Hochschulranking Wofür es wirklich einen Master braucht und wann der Bachelor reicht

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Welche Abschlüsse Personaler besonders schätzen und wo sie in Zeiten des drängenden Fachkräftemangels bereits Abstriche machen, zeigt das Hochschulranking der WirtschaftsWoche.

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Den Lebenslauf von Hannes Klette zieren bereits einige renommierte Stationen: Im IT-Consulting hat er bei T-Systems als Werkstudent gearbeitet, zudem Praktika in den Beratungshäusern Capgemini und Pumpkin Careers absolviert. Im Januar steht ein weiteres Praktikum bei VW Consulting an. Um auch Auslandserfahrung vorzuweisen, ist der 23-Jährige derzeit als Austauschstudent an der San Diego State University.  Und doch wusste er, dass das nicht ausreicht. Dass ihm zur Karriere bei einer der großen Unternehmensberatungen ein entscheidendes Detail fehlt: der Master.

Deshalb hat Klette, nachdem er im September 2020 an der TU Dresden einen Bachelor in Wirtschaftswissenschaften erworben hatte, die Umzugskartons gepackt. Er will unbedingt in einer guten Beratung arbeiten. Bis zum Herbst nächsten Jahres macht er seinen Master in Wien. An einer Wirtschaftsuniversität mit einem klaren Fokus. „In der Beratung spielt die Reputation der Universität eine große Rolle“, betont Klette. In technischen Fächern mag die TU Dresden renommiert sein, sagt der Student. „In der wirtschaftlichen Ausbildung kann sie nicht mithalten.“

Geisteswissenschaftler machen eine Ausnahme

Wann genügt ein Bachelor – und wann muss es ein Master oder gar die Promotion sein? Vor dieser Frage stehen viele Studenten. Gerade jetzt, da sie in den Semesterferien Einblick in Arbeitsalltag gewonnen haben und der Start ins nächste Semester ansteht.

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Und es zeigt sich: Am meisten schätzen Personaler über fast alle Disziplinen hinweg den Master. Für Naturwissenschaftler nannten ihn 47,7 Prozent als den wichtigsten Abschluss, für Sozial- und Geisteswissenschaftler immer noch 35,5 Prozent. Diese Fachrichtung ist dann auch die einzige, für die Personaler den Bachelor, den man bereits mit zwei Semestern weniger erreichen kann, als noch wichtiger erachten – und zwar zu 41,5 Prozent.

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In den Vorständen dominieren BWL und Jura 

Michael Faller, der die Frankfurter Personalberatung Baumann Unternehmensberatung führt, vermutet, dass dies vor allem daran liegt, dass Geisteswissenschaftler oft im Personalwesen, Marketing oder der Unternehmenskommunikation arbeiten, in denen es auch stärker auf die fachliche Arbeit ankommt und weniger Führungsaufgaben zu vergeben sind. „In den Lebensläufen von Vorständen aber dominieren Abschlüsse in Jura und BWL, bei Unternehmen aus dem Maschinen- oder Autobau vielleicht auch mal einige technische Fächer.“

Bei den Betriebswirten bevorzugen laut der Erhebung von Universum zwar 39,6 Prozent der Recruiter den Master, doch nur geringfügig weniger, nämlich 37,7 Prozent, den Bachelor. Dies ließe sich auf ähnliche Weise erklären: Längst nicht alle BWL-Absolventen krönen ihre Karriere im Vorstand. Viele arbeiten auch in Bereichen, in denen eher praktisches Wissen als akademische Exzellenz zählt.

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Studenten rät Personalberater Faller deshalb, sich zunächst klarzumachen, welche Karriere sie machen wollen: „Wenn ich eine Führungsrolle anstrebe, die nicht nur mit Personalverantwortung verbunden ist, sondern auch strategische und methodische Kompetenzen voraussetzt, dann muss es der Master sein.“

Wer Führungskraft werden will, muss zur Uni

Das zeigt auch ein Blick auf die Frage, welche Abschlüsse Personaler bevorzugen, wenn sie Kandidaten für bestimmte Ebenen im Unternehmen suchen – also Trainees, Sachbearbeiter, Projektmanager, Consultants oder leitende Führungskräfte. Bei Trainees und Fachkräften bevorzugen sie den Bachelor, bei Spezialisten, Projektmanagern, Consultants oder leitenden Führungskräften den Master. Auffällig dabei ist: Je höher die Position, die es zu besetzen gilt, desto wichtiger wird auch der Unterschied zwischen einem Master von einer Fachhochschule und einem von der Universität. Wer eine Führungsposition anstrebt, sollte also eher an einer Universität studieren.

Auf eine Promotion legen Personaler bei Juristen am meisten Wert: 28,1 Prozent der Befragten nannten auf die Frage, welchen Abschluss sie für die verschiedenen Fachrichtungen in ihren Unternehmen bevorzugen, in dieser Disziplin den Doktortitel. Vergleichsweise wichtig ist eine Promotion auch in Naturwissenschaften (20,7 Prozent). Zum Vergleich: Am wenigsten Wert auf den Doktortitel legen Personaler bei Betriebswirten. In diesem Fach bevorzugen den Abschluss gerade einmal 6,1 Prozent der Recruiter.

Wer also in die Rechtsabteilung eines Unternehmens einsteigen will, muss sicherlich einen längeren Atem während des Studiums beweisen als diejenigen, die im operativen Geschäft oder im Controlling arbeiten wollen. Aber immer noch weniger als vor zehn oder fünfzehn Jahren.

Die Promotion wird zum netten Plus

„Ich kenne keine Position, für die die Promotion ein Muss wäre“, sagt Personalberater Faller. „Vereinzelt wünschen sich Unternehmen das noch bei Juristen, aber eher dann, wenn über die Stelle ein Manager aus der älteren Generation entscheidet, in der das noch üblicher war.“ Selbst Kanzleien, die den Doktortitel noch vor ein paar Jahren zur Voraussetzung gemacht haben, seien davon abgerückt – nicht zuletzt, weil sie dann kaum noch Bewerbungen bekommen, so Fallers Beobachtung.



Auch wenn Unternehmen sich immer schwerer tun, ebenso kluge wie kreative Mitarbeiter zu finden: Sie scheinen noch nicht bereit, Abstriche beim akademischen Abschluss der Kandidaten zu machen. Das zeigt sich schon daran, dass die Firmen nicht nur über den Fachkräftemangel klagen. Sondern ebenso laut darüber, dass sie bei Berufseinsteigern viele Kompetenzen vermissen – und sich selbst viel stärker einbringen müssen, ihre Talente zu entwickeln, als noch vor der Bolognareform, die die akademische Ausbildung in Deutschland verkürzt hat. Und das Ende des renommierten Ingenieurtitels einläutete.

„Deshalb“, so Fallers Eindruck, „fordern die Firmen bei den Absolventen mindestens methodisches Rüstzeug.“ In der Frage aber, ob es wirklich eine bestimmte Uni sein muss oder eine bestimmte Abschlussnote, erlebe er die Unternehmen inzwischen als großzügiger als noch vor einigen Jahren.

Realitätstest in der Praxis

Bleibt die Frage, wann der perfekte Zeitpunkt ist, um den Master zu machen: gleich an den Bachelor dranhängen – oder vielleicht doch etwas später, um zunächst erste Berufserfahrungen zu sammeln. In manchen Bereichen, etwa der Strategieberatung, ist der Master eine zwingende Voraussetzung, um den Job zu bekommen. Da stellt sich die Frage also gar nicht. Wer allerdings den Luxus hat, in seinen Beruf auch mit einem Bachelor einzusteigen, dem rät Faller, diesen zu nutzen – und, wie er es ausdrückt, „den Job in der Praxis mit den eigenen Erwartungen abzugleichen: Passt das zu mir? Lässt er sich später auch mit der Familie vereinbaren, wenn ich die denn eine gründen will? Da können ein paar Praktika oder erste Erfahrungen sehr hilfreich sein.“

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Auch Hannes Klette hat nach seinem Bachelor ein Jahr mit Praktika eingelegt. Diese Erfahrung möchte er keinesfalls missen. Trotzdem stand für ihn stets fest, dass er einen Master dranhängt. „Dass Bachelor und Master zusammengehören, dieses Mindset habe ich bereits von meinen Eltern mitbekommen“, erzählt Klette. Viele seiner Freunde haben hingegen den Master direkt an den Bachelor drangehängt. „So konnten sie sich auf ein Fachgebiet spezialisieren“, sagt Klette. „Und auch das Studentenleben noch etwas genießen.“

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