Internationaler Vergleich Warum landen deutsche Unis nie ganz vorne?

Quelle: Getty Images

Bei der Wahl ihrer Hochschule nutzen viele Studenten und Studentinnen internationale Rankings – und erliegen dabei meist einem Trugschluss. Denn deutsche Universitäten schneiden oft schlecht ab. Doch über deren Qualitäten sagt das nur wenig aus.

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Deutsche Universitäten tun sich im Vergleich mit ihrer internationalen Konkurrenten schwer: Die meisten deutschen Hochschulen sind bei der Forschungsleistung im Vergleich zum Vorjahr zurückgefallen, wie die aktuelle Global 2000-Liste des Center for World University Rankings (CWUR) zeigt. Deshalb stehen sie auch im Ranking schlechter da.

Nur eine einzige deutsche Hochschule hat es in die Top-50 geschafft. Gerade einmal 14 deutsche Universitäten konnten in diesem Jahr eine Verbesserung verzeichnen. Im Gegensatz dazu schnitten 80 Prozent schlechter ab als im Vorjahr. Damit Deutschland auch in Zukunft auf globaler Ebene mithalten kann und Spitzenkräfte aus aller Welt anzieht, ist laut dem CWUR-Präsidenten eine verstärkte Förderung des deutschen Hochschulsystems unerlässlich.

Dabei zeigt das exklusive Hochschul-Ranking der WirtschaftsWoche, dass sich die Lehre hierzulande durchaus sehen lassen kann. Und auch deutsche Experten sind anderer Meinung: Sie sehen die Ursachen für das schlechte Abschneiden der deutschen Hochschulen nicht in einer unzureichenden Qualität des Bildungssystems, sondern in der Art und Weise, wie die globalen Universitäts-Rankings konzipiert sind. Doch woran liegt das eigentlich? Und was bedeuten die schlechten internationalen Rankingergebnisse für Deutschlands Position im globalen Wettbewerb um die besten Talente und Innovationen?

Was sind die besten Unis und Fachhochschulen in den wirtschaftsrelevanten Studiengängen? Hier finden Sie alle Ergebnisse des WirtschaftsWoche-Hochschulrankings 2023 im tabellarischen Überblick.
von Jannik Deters

Die Ergebnisse des CWUR-Rankings 

Das größte Problem deutscher Bildungsstätten sehen die Herausgeber des Rankings darin, dass die internationale Konkurrenz mehr finanzielle Mittel zur Verfügung hat – und sich gerade in Sachen Forschung zunehmend abhebt: So hat die Ludwig-Maximilians-Universität in München zwei Plätze verloren und steht nun auf Rang 46. Ebenfalls ist die Freie Universität Berlin um zwei Ränge auf Platz 58 abgestiegen, dicht gefolgt von der Humboldt-Universität auf Rang 59. Die Uni Heidelberg platziert sich auf Rang 68 etwas weiter hinten, gefolgt von der Technischen Uni München auf Platz 78. Die Top-Ten der deutschen Hochschulen werden von der Uni Göttingen, Tübingen (Platz 113), Bonn (Platz 115), Freiburg (Platz 130) und der Goethe-Universität Frankfurt (Platz 138) komplettiert.

Die Global 2000-Liste unterscheidet sich von anderen Universitätsrankings darin, dass sie nicht auf Befragungen oder Einreichungen von Universitäten selbst beruht, sondern Hochschulen anhand von vier Faktoren bewertet: Qualität der Ausbildung und Fakultät, Beschäftigungsfähigkeit und Forschungsleistung. Das heißt: Faktoren wie die Anzahl der ausgezeichneten Fakultätsmitglieder, publizierte Forschungsartikel und Zitationen sowie der berufliche Erfolg der Alumni werden herangezogen und unter den verschiedenen Hochschulen miteinander verglichen.

Sind deutsche Hochschulen einfach schlechter?

Die Forschungsleistung wird in den meisten Rankings am stärksten gewichtet, so auch in der Global 2000-Liste. Das Problem: In Deutschland findet ein großer Teil der Grundlagenforschung außerhalb von Universitäten statt, zum Beispiel an Max-Planck-Instituten. Das macht es schwer, die wissenschaftliche Qualität verlässlich zu messen, obwohl es oft dieselben Menschen sind, die sowohl an Unis als auch an außeruniversitären Instituten forschen. Zudem legen Universitäten hierzulande viel Wert auf Praxis. Die Zahl der dabei veröffentlichten wissenschaftlichen Arbeiten rückt hingegen eher in den Hintergrund. Zumal sich nur ein Bruchteil deutscher Wissenschaftler die Mühe macht, ihre Arbeiten auf Englisch für das internationale Publikum zu verfassen. Das ist einerseits verständlich, andererseits werden diese Veröffentlichungen auch weniger gelesen und zitiert – das wiederum wirkt sich stark auf die Platzierungen in internationalen Rankings aus.

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Ein weiterer entscheidender Faktor ist die grundlegende Struktur der deutschen Hochschulpolitik: Hierzulande verlangen staatliche Universitäten keine Studiengebühren. So bekommt zwar grundsätzlich jeder und jede Zugang zu einer guten Ausbildung in Deutschland, andererseits haben die Hochschulen so weniger Geld zur Verfügung.

In Ländern wie den USA, die konstant in den Top-10 der besten Universitäten vertreten sind, ist das genau umgekehrt: Sie investieren massiv in wenige Top-Studenten, die jeweiligen Universitäten können so im weltweiten Ranking nach oben klettern. Ihr üppiges Budget erstellen amerikanische Universitäten nicht nur aus Studiengebühren, sondern auch aus Erträgen ihrer Kapitalanlagen wie Aktien oder Pensionsfonds – ein System, das so in Deutschland nicht existiert. Auch die starre Personalplanung deutscher Universitäten hat Folgen: Professoren sind verbeamtet, ihre Anzahl ist vom Staat festgeschrieben. Neue Professoren können nur nachrutschen, wenn ein älterer in Pension geht. So verlieren deutsche Hochschulen junge Talente oft an die Konkurrenz im Ausland.



Was wird für deutsche Unis getan?

Ein Weg, um den deutschen Wissenschaftsstandort im internationalen Wettbewerb zu stärken, ist die im Jahr 2016 von Bund und Ländern beschlossene Exzellenzstrategie, die seit vier Jahren 14 sogenannte Exzellenzuniversitäten mit jährlichen Summen in Millionenhöhe fördert. Die Gelder sollen dabei vor allem Spitzenforschung an deutschen Hochschulen dauerhaft unterstützen und Vorzeigeprojekte ermöglichen.

Die Ernennung und Förderung der Exzellenz-Unis ist dabei eine von zwei Säulen der Exzellenzstrategie. Bei den Exzellenz-Unis geht es laut dem Wissenschaftsrat um eine „dauerhafte Stärkung der Universitäten als Institution beziehungsweise einem Verbund von Universitäten und dem Ausbau ihrer internationalen Spitzenstellung in der Forschung“. Die andere Säule: sogenannte Exzellenzcluster, in denen etablierte Wissenschaftler aus verschiedenen Fachrichtungen an gemeinsamen Projekten forschen, die für den wissenschaftlichen Nachwuchs auch als Karrieresprungbrett dienen können. Aktuell erhalten 57 Exzellenzcluster eine finanzielle Förderung vom Bund.

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„Gerade wenn es um Forschung geht, muss betont werden, dass wir in Deutschland seit einer ganzen Reihe von Jahren finanzielle Rahmenbedingungen haben, die vor allem im internationalen Vergleich sehr gut dastehen“, sagt Katja Becker, Präsidentin der Deutschen Forschungsgemeinschaft, die Fördergelder vergibt. Welche positiven Effekte das Programm tatsächlich nach sich zieht, wird erst 2026 evaluiert. Trotzdem ist eines schon jetzt zu beobachten: Diejenigen deutschen Universitäten, die in Rankings meist am besten abschneiden, gehören auch zu den Hochschulen, die durch die Exzellenzstrategie gefördert werden. Katja Becker zumindest plädiert weiter für eine grundlegende Diskussion über die Finanzierung des deutschen Wissenschaftssystems – oder konkret dafür, 3,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts in Forschung und Entwicklung zu investieren.

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