ICILS-Studie Mädchen können besser mit dem Internet umgehen

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Schulen haben schlechte Internetverbindungen

Für die Studie wurden im Jahr 2013 in Deutschland 150 Schulen aus allen 16 Bundesländern unter die Lupe genommen. Neben 2225 Schülern wurden auch 1386 Lehrer, die in der achten Klasse unterrichten, befragt. Zusätzlich wurden Schulleitungen und IT-Koordinatoren der Schulen einbezogen. Nachhilfebedarf in Sachen Internet und Computer wies die Untersuchung auch bei den Lehrkräften nach.

Viele Lehrer haben laut der Erhebung Vorurteile gegenüber dem Einsatz von Computern im Unterricht: Fast 76 Prozent befürchten, dass die Schüler dann nur noch andere Quellen kopieren, statt selbst zu arbeiten. Mehr als jeder vierte Lehrer ist überzeugt, dass die Schüler durch den Einsatz digitaler Medien vom Lernen abgelenkt werden. In den anderen ICILS-Teilnehmerländern war die Einstellung der Lehrkräfte positiver.

Es mangelt zudem an Fortbildungsangeboten und –maßnahmen für die Lehrpersonen. Der internationale Vergleich macht deutlich, dass deutsche Lehrer wesentlich seltener an IT-Fortbildungen teilnehmen als ihre Kollegen in anderen Ländern. In den vergangenen zwei Jahren nahmen zum Beispiel nur 8,1 Prozent an einem Einführungskurs zur Arbeit mit dem Internet teil:

Besuch von Lehrerfortbildungen zu IT in Deutschland

Mit gutem Beispiel voran geht hingegen Australien: mehr als die Hälfte (57,3 Prozent) der Lehrer bildet sich regelmäßig in Sachen digitale Medien fort. Dies liegt laut der Studie aber auch daran, dass die Schulleitungen dem Feld zu wenig Wert beimessen. Nur rund 12 Prozent der deutschen Schüler besucht eine Schule, an der entsprechende Angebote eine hohe Priorität haben. Damit liegt Deutschland überaus deutlich hinter der EU-Vergleichsgruppe: hier sind es im Schnitt fast 53 Prozent.

Auch beklagen die Lehrkräfte langsame und instabile Internetverbindungen, die den Einsatz neuer Medien im Unterricht einschränken. 43 Prozent der Befragten gaben an, dass die Schulcomputer veraltet seien.

Eine Untersuchung der IT-Ausstattung der Schulen zeigt, dass diese tatsächlich noch zu Wünschen übrig lässt: Zwar geben alle Schüler an, dass es einen Computerraum an ihrer Schule gibt. Computer im Großteil der Klassenzimmer sind nur in weniger als jeder fünften deutschen Schule vorhanden.

So kommen auf einen Computer auch 11,5 Schüler. Das entspricht zwar dem EU-Durchschnitt. In anderen Ländern wie zum Beispiel Norwegen fällt dieses Verhältnis mit 2,4 Schülern auf einen Rechner aber wesentlich günstiger aus.

Neue, leicht zu bedienende Tablets sind in Deutschland nach den ICILS-Daten kaum verbreitet: Nur 6,5 Prozent der deutschen Achtklässler besuchen eine Schule, in der Tablets für den Unterricht zur Verfügung stehen. Zum Vergleich: Im EU-Schnitt sind es mit 15,9 Prozent mehr als doppelt so viele. In Australien sind bereits für mehr als 60 Prozent der Achtklässler Tablets verfügbar.

Die traurige Konsequenz all dieser Punkte: In keinem anderen ICILS-Teilnehmerland setzen Lehrkräfte Computer so selten ein wie in Deutschland.

Durch die ICILS-Studie wurde erstmals ein internationaler Vergleich von informations- und computerbezogenen Kompetenzen bei Jugendlichen möglich. Mit der sich immer weiter beschleunigenden technologischen Entwicklung und Digitalisierung aller Lebens- und Arbeitsbereiche wird die Fähigkeit, kompetent mit neuen Technologien umgehen zu können, immer wichtiger.

Die Autoren der Studie sehen daher die Medienbildung als „Schlüsselkompetenz des 21. Jahrhunderts“ und nicht nur als gesamtgesellschaftliche Herausforderung, sondern „insbesondere für die Schule“ als eine verpflichtende Aufgabe. Und da heißt es für Deutschland: Nachsitzen!

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