




Vor so einer jungen Hörerschaft stand Kasper Rorsted vermutlich lange nicht mehr. Sonst hat es der Henkel-Chef eher mit graumelierten Aktionären, skeptischen Analysten und kritischen Journalisten zu tun. Und nun steht er vor lauter smarten Studenten im bis auf den letzten Platz gefüllten Hörsaal der Elite-Hochschule WHU in Vallendar bei Koblenz. Der Ort scheint auf Rorsted wie ein Jungbrunnen zu wirken. Er zieht flugs das Sakko aus, strahlt in Hemd, Hose und Krawatte die Menge an, lobte die perfekt sitzenden Frisuren des Publikums ("vermutlich doch alle mit Henkel-Kosmetik-Produkten gestylt") und setzt zu einer eineinhalbstündigen Vorlesung über moderne Managementführung an – in fließendem Englisch.
Unternehmen fürchten Loch in der Personaldecke
Im Zeitalter des demografischen Wandels und Fachkräftemangels suchen die Konzerne den direkten Kontakt zur Hochschule. Sie kooperieren mit den Hochschulen bei Recruiting-Messen, einzelnen Forschungsprojekten oder durch die Förderung von Professuren. Denn sie wissen, wer hier zu spät kommt, den bestraft ein riesiges Loch in der Personaldecke für Führungskräfte. Dem Statistischen Bundesamt zu Folge werden schon in zwei Jahren in Deutschland eine Millionen Akademiker fehlen.
Rorsteds Auftritt in Vallendar vor einigen Tagen zeigt, dass im "War for Talents", dem Kampf um die besten Hochschulabsolventen, nun auch die Konzernchefs an die Front gehen. Telekom-Chef René Obermann hat erst in diesem Jahr eine Wirtschaftsprofessur an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf übernommen, und VW-Chef Martin Winterkorn war im Sommer Gastdozent an der TU München. Doch Henkels Hochschulengagement mit der WHU Otto Beisheim School of Management geht weiter: Seit knapp zwei Jahren finanziert der Düsseldorfer Konzern zu hundert Prozent einen Lehrstuhl an der WHU: das Henkel Center for Consumer Goods (HCCG). Die WHU gilt als eine der besten Management-Hochschulen der Welt und ist die einzige private Hochschule, die Mitglied in der Deutschen Forschungsgemeinschaft ist.