Das Studentenleben besteht einerseits aus Vorlesungen, Hausarbeiten und Klausuren. Doch ab und an haben die jungen Menschen in der Blüte ihres Lebens anderes im Sinn als Bücher, Abgabetermine und Lerngruppen. Denn die Hochschule ist nicht nur ein Ort der Bildung, sondern auch ein Ort der Partnersuche und vielleicht sogar der Liebe fürs Leben. Immerhin 20 Prozent der Deutschen suchen laut der Partnervermittlung Elitepartner an der Hochschule nach dem zukünftigen Partner. Neuerdings auch mit der Unterstützung von Facebook.
Derzeit sprießen in den Studentenstädten Deutschlands nicht-kommerzielle Partnervermittlungsseiten aus dem Boden und halten Studenten in Atem. Sinn und Zweck: Schüchternen die Möglichkeit zu geben, endlich den süßen Typen aus der Cafeteria anzusprechen, der sich jeden Morgen einen schwarzen Kaffee holt oder die gutaussehende Blondine, die in der Bibliothek so vertieft in ihre Gesetzestexte starrt, zu einer WG-Party einzuladen. Was bislang nicht über die Lippen ging, kann jetzt über die Tastatur gehen. Die Facebook-Seiten sind leicht zu identifizieren. Sie heißen: Spotted: Universität Trier, Spotted: Phillips-Universität Marburg, Spotted: Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und so weiter. Der Hype begann offenbar an britischen Unis, denn dort existieren zahlreiche Gruppen seit Mitte Dezember.
Das Prinzip ist ganz einfach. Die Studenten schicken via Facebook eine Nachricht an den Spotted-Moderator, er veröffentlicht sie anonym. Das liest sich dann zum Beispiel so: „Ich begegne dir jeden Montagmorgen in der Buslinie 2 auf dem Weg zur Uni. Du trägst eine blaue Jacke, bist um die 1,85 m und hast braune Haare. Du machst meinen Morgen schöner. Wüsste gerne deinen Namen und vielleicht noch mehr von dir? :)“
Dann kann die Internetgemeinde helfen, den oder die Betreffende zu identifizieren, wenn der oder die angeschwärmte sich nicht selbst zurückmeldet. Je mehr Studenten einer Hochschule angemeldet sind, desto höher sind die Chancen auf einen gelungenen Campusflirt. Die Spotted-Seite der Universität Trier ist seit etwa einer Woche online und hat schon über 2900 „Likes“ kassiert, das sind etwa halb so viele, wie die offizielle Seite der Trierer Hochschule in den vergangenen zwei Jahren eingesammelt hat. Auch von der Universität Köln sind in einigen Tagen schon über 4800 Mitglieder dabei. Facebook-Gruppen aus Düsseldorf, Marburg, Paderborn und Saarbrücken sind ebenfalls ins Dating-Geschäft eingestiegen.
"Sie mag Sahnetorte"
Durch die Masse an Teilnehmern kommt es zu hilfreichen Hinweisen, wie: „Das ist mein Freund, Finger weg“ oder „Sie mag Sahnetorte. Versuchs doch damit.“ Und manchmal klappt’s tatsächlich, wie im Kölner Express zu lesen war. Ein Pärchen das sich über Spotted: Universität Köln gefunden hatte, trifft sich seitdem auch in der realen Welt.
Doch die Meinung in der Studentenschaft über die digitale Hilfestellung beim Flirten ist geteilt. Während die einen ihren Kommilitonen zu dieser oder jener herzzerreißenden Nachricht gratulieren und nach dem Erfolg fragen, sind andere schon genervt vom neuen Flirt-Hype in Bibliotheken, Mensen und Hörsälen. „In der Zeit, wo du den Text geschrieben hast, hättest du schon mit dem Mädel sprechen, ein Kaffee trinken und mit ihr ins Kino gehen können“, ist unter einem Posting zu lesen. Oder schlicht und einfach die Aufforderung: „Ihr sollt studieren“.
Der große Zustrom, den die Seiten seit Tagen erfahren, hat ganz offensichtlich auch viel mit Voyeurismus zu tun. Nicht alle Teilnehmer scheinen auf der Suche nach einem potentiellen Partner zu sein, sondern wollen einfach dabei sein, wenn während einer Vorlesung der Herr aus der letzten Reihe dem Mädchen mit dem roten Ordner seine Avancen verkündet. Da vergeht auch die Zeit in der drögen Statistikveranstaltung schneller.
Selbst der Gründer der Gruppe Spotted: Universität Trier glaubt nicht an dauernden Erfolg. „Ich sehe zwar großes Potential für eine Modeerscheinung, aber ich denke eher, dass es sich nicht ewig halten wird“, sagt der unbekannte Macher.