Mangelnder Platz im Wohnheim „Die Zahlen führen uns ein jahrzehntelanges Versäumnis vor Augen“

Zu Beginn des Wintersemesters 2022/23 warten mehr als 35.000 Studierende auf einen Platz im Wohnheim. Quelle: imago images

Die Mieten schießen in die Höhe, viele Studierende können sich das Wohnen in Unistädten kaum leisten: 35.000 von ihnen warten auf einen Wohnheim-Platz. Das „Bündnis bezahlbarer Wohnraum“ soll Abhilfe schaffen.

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Zu den Hürden eines Studiums zählen längst nicht mehr nur Klausuren und Hausarbeiten – die Suche nach einer bezahlbaren Wohnung wird vielerorts zur größten Herausforderung.

So warten nach Angaben des Deutschen Studentenwerks (DSW) zu Beginn des Wintersemesters 2022/23 mehr als 35.000 Studierende auf einen Platz im Wohnheim. Das sind mehr als je zuvor, sagt der DSW-Generalsekretär Matthias Anbuhl. Während viele Studierende in Zeiten von Corona und Online-Lehre bei ihren Eltern geblieben sind, ziehen sie seit 2021 wieder vermehrt in ihre Unistädte. Aktuell gibt es laut Angaben des Studentenwerks bundesweit rund 1700 Wohnheime mit fast 200.000 Plätzen – bei weitem nicht genug.

„Die Lage ist angespannt“, sagt Anbuhl. Die immer höher steigenden Miet- und Unterhaltskosten führen zu verstärkter Nachfrage nach Wohnheimen. Ein Wohnheimzimmer kostet durchschnittlich rund 270 Euro warm im Monat. Zum Vergleich: Nach Untersuchung des Moses Mendelssohn Instituts kostet ein WG-Zimmer in den deutschen Unistädten im Schnitt 435 Euro – ein Unterschied von über 165 Euro und vor allem in Krisenzeiten für viele Studierende ein Vermögen.

„Wohnheime sind eine preiswerte und attraktive Alternative“, sagt Anbuhl. Doch die Menge an Interessenten kann einfach nicht aufgefangen werden. Während die Zahl der Studienplätze in den vergangenen 15 Jahren um 52 Prozent gestiegen ist, sind nur sechs Prozent Wohnheimplätze hinzugekommen. „Diese Schere darf nicht noch weiter auseinandergehen.“

Starke regionale Unterschiede

Der Mangel an Wohnheimplätzen teilt sich dabei regional unterschiedlich auf. Vor allem in München haben Studierende es schwer, so Anbuhl. Hier stehen 15.000 der 35.000 Studierenden auf den Wartelisten. Das liegt an dem großen Gefälle zwischen den Preisen für ein Wohnheim- oder einem privaten WG-Zimmer. In München kostet ein Zimmer im Wohnheim durchschnittlich 290 Euro, ein WG-Zimmer hingegen kann für rund 700 Euro bezogen werden. Aber auch Hamburg, Frankfurt am Main, Darmstadt, Erlangen und Nürnberg gehören zu den Problemstädten.

„Bündnis bezahlbarer Wohnraum“ soll Abhilfe schaffen

Nun hat das „Bündnis bezahlbarer Wohnraum“ in dieser Woche 187 Maßnahmen vorgestellt, um den Wohnungsneubau in Deutschland voranzutreiben. Auf der Agenda stehen neben 400.000 neuen Wohnungen auch sieben Ansätze, die Studierenden und Auszubildenden den Zugang zu bezahlbarem Wohnraum erleichtern sollen. Das Bündnis ist ein Zusammenschluss aus Vertretern der Länder, der kommunalen Spitzenverbände, der Wohnungs- und Bauwirtschaft, Gewerkschaften, Kirchen und zivilgesellschaftlichen Organisationen, in welchem auch das Deutsche Studierendwerk agiert.

„Die Zahlen führen uns ein jahrzehntelanges Versäumnis vor Augen, welches jetzt aufgearbeitet werden muss“, sagt Matthias Anbuhl. „Vor allem Studierende, die am wenigsten Mittel haben, müssen unterstützt werden“.

Das „Bündnis bezahlbarer Wohnraum“ unterscheidet zwischen Maßnahmen, die umzusetzen, und solchen, die zu bearbeiten sind: In den nächsten drei Jahren soll zunächst ein Bund-Länder-Programm etabliert werden, welches Wohnen für Studierende und Auszubildende erfasst. Bis 2026 sollen durch Zusammenarbeit der Länder und des Deutschen Studentenwerks weitere Wohnheimplätze gebaut und bereits bestehende Plätze saniert werden.

Die Länder sollen derweil bis 2023 die Investitionsförderungen nach Kriterien ausarbeiten. Dazu gehören regionalen Unterschiede bei den Bau- und Wohnkosten sowie die Berücksichtigung der Wohnbedarfspauschale im BAföG. Zurzeit liegt die Pauschale bei 360 Euro. Damit lässt sich zwar ein Wohnheimzimmer bezahlen, jedoch sind bei den aktuellen Plätzen rund 60 Prozent der Studierenden auf den freien, teureren Wohnungsmarkt angewiesen. Diese Pauschale müsse im ersten Schritt angehoben werden, so Anbuhl.

Zusätzlich soll geprüft werden, wie groß die geförderte Wohnfläche für Studierende und Auszubildende sein muss.

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Das im Koalitionsvertrag angekündigte Bund-Länder-Programm „Junges Wohnen“ wurde jetzt im Rahmen des Bündnisses für bezahlbares Wohnen vereinbart. Es soll Anfang des nächsten Jahres, wie von Bundesbauministerin Klara Geywitz beabsichtigt, starten. Nach früheren Angaben der Ministerin geht es dabei um dreistellige Millionenbeträge, mit welchen der Neubau von Wohnungen für Studierende und Auszubildende stärker gefördert werden soll.

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