Ist es ein Stück deutscher „Kulturtradition“ - oder schlicht nur Titelhuberei und Eitelkeit? Anders als in fast allen anderen Industrienationen können sich in Deutschland und Österreich Besitzer eines Doktortitels den akademischen Grad in Personalausweis und Reisepass eintragen lassen. Und auf der Kreditkarte macht sich der kleine „Dr.“-Zusatz vor dem Namen auch nicht schlecht.
Doch für die Grüne Krista Sager ist das ein alter Zopf - der schleunigst abgeschnitten werden sollte. Das hat auch mit den jüngsten Plagiatsaffären in Union und FDP zu tun. Zuletzt wurde Annette Schavan der Doktortitel aberkannt. Die CDU-Politikerin trat daraufhin von ihrem Amt als Bundesbildungsministerin zurück.
Schavan hat Klage gegen den Titel-Entzug eingereicht. Auch die FDP-Europapolitikerin Silvana Koch-Mehrin klagt ihren wegen Plagiaten entzogenen Titel derzeit ein. Heute findet dazu eine Verhandlung am Verwaltungsgericht Karlsruhe statt.
Geht es nach den Grünen, spielen Doktortitel in der Gesellschaft keine herausragende Rolle mehr. Das Ziel ist, dass der der „Dr.“ künftig nicht mehr in Pässen, Personalausweisen neben dem Familiennamen steht. Die wissenschaftspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Sager, kündigte einen Neuanlauf für eine entsprechende Gesetzesinitiative an. „Es wäre an der Zeit, den Doktorgrad von gesellschaftlichen Überhöhungen zu entlasten. Zum Teil wird er wie eine Art bürgerlicher Adelstitel oder Namensbestandteil behandelt“, sagte Sager Handelsblatt Online. „Es würde Diskussionen rund um Plagiatsfälle sicherlich versachlichen, wenn Promotionen also auf ihre eigentliche Bedeutung – als Nachweis der besonderen wissenschaftlichen Qualifikation – zurückgeführt würden.“
Als Schritt dazu hätten die Grünen in einem Gesetzentwurf beantragt, den Doktorgrad künftig nicht mehr in Pass und Personalausweis einzutragen. „Dies wäre auch ein Beitrag zum Bürokratieabbau und zur Anpassung an international übliche Standards“, sagte Sager.