Viele deutsche Unis bilden ihre Studenten gut, breit und praxisnah aus – und genießen deshalb bei Personalern einen hervorragenden Ruf, wie das Hochschulranking der WirtschaftsWoche zeigt. Trotzdem zieht es nach Angaben des Statistischen Bundesamts 137.300 deutsche Studenten an Unis im Ausland. Die beliebtesten Länder sind Österreich, Niederlande, Großbritannien und die Schweiz – erst danach kommen außereuropäische Länder wie die USA oder China.
Besonders begehrt sind die wenigen Plätze an internationalen Elite-Unis. Dazu zählen unter anderem die renommierten Universitäten von Oxford oder Cambridge, die US-Hochschulen Harvard, Yale oder Stanford, oder auch die Straßburger Kaderschmiede ENA, an der unter anderem die beiden französischen Präsidenten François Hollande und Emmanuel Macron ausgebildet wurden.
Was versprechen sich deutsche Studenten vom Studium an einer Elite-Uni im Ausland? Und welche Vorteile bringt ein solches Auslandsstudium tatsächlich für die Karriere? Die WirtschaftsWoche hat mit drei Elite-Studenten gesprochen. Sie berichten vom Weg an ihre Traum-Uni, von den Inhalten ihres Studiums und ihren Jobaussichten.
Christin Victoria Brutsche, Harvard Business School
Christin Victoria Brutsche kommt ursprünglich aus Nürnberg. Sie hat zwei Klassen übersprungen und mit 17 ihr Abitur gemacht. Danach hat sie Wirtschaftswissenschaften studiert und anschließend drei Jahre lang bei Siemens gearbeitet. Jetzt studiert die 24-Jährige an der Harvard Business School in Cambridge, Massachusetts. Die HBS belegt regelmäßig Spitzenplätze in internationalen MBA-Rankings. Bekannte Absolventen sind der ehemalige US-Präsident George W. Bush oder der Unternehmer und ehemalige Bürgermeister von New York City, Michael Bloomberg.
Darum Harvard
Harvard war schon immer meine Traum-Uni. Ich habe vor dem MBA (Master of Business Administration) als Finanzanalystin und Controllerin international gearbeitet, aber wollte langfristig in die Unternehmensberatung wechseln. Für mich stand fest: Wenn ich meiner Karriere nochmal einen Richtungswechsel geben möchte, dann am besten mit einem MBA-Studium im Ausland, am liebsten in Harvard. Für den MBA ist die Harvard Business School (HBS) eine der weltweit führenden Business Schools. Außerdem ist Harvard unglaublich international: an der Business School sind 90 Nationen vertreten. Jedes Jahr schaffen es zwölf bis 14 Deutsche an die Uni.
Die HBS ist meines Wissens die einzige Universität, die Wissen nur über Fallstudien vermittelt. Dadurch ist das Studium extrem praxisorientiert. Wir lernen, uns in die unterschiedlichsten Perspektiven hineinzuversetzen. Zum Beispiel ging es im Unterricht um den Untergang der Deepwater Horizon in Mexiko. Wir sollten dann diskutieren: Was wäre gewesen, wenn wir in der US-amerikanischen Administration gesessen hätten? Welche Schritte hätten wir eingeleitet? Ganz oft gehe ich aus dem Unterricht heraus und denke mir: „Wow, so habe ich das vorher noch nie gesehen.“ Solche Aha-Momente hatte ich mir von einem Studium an der HBS versprochen – und wurde nicht enttäuscht.
Das Auswahlverfahren
Jedes Jahr bewerben sich mehr als 10.000 Menschen auf 930 Plätze an der HBS. Allerdings gibt es schon vor der Bewerbung einige Hürden, die Bewerber nehmen müssen, um überhaupt für einen Studienplatz in Frage zu kommen: Sie sollten beim Englisch-Sprachtest TOEFL und möglichst auch beim GMAT-Test, mit dem die Eignung für BWL-Masterstudiengänge gemessen wird, eine gewisse Punktzahl erreichen. Außerdem sollten sie im Schnitt drei Jahre Berufserfahrung vorweisen. Nach der Registrierung startet dann ein mehrstufiges Auswahlverfahren. Ich musste einen Essay schreiben, die Fragestellung war: „Stell dir vor, es ist dein erster Tag an der Harvard Business School und du lernst deine Kommilitonen kennen. Wie würdest du dich ihnen vorstellen?“ Natürlich ist auch der Lebenslauf wichtig. Außerdem mussten zwei Empfehlungsschreiben von früheren Arbeitgebern eingereicht werden.
„Dear Christin, the answer is yes.“
Die Uni hat sich dann nochmal bei meinen ehemaligen Chefs gemeldet und konkret nachgefragt, wie ich mich in gewissen Arbeitssituationen verhalten habe und wie sie mein Potenzial für die Zukunft einschätzen. Knapp drei Wochen später bekam ich eine Einladung zum Bewerbungsgespräch. Dafür bin ich nach Boston geflogen – ich hätte das Interview allerdings auch in anderen Städten führen können, zum Beispiel in London.
Das Gespräch hat eine halbe Stunde gedauert. Ich musste Fragen zu meinem Lebenslauf beantworten, aber auch Fragen zu meiner Persönlichkeit: Wie würden mich meine Familie, meine Kollegen und meine Freunde in drei Worten beschreiben? Was war die größte Niederlage meines Lebens? Mit solchen Fragen wollen die Interviewer herausfinden, ob man zum Profil der Universität passt. Zur Vorbereitung auf das Gespräch habe ich meine komplette Wohnzimmerwand mit Plakaten tapeziert und auf zwölf Quadratmetern alles aufgeschrieben, was mir zu mir eingefallen ist: Wer bin ich? Was will ich aus meinem Leben machen? Was treibt mich an?
Nach dem Interview musste ich noch einen Essay schreiben und innerhalb von 24 Stunden nach dem Gespräch einreichen. Darin sollte ich beschreiben, wie das Gespräch aus meiner Sicht gelaufen ist und was ich gerne anders gemacht hätte. Und dann hat das Warten begonnen. Am 30. März 2016 hatte ich dann endlich eine Mail im Postfach: „Dear Christin, the answer is yes.“ Ich habe mich riesig gefreut.
Das Studium
Der MBA dauert zwei Jahre. Die Struktur des ersten Jahrs ist fest vorgeschrieben. Alle belegen die gleichen Fächer und beginnen jeden Morgen um 9:10 Uhr. Im zweiten Jahr dürfen wir uns die Fächer selbst auswählen.
Meine Klasse besteht aus 94 Studenten aus 33 verschiedenen Nationen. Das Studium an sich besteht vor allem aus Fallstudien. Um mich auf eine Fallstudie vorzubereiten, brauche ich ungefähr zwei Stunden. Der Unterricht beginnt in der Regel mit dem gefürchteten „Cold Call“: Der Professor nimmt einen Studenten dran und fordert ihn auf, den Fall vorzustellen und zu erklären, wie er in dieser Situation vorgehen würde. Danach folgt eine Diskussion.
Im Schnitt müssen wir zwölf Fallstudien pro Woche vorbereiten. Aber es gibt auch andere Kurse: Eins meiner Highlights war das Fach „Field Global Immersion“: Da schickt die Uni ihre Studenten ins Ausland, um sich weiterzuentwickeln. Ich wurde nach Ghana geschickt, um einem Kirchen-Start-up bei der Expansionsstrategie zu helfen. In meinem zweiten Jahr war ich in Tokio bei einem Start-up, das künstliche Sternschnuppen durch Satelliten aus dem All produziert. Ich habe dem Gründerteam bei der Markteintrittsstrategie geholfen. Wenn man möchte, kann man als Harvard-Student viel herumkommen.
Auch außerhalb des Unterrichts gibt es ganz viele Angebote auf dem Campus. Ich bin zum Beispiel Mitglied im Management Consulting Club, gehöre zur Führungsriege der German Speaking Society und engagiere mich im Governmental Club, im Bitcoin und Crypto Currency Club und im LGBT-Club - einem Club für lesbische, schwule, bisexuelle und Transgender-Studenten.
Die Kosten
Die Harvard Business School hat ein sogenanntes Financial Aid Program. Das sind Stipendien, auf die man sich bewerben kann, wenn man unter einem gewissen Betrag im Jahr verdient. Da ich aus der deutschen Industrie kam, lag ich weit unter diesem Limit. Deshalb habe ich von Harvard einen Großteil der Studiengebühren erlassen bekommen. Außerdem hatte ich noch ein Stipendium der Deutschen Harvard Business School Alumni. Insgesamt musste ich von den anfänglichen Studiengebühren nur noch einen kleineren Teil bezahlen. Den Rest meiner Studiengebühren und meine Lebenshaltungskosten habe ich mit Ersparnissen und durch Leihgaben meiner Eltern gestemmt.
Anmerkung der Redaktion: Die Harvard Business School empfiehlt auf ihrer Website pro Studienjahr 106.800 US-Dollar einzuplanen.
Die Jobchancen
Das Studium in Harvard beginnt Ende August. Bereits ab Oktober starten die Unternehmen ihren Rekrutierungsprozess an der Uni. Viele Firmenvertreter kommen auf den Campus und laden uns Studenten zum Abendessen ein. Sie wollen uns überzeugen, im Sommer ein Praktikum bei ihnen zu machen. Denn zwischen dem ersten und zweiten Jahr liegt eine dreimonatige Pause, die wir möglichst für ein Praktikum nutzen sollten. Ich wollte unbedingt ins Consulting, deshalb bin ich vor allem zu Veranstaltungen von großen Unternehmensberatungen gegangen. Mein Praktikum habe ich dann bei einer großen Unternehmensberatung in Deutschland gemacht. Am Ende des Praktikums hat man mir eine Festanstellung angeboten, die ich angenommen habe. Sobald ich meine letzte Prüfung geschrieben und meine Abschlussfeier hinter mir habe, starte ich dort als Beraterin.
„Die ENA hat uns Top-Praktika vermittelt“
Axel Leisenberg, ENA
Axel Leisenberg hat sein Abitur in Erfurt gemacht und anschließend an der Freien Universität Berlin Politikwissenschaft studiert. Anschließend zog er fürs Studium nach Frankreich. Vor wenigen Tagen hat der 28-Jährige sein Studium an der Elite-Uni École nationale d'administration (ENA) beendet. Viele namhafte Politiker und Spitzenbeamte haben diese traditionelle Verwaltungshochschule besucht.
Darum ENA
Bereits während meines Bachelorstudiums habe ich ein Auslandssemester in Frankreich verbracht. Das hat mir so gut gefallen, dass ich meinen Master auch in Frankreich gemacht habe: in Straßburg an der Sciences Po, die für Politikwissenschaftler eine echt gute Adresse ist. Danach hatte ich das Glück, auch meinen ersten Job in Frankreich zu finden: Knapp zwei Jahre lang habe ich in der Verwaltung einer Pariser Universität gearbeitet.
Da wollte ich aber noch ein bisschen weiterkommen. Ich hatte mich gut in Frankreich eingelebt und konnte mir vorstellen, in Frankreich zu bleiben. Andererseits konnte ich mir auch vorstellen, irgendwann nach Deutschland zurückzukehren. In Deutschland herrscht in der Verwaltung allerdings ein Juristenmonopol: Da als Nicht-Jurist reinzukommen, ist relativ schwierig. Die ENA ist in Frankreich die Top-Elite-Universität für zukünftige Spitzenbeamte. Sie bietet auch ein internationales Programm an: dafür werden 30 internationale Studenten aufgenommen, darunter drei aus Deutschland – zusätzlich zu den gut 90 französischen Studenten, die an der ENA studieren.
Das Auswahlverfahren
Für Deutsche ist die einzige Möglichkeit, an die ENA zu kommen, die Aufnahme in das Stipendienprogramm des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD). Ich habe deshalb sowohl das Auswahlverfahren der ENA durchlaufen, als auch das Verfahren des DAAD. Für beides musste ich zunächst eine klassische Bewerbung mit Motivationsschreiben schreiben. Für die ENA musste ich dann noch zusätzlich eine Aufnahmeprüfung für internationale Studenten bestehen.
Diese Prüfung dauert einen ganzen Tag lang: wir mussten unter anderem einen Aufsatz schreiben, zum Beispiel zu Frankreichs Rolle in der Welt. Außerdem wurde Wissen über die französische Verwaltung, rechtliche und ökonomische Fragen, internationale Beziehungen und zur Europäische Union abgefragt. Das waren teilweise Multiple Choice-Fragen, zum Beispiel: „Wie hoch ist Frankreichs Staatsverschuldung?“ Zusätzlich gab es noch einen schriftlichen Sprachtest, in dem wir Lückentexte ausfüllen und einen weiteren Aufsatz schreiben mussten. Allerdings mussten wir schon im Vorfeld der Bewerbung Sprachkenntnisse auf C1-Niveau nachweisen. Ein paar Monate später gab es noch ein mündliches Auswahlverfahren in der französischen Botschaft in Berlin, vor einer binational zusammengesetzten Auswahlkommission. Insgesamt hat sich der Bewerbungsprozess über ein halbes Jahr hingezogen. Dann kam endlich die Zusage.
Das Studium
Insgesamt dauert das Studium an der ENA knapp eineinhalb Jahre. Zuerst gibt es einen Einführungsmonat in Straßburg – zum gegenseitigen Kennenlernen und Vorbereiten auf das Praktikum. Dann folgt ein viermonatiges Praktikum in der französischen Verwaltung – ich war in der Ständigen Vertretung Frankreichs bei der EU in Brüssel und durfte miterleben, wie EU-Gesetze verhandelt werden, wie die französische Position in Verhandlungen entsteht und wie man versucht, diese umzusetzen. Das war der spannendste Teil des ganzen Programms, denn da war ich richtig involviert und konnte überall hineinschnuppern. Allerdings war es auch eine intensive Zeit: ich habe täglich von 8 Uhr morgens bis 20 Uhr abends gearbeitet. Ich musste mir das Praktikum nicht selbst suchen: Stattdessen hat die ENA uns Praktikumsplätze vermittelt. Nach dem Praktikum ging es dann wieder nach Straßburg.
„In den Kursen sind wir manchmal nur zu fünft.“
Insgesamt ist das Studium an der ENA viel anwendungsorientierter als an einer „normalen“ französischen Universität, die für Frontalunterricht und lange Vorlesungen bekannt sind. An der ENA sitzen ja bereits studierte Leute, die auf ihre Rolle als Beamte in der französischen Verwaltung vorbereitet werden. Natürlich hören wir auch Vorlesungen zu rechtlichen und ökonomischen Themen. Aber dazu kommen viele praktische Elemente: Krisensimulationen, Verhandlungsseminare, Kommunikationstrainings oder Simulationen von Sitzungen des Europäischen Rats oder des Europäischen Parlaments. Außerdem haben wir Ausflüge gemacht, zum Beispiel zum Senat nach Paris, und haben in Kleingruppen einen Bericht für ein französisches Ministerium erarbeitet. Wir sollten nicht nur die ganze Zeit dasitzen und uns Notizen machen, sondern selbst Akteure sein.
Außerdem sind die Kurse an der ENA sehr klein: in meinen Englisch- und Spanisch-Sprachkursen waren wir nur zu fünft oder zu siebt. Und die räumliche Ausstattung ist auch top: Wir haben eine riesige Bibliothek für die kleine Zahl an Studenten.
Nebenbei habe ich mich noch an der Sorbonne eingeschrieben und eine Masterarbeit verfasst – das ist eine zusätzliche Option, wenn man zum Zertifikat der ENA noch ein Masterzeugnis dazu haben möchte.
Die Kosten
Es gibt keine Studiengebühren – die ENA wird vom französischen Staat finanziert. Die französischen Studenten an der ENA sind ja bereits Beamte auf Probe, sie bekommen also sogar schon ein Gehalt. Nach dem Studium wechseln sie dann an ihren ersten Posten in der französischen Ministerialverwaltung. Die internationalen Studenten sind keine Beamten und müssen sich nach ihrem Abschluss um Jobs bewerben. Ich habe meinen Lebensunterhalt mit dem Stipendium des DAAD finanziert.
Die Jobchancen
Ich habe vergangenen Monat meinen Abschluss gemacht und sofort eine spannende Stelle gefunden. Ab Februar werde ich als wissenschaftlicher Mitarbeiter in der EU-Abteilung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt arbeiten, im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Mein Job wird es sein, die deutsche EU-Ratspräsidentschaft 2020 vorzubereiten. Ich soll die Prioritäten, die Deutschland im Forschungs- und Bildungsbereich setzen will, mit definieren. Da ich schon immer gerne im EU-Bereich arbeiten wollte, bin ich sehr glücklich, dass das geklappt hat. Beim Bewerbungsgespräch hat es mir definitiv geholfen, dass die Verantwortlichen die ENA kannten, das hat mir schon Anerkennung eingebracht.
Insgesamt bin ich dank der ENA karrieretechnisch besser aufgestellt für eine Tätigkeit im internationalen Bereich und auf EU-Ebene, aber auch in der deutschen Verwaltung. Ich kann mir auch vorstellen, später wieder nach Frankreich zurückzukehren und dort zu arbeiten. In Frankreich hat man mit einem ENA-Abschluss in der Tasche auf jeden Fall beste Voraussetzungen.
An der ENA gibt es auch gute Möglichkeiten, informelle Kontakte zu Ministerialbeamten zu knüpfen. Die kommen aus der Praxis zu uns, um unsere Seminare zu leiten. Am Anfang der Ausbildung haben wir deshalb eine Visitenkarte mit dem Logo der ENA bekommen, die wir interessanten Kontakten mitgeben können. Und natürlich schließen wir auch Freundschaften mit unseren Kommilitonen. Meine Freunde werden sich in der französischen Verwaltung und Politik hocharbeiten. Dadurch habe ich ein Netzwerk, das mir sicherlich später noch nutzen wird.
„Yale vertritt Werte, mit denen ich mich identifiziere“
Johann Rebl, Yale School of Management
Johann Rebl macht seinen MBA an der Yale School of Management in New Haven, Connecticut. Der 25-Jährige stammt aus Schwandorf in Bayern und hat nach dem Abitur ein duales Studium gemacht, bei dem er eine Ausbildung zum Industriekaufmann mit einem Wirtschaftswissenschaftsstudium kombiniert hat. Nach einem Praktikum bei einer Unternehmensberatung wechselte er an die traditionsreiche US-Elite-Uni, die Absolventen wie den ehemaligen italienischen Ministerpräsidenten Mario Monti hervorgebracht hat.
Darum Yale
Ich habe schon immer davon geträumt, in den USA zu studieren. Mich haben die großen Unis fasziniert, die international für die Qualität der Lehre und auch für ihre berühmten Absolventen bekannt sind. Deshalb habe ich mich an mehreren US-Unis beworben, aber Yale war mein Favorit. Die Yale School of Management hat mit etwa 300 Studenten einen kleinen Jahrgang im Vergleich zu anderen US-Unis. Das war mir wichtig, weil die Uni dadurch nicht so überlaufen ist und ich meine Kommilitonen besser kennenlernen konnte. Außerdem vertritt Yale Werte, mit denen ich mich identifiziere. Wir lernen nicht nur, wie wir unternehmerisch Gewinne erzielen, sondern sprechen auch häufig über soziale Verantwortung und welche Auswirkungen eine Geschäftsentscheidung auf die Gesellschaft hat. Das war für mich ein sehr wichtiger Aspekt.
Das Auswahlverfahren
Das Bewerbungsverfahren besteht aus drei Stufen: Zuerst habe ich mich über ein Online-Formular beworben. Dafür musste ich Informationen zu meinem Werdegang angeben, ein Motivationsschreiben verfassen, meine GMAT-Testergebnisse eingeben und einen Essay zu persönlichen Erfahrungen schreiben. Das Thema meines Essays war: „Beschreibe eine Situation, in der du positiven Einfluss auf eine Organisation hattest, sei es als Mitarbeiter, Mitglied oder Außenstehender.“ In der zweiten Stufe musste ich kurze Fragen per Video beantworten. Mir wurden drei Fragen gestellt und ich hatte jeweils 30 Sekunden Zeit, um mir eine Antwort zu überlegen und habe dann per Video eine Antwort von einer Minute Länge aufgenommen. Da waren auch Fragen dabei, die mich aus dem Konzept bringen sollten, zum Beispiel: „Was ist deine Lieblingsstadt?“
Der letzte Schritt war ein Interview mit zwei Mitarbeitern der Auswahlkommission, das ich via Skype geführt habe. In dem Gespräch sollte ich vor allem über mich selbst sprechen. Meinen Lebenslauf hatten die Interviewer ja gelesen, es ging also eher darum, mich als Person kennenzulernen. Ich sollte erklären, was mein Plan für die Zukunft ist, wieso ich gerade jetzt den MBA machen will und warum an der Yale School of Management. Aber auch klassische Fragen waren dabei, zum Beispiel nach meinen Stärken und Schwächen. Ein paar Wochen später bekam ich einen Anruf: Ich hatte es geschafft.
Das Studium
Mein MBA-Programm an der Yale School of Management dauert drei Jahre, das reguläre Programm nur zwei Jahre. Das ermöglicht den Studenten nochmal mehr Flexibilität als ein zweijähriges Programm. Ich habe 2015 mit dem Studium angefangen und habe nach dem ersten Jahr ein Gap Year gemacht, in dem ich drei Praktika absolviert habe: bei der deutschen Niederlassung einer Investment-Bank, bei einem Private-Equity-Unternehmen in London und noch ein Praktikum im amerikanischen Headquarter der Investment-Bank.
„Wertvolle Einblicke in die Unternehmen“
Das Studium an sich ist weniger theoretisch als an deutschen Unis. Wir arbeiten vor allem mit Fallstudien und sollen Methoden entwickeln, wie wir konkrete Probleme lösen statt Formeln auswendig zu lernen. Diese Praxisorientierung gefällt mir sehr gut. Im ersten Jahr mussten wir noch einige Pflichtkurse belegen: Volkswirtschaftslehre, Buchführung, um die Grundlagen zu schaffen. Mittlerweile darf ich mir meine Kurse frei aussuchen.
Pro Tag wende ich etwa acht Stunden fürs Studium auf. Außerdem engagiere ich mich noch ehrenamtlich: In meinem ersten Jahr habe ich gemeinsam mit Kommilitonen einen europäischen Club gegründet und habe politische Diskussionen, Abendessen und andere kulturelle Events organisiert. Vor allem habe ich mich um neue Studenten gekümmert, die gerade ihre Zulassung für Yale bekommen haben oder sich noch im Bewerbungsprozess befinden. Außerdem war ich bei einer studentischen Unternehmensberatung aktiv und bei einer Non-Profit-Organisation, die von Yale-Studenten gegründet wurde, um Obdachlosen und Arbeitslosen zu helfen.
Die Kosten
Bei der Bewerbung muss man nachweisen, dass man über einen gewissen Betrag verfügt, sonst bekommt man kein Visum. Dieser Betrag liegt bei ungefähr 200.000 Dollar. Ich habe ein DAAD-Stipendium bekommen, das zwar recht hoch ist, aber letztlich nur etwa ein Viertel der Studiengebühren abdeckt. Die übrigen Kosten habe ich mit Ersparnissen finanziert.
Die Jobchancen
Die Unternehmen kommen aktiv auf die Yale-Studenten zu. Es gibt regelmäßige Abendessen mit Unternehmern und Alumni. Es ist wirklich wichtig, dass man zu diesen Events geht: Ich habe dort wichtige Kontakte geknüpft und wertvolle Einblicke in die Unternehmen erhalten. Für mich waren diese Events vor allem deshalb wichtig, weil ich vorher noch keine Erfahrungen mit Investment-Banking hatte, aber gerne in diesem Bereich arbeiten wollte. Bei diesen informellen Kontakten konnte ich verstehen, wie diese Branche funktioniert und wie die Menschen ticken.
Informelle Kontakte spielen bei der Jobsuche eine sehr große Rolle. Meinen Praktikumsplatz bei der Investment-Bank habe ich zum Beispiel dank des Hinweises eines Kommilitonen gefunden. Im Mai mache ich meinen Abschluss. Danach werde ich ins Investmentbanking einsteigen.