Harvard, ENA & Yale „Das war schon immer meine Traum-Uni“

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„Dear Christin, the answer is yes.“

Die Uni hat sich dann nochmal bei meinen ehemaligen Chefs gemeldet und konkret nachgefragt, wie ich mich in gewissen Arbeitssituationen verhalten habe und wie sie mein Potenzial für die Zukunft einschätzen. Knapp drei Wochen später bekam ich eine Einladung zum Bewerbungsgespräch. Dafür bin ich nach Boston geflogen – ich hätte das Interview allerdings auch in anderen Städten führen können, zum Beispiel in London.

Das Gespräch hat eine halbe Stunde gedauert. Ich musste Fragen zu meinem Lebenslauf beantworten, aber auch Fragen zu meiner Persönlichkeit: Wie würden mich meine Familie, meine Kollegen und meine Freunde in drei Worten beschreiben? Was war die größte Niederlage meines Lebens? Mit solchen Fragen wollen die Interviewer herausfinden, ob man zum Profil der Universität passt. Zur Vorbereitung auf das Gespräch habe ich meine komplette Wohnzimmerwand mit Plakaten tapeziert und auf zwölf Quadratmetern alles aufgeschrieben, was mir zu mir eingefallen ist: Wer bin ich? Was will ich aus meinem Leben machen? Was treibt mich an?

Nach dem Interview musste ich noch einen Essay schreiben und innerhalb von 24 Stunden nach dem Gespräch einreichen. Darin sollte ich beschreiben, wie das Gespräch aus meiner Sicht gelaufen ist und was ich gerne anders gemacht hätte. Und dann hat das Warten begonnen. Am 30. März 2016 hatte ich dann endlich eine Mail im Postfach: „Dear Christin, the answer is yes.“ Ich habe mich riesig gefreut. 

Das Studium

Der MBA dauert zwei Jahre. Die Struktur des ersten Jahrs ist fest vorgeschrieben. Alle belegen die gleichen Fächer und beginnen jeden Morgen um 9:10 Uhr. Im zweiten Jahr dürfen wir uns die Fächer selbst auswählen.

Meine Klasse besteht aus 94 Studenten aus 33 verschiedenen Nationen. Das Studium an sich besteht vor allem aus Fallstudien. Um mich auf eine Fallstudie vorzubereiten, brauche ich ungefähr zwei Stunden. Der Unterricht beginnt in der Regel mit dem gefürchteten „Cold Call“: Der Professor nimmt einen Studenten dran und fordert ihn auf, den Fall vorzustellen und zu erklären, wie er in dieser Situation vorgehen würde. Danach folgt eine Diskussion.

Im Schnitt müssen wir zwölf Fallstudien pro Woche vorbereiten. Aber es gibt auch andere Kurse: Eins meiner Highlights war das Fach „Field Global Immersion“: Da schickt die Uni ihre Studenten ins Ausland, um sich weiterzuentwickeln. Ich wurde nach Ghana geschickt, um einem Kirchen-Start-up bei der Expansionsstrategie zu helfen. In meinem zweiten Jahr war ich in Tokio bei einem Start-up, das künstliche Sternschnuppen durch Satelliten aus dem All produziert. Ich habe dem Gründerteam bei der Markteintrittsstrategie geholfen. Wenn man möchte, kann man als Harvard-Student viel herumkommen.  

Auch außerhalb des Unterrichts gibt es ganz viele Angebote auf dem Campus. Ich bin zum Beispiel Mitglied im Management Consulting Club, gehöre zur Führungsriege der German Speaking Society und engagiere mich im Governmental Club, im Bitcoin und Crypto Currency Club und im LGBT-Club - einem Club für lesbische, schwule, bisexuelle und Transgender-Studenten.

Die Kosten

Die Harvard Business School hat ein sogenanntes Financial Aid Program. Das sind Stipendien, auf die man sich bewerben kann, wenn man unter einem gewissen Betrag im Jahr verdient. Da ich aus der deutschen Industrie kam, lag ich weit unter diesem Limit. Deshalb habe ich von Harvard einen Großteil der Studiengebühren erlassen bekommen. Außerdem hatte ich noch ein Stipendium der Deutschen Harvard Business School Alumni. Insgesamt musste ich von den anfänglichen Studiengebühren nur noch einen kleineren Teil bezahlen. Den Rest meiner Studiengebühren und meine Lebenshaltungskosten habe ich mit Ersparnissen und durch Leihgaben meiner Eltern gestemmt.  

Anmerkung der Redaktion: Die Harvard Business School empfiehlt auf ihrer Website pro Studienjahr 106.800 US-Dollar einzuplanen.

Die Jobchancen

Das Studium in Harvard beginnt Ende August. Bereits ab Oktober starten die Unternehmen ihren Rekrutierungsprozess an der Uni. Viele Firmenvertreter kommen auf den Campus und laden uns Studenten zum Abendessen ein. Sie wollen uns überzeugen, im Sommer ein Praktikum bei ihnen zu machen. Denn zwischen dem ersten und zweiten Jahr liegt eine dreimonatige Pause, die wir möglichst für ein Praktikum nutzen sollten. Ich wollte unbedingt ins Consulting, deshalb bin ich vor allem zu Veranstaltungen von großen Unternehmensberatungen gegangen. Mein Praktikum habe ich dann bei einer großen Unternehmensberatung in Deutschland gemacht. Am Ende des Praktikums hat man mir eine Festanstellung angeboten, die ich angenommen habe. Sobald ich meine letzte Prüfung geschrieben und meine Abschlussfeier hinter mir habe, starte ich dort als Beraterin. 

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