




Nicht nur Angestellte in der Produktion und Computerspezialisten stehen vor Veränderungen. In nahezu jedem Job zeichnet sich der Wandel ab: Die Digitalisierung verändert auch technikferne Berufe, viele akademische Tätigkeiten können wohl irgendwann durch Automatisierung ersetzt werden.
Einfluss auf die Ausbildung hat das häufig nicht. Vielerorts scheinen Internet und Digitalisierung #Neuland zu sein. Und auch an den Hochschulen ist das Thema moderne Arbeitswelt vielfach Zukunftsmusik. Darauf deutet der „Hochschul-Bildungs-Report 2020“ vom Stifterverband und der Unternehmensberatung McKinsey & Company hin.
Für den aktuellen Report mit dem Schwerpunkt „Hochschulbildung für die Arbeitswelt 4.0“ wurden mehr als 300 Unternehmen befragt, wie sie die Fähigkeiten der Hochschulabsolventen einschätzen.
Die Soft Skills fehlen
Das Ergebnis: Drei von vier der befragten Firmen gehen davon aus, dass Verwaltungstätigkeiten automatisiert werden. 39 Prozent rechnen mit dem Wegfall akademischer Berufe und deren Ersatz durch Maschinen. McKinsey-Seniorpartner Jürgen Schröder geht auch von veränderten Berufsbildern aus: „Akademiker benötigen mehr und tiefergehende digitale Kompetenzen als bisher, beispielsweise in der Auswertung von Statistiken oder in der digitalen Analyse und Beurteilung großer Datenmengen.“
Der Schlüssel für zukunftsträchtige Jobs
Der Arbeitsmarkt wandelt sich. Eine Berufsfeld kann sich in zehn Jahren sehr verändern oder sogar völlig vom Markt verschwinden. Wer wissen will, ob sich sein Beruf über die Jahre halten kann, sollte sich die folgenden Fragen stellen.
Technische Entwicklungen und die fortschreitende Prozessoptimierung haben schon so manche Berufsgruppen überflüssig gemacht. Ein Beispiel für die Zukunft: Der Beruf des Kassierers. Es ist wahrscheinlich, dass in der Zukunft niemand mehr an der Kasse sitzt, sondern Kunden ihre Produkte selbst einscannen. Eine rumänische Supermarktkette funktioniert bereits nach dem Prinzip, auch Ikea und Real haben solche Kassen eingeführt.
Wessen Tätigkeit in verschiedene Bereiche und auch Abläufe eines Unternehmens eingebunden ist, ist wohl kaum vom Outsourcing bedroht. Anders geht es sogenannten „abgegrenzten“ Berufen, die nicht mit anderen Tätigkeiten vernetzt sind. Beispiel: Berufe in der Buchhaltung oder in der Programmierung.
Ein Job hat dann eine Zukunftsperspektive, wenn er Möglichkeiten zur Weiterentwicklung bietet und Brücken zu anderen Tätigkeitsbereichen schlagen kann. Eine Ausbildung kann durch ein passendes Studium ergänzt werden, wie beispielsweise ein Studium im Pflegemanagement nach einer Ausbildung im Gesundheitsbereich.
Während manche Tätigkeiten leicht autodidaktisch erlernt werden können, braucht man für andere Fachmänner. Ein Hausmeister kann eine Wand selber streichen - aber elektrische Leitungen wird er kaum selbst verlegen. Schon an diesem Beispiel lässt sich erkennen, welche Jobs eine sichere Zukunft haben: Berufe im Bereich Informations- oder Elektrotechnik.
Was in Deutschland, der Schweiz und Österreich in einer betrieblichen Ausbildung vermittelt wird, ist in anderen Ländern Teil eines Studiums. Das Modell der betrieblichen Lehre ist in anderen Ländern kaum verbreitet. Auch brauchen manche Berufe in einigen Ländern staatliche Zulassungen.
Immer mehr Ausbildungsberufe werden mittlerweile an der Universität unterrichtet. Sowohl in der Pädagogik, der Logopädie als auch in der Physiotherapie und Ergotherapie nehmen die Studentenzahlen weiter zu. Auch wenn ausgebildete Kollegen die Akademiker oft misstrauisch beäugen, ist das Studium bei Berufen mit einem hohen Theorie-Anteil wohl die sicherere Alternative.
Wie viele Bewerber kämpfen um einen Job, wie viele junge Leute strömen in den Arbeitsmarkt? Darüber kann das Institut für Arbeitsmarktforschung schnell Auskunft erteilen. Oft hilft aber auch ein Blick in die nächste Stellenbörse. Wie viele Stellen werden angeboten? Handelt es sich um feste Anstellungen oder nur befristete Tätigkeiten?
Was sie aber vor allem brauchen, sind die sogenannten Soft Skills, also Persönlichkeitsmerkmale, die man zwar nicht studieren, wohl aber trainieren kann. Und hier beklagt Volker Meyer-Guckel, der stellvertretende Generalsekretär des Stifterverbands dass die Hochschulen darauf zu wenig vorbereiten. Dort herrsche Bulimie-lernen statt eigenständigem Erschließen von Inhalten.
Das räche sich, wenn in Zukunft akademische Routinetätigkeiten wegfallen, bei denen man stur nach dem erlernten Schema vorgehen konnte. Dann sei selbstständiges und kollaboratives Arbeiten verlangt, heißt es in dem Bericht. Für die Entwicklung dieser Merkmale ist während des Studiums offenbar kein Raum. Stattdessen, so die Klage der Unternehmen, seien die Absolventen voller Faktenwissen, das morgen veraltet und damit nutzlos sein kann.
„Wir müssen weg vom konsumierenden, hin zu einem aktiven, kreierenden und auch forschenden Lernen“, fordert Meyer-Guckel. Als Beispiele nennt er interaktive Lernformate wie das „Blended Learning“, das verschiedene Medien und Methoden wie Präsenzunterricht und E-Learning kombiniert.
Außerdem sollten Hochschulen ihren Studierenden mehr Wahlmöglichkeiten und Raum für Schwerpunkte bieten. Wichtig für ein solches individuelles Studium sei die begleitende Einführung eines Kompetenzcoachings, das Studierende bei der Wahl von Modulen berät.
Erste Schritte in diese Richtung gibt es bereits, beispielsweise das Studium Individuale der Leuphana Universität in Lüneburg oder auch das Modell der Technischen Universität Hamburg-Harburg mit der erweiterten Studieneingangsphase.
Individuelleres und praxisorientiertes Lernen werde außerdem durch mehr Flexibilität bei der Wahl der Lernorte möglich: Hochschulen sollten Meyer-Guckel zufolge deshalb künftig stärker mit anderen Hochschulen, Berufsschulen, privaten Bildungsanbietern und Unternehmen kooperieren.