angewandte Wissenschaften. Deshalb sollten wir überlegen, ob wir an die Universität die Leute schicken, die forschen und um der Wissenschaft willen studieren wollen und an die praxisorientierten HAWs diejenigen, die akademisch auf einen Beruf vorbereitet werden wollen.
Zur Person
Prof. Dr. Hans-Hennig von Grünberg ist Präsident der Hochschule Niederrhein und Vorsitzender der Hochschulallianz für den Mittelstand. Gerade wurde er von der Wochenzeitung DIE ZEIT und dem CHE Centrum für Hochschulentwicklung zum Hochschulmanager des Jahres 2017 gekürt.
Sie fordern eine klare Trennung zwischen rein forschungsorientierter Universität und berufsbildender Fachhochschule beziehungsweise Hochschule für angewandte Wissenschaft?
Im Prinzip schon. Zwei Drittel aller BWLer sind sowieso schon bei uns HAWs. Weit mehr als die Hälfte aller Professuren auch. Das größte Gewicht in der BWL-Ausbildung stemmen heute schon die Hochschulen für angewandte Wissenschaften. Mein Wunsch wäre, dass bestimmte Studiengänge wirklich berufsorientiert und nur an HAWs angeboten werden.
Welche wären das zum Beispiel?
Die Zahl derer, die nach dem BWL-Studium ins akademische Feld gehen, kann man fast an einer Hand abzählen, daher sollten Betriebswirte vernünftigerweise ausschließlich an den HAWs akademisch ausgebildet werden. Außerdem könnten hier auch mehr Menschen in Gesundheitsfachberufen ausgebildet werden oder Informatiker, die sehr praktisch arbeiten.
Und wer bleibt an der Universität?
Diejenigen, die vor allem wissenschaftlich arbeiten, etwa in Fächern wie theoretischer Physik, Theologie, Medizin, Ägyptologie, zum Teil auch in Jura. Das ist auch eine Kostenfrage für die Gesellschaft. Wir können nicht alle Studierende zu Wissenschaftlern machen.
BWL an UNI oder FH
Auf dem dritten Platz liegt mit der WHU – Otto Beisheim School of Management eine Privatschule. 19,8 Prozent der befragten personaler gaben an, mit den Studenten dieser Universität sehr zufrieden zu sein.
Auf dem zweiten Platz liegt die Ludwig-Maximilians-Universität München. 21,4 Prozent der befragten Personaler gab an, dass ihre Studenten die Erwartungen im Berufsleben erfüllen.
Die Universität Mannheim bereitet ihre Studenten in der Fachrichtung BWL am besten auf das Berufsleben vor. 40,2 Prozent der befragten Personaler gaben an, dass ihre Studenten die Erwartungen besonders gut erfüllen.
Auf dem dritten Platz in der Fachrichtung BWL liegt die Technische Hochschule Köln (ehem. FH Köln). 10,5 Prozent der befragten Personaler finden Studenten dieser Fachhochschule gut.
Studenten der Hochschule Pforzheim sind laut 14,0 Prozent der befragten Personaler besonders gut. Das reicht für Platz zwei.
Am besten im Bereich BWL ist die ESB Business School Reutlingen. Sie ist bei 19,6 Prozent der Personaler besonders beliebt.
Nun haben Sie selbst auch theoretische Physik studiert und sind heute Präsident einer Hochschule. Würden Sie sich heute anders entscheiden?
Wäre ich noch mal 20, würde ich vielleicht auch dual studieren und etwas anderes, lebensnäheres machen. Eigentlich sind Typen wie ich doch Aussteiger. Wer theoretische Physik wählt, will vielleicht Albert Einstein hinterherlaufen. Aber im Grunde ist es ein Ausstieg aus unserer Gesellschaft - nur sagt einem das niemand. Es gibt eine riesige Zahl von solchen Studiengängen, die junge Leute eher wegführen von den eigentlichen Bedarfen dieser Gesellschaft.