
Mittelständische Unternehmen schultern einer Studie zufolge den Großteil der Berufsausbildung in Deutschland. Nach Angaben der staatlichen Förderbank KfW bilden kleinere und mittlere Firmen seit 2012 jährlich konstant etwa 1,2 Millionen junge Menschen aus. Die Zahl der Azubis in der deutschen Wirtschaft insgesamt sei im vergangenen Jahr dagegen auf das Rekordtief von 1,32 Millionen gesunken, teilte die KfW am Montag in Frankfurt mit.
In den 3,76 Millionen mittelständischen Unternehmen bundesweit arbeiten der KfW zufolge etwa 90 Prozent aller Lehrlinge. Es dürfte allerdings von Jahr zu Jahr schwieriger werden, die Azubi-Zahlen konstant zu halten.
„Rückläufige Schülerzahlen und die gleichzeitig zunehmende Studierneigung der jungen Generation sorgen bereits heute dafür, dass vielerorts Ausbildungsplätze leer bleiben“, erläuterte KfW-Chefvolkswirt Jörg Zeuner. Probleme hätten vor allem Unternehmen im ländlichen Raum. Die KfW zählt Firmen mit einem Umsatz von bis zu 500 Millionen Euro jährlich zum Mittelstand.
Wie Azubis über die Berufsausbildung denken
Im Rahmen der Studie "Azubi-Recruiting Trends 2016" befragt u-form Testsysteme, ein Anbieter von Eignungstests in der Ausbildung und bei Bewerbungen, zusammen mit der Hochschule Koblenz und der Berufsorientierungsplattform blicksta jährlich mehrere tausend Auszubildende und ihre Ausbildungsleiter. 2016 fand die Umfrage zum siebten Mal statt, 3.343 Azubi-Bewerber und Auszubildende sowie 1.295 Ausbildungsverantwortliche nahmen teil.
Der Aussage "Mit einer Ausbildung hat man etwas Handfestes und lernt nicht nur pure Theorie", stimmten 90,1 Prozent der befragten Lehrlinge und angehenden Azubis zu.
Für die jungen Menschen ebenfalls wichtig: die finanzielle Komponente einer Ausbildung. 88,1 Prozent schätzen an der dualen Ausbildung, dass sie von Anfang an etwas verdienen.
Dieses Statement trifft für 87,7 Prozent zu.
Bei dieser Aussage fällt die Zustimmung schon geringer aus. Trotzdem: 59,2 Prozent - also eine deutliche Mehrheit - glauben, dass eine Ausbildung genauso gut aufs spätere Berufsleben vorbereitet, wie ein Studium.
Während die Ausbildung einst für die breite Masse und das Studium für einen kleinen Kreis war, ist es heute eher umgekehrt, sagen 54,8 Prozent der befragten Lehrlinge.
Dem stimmen 52,5 Prozent zu.
Dass Studenten von oben auf Auszubildende herabsehen, sehen 46,6 Prozent so. Die Mehrheit glaubt nicht, dass das zutrifft.
42,7 Prozent der Auszubildenden glauben, dass ein Studium nur für Papas Nerven oder Mamas Stolz gut ist. 57,3 Prozent glauben dagegen nicht, dass die obige Aussage zutrifft.
Meister statt Master: Dass Menschen mit einer Berufsausbildung Führungspositionen verwehrt bleiben, glauben nur 30 Prozent der Azubis. 70 Prozent sehen nicht, warum sie ohne Studium nicht trotzdem Chef werden können.
Nach einer jüngst veröffentlichten Befragung des Deutsche Industrie- und Handelskammertages (DIHK) kann bundesweit fast jeder dritte Betrieb in Deutschland aus Mangel an geeigneten Bewerbern Lehrstellen nicht besetzen. „Fast jeder zehnte Ausbildungsbetrieb hat noch nicht einmal eine Bewerbung erhalten“, sagte DIHK-Präsident Eric Schweitzer bei der Präsentation der Umfrage „Ausbildung 2017“.
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Spitzenreiter bei der Ausbildung sind der KfW zufolge im Schnitt der Jahre 2012 bis 2016 Mittelständler in Rheinland-Pfalz und im Saarland. Dort bildeten insgesamt 18 Prozent der kleinen und mittleren Unternehmen aus, gefolgt von Niedersachsen (einschließlich Bremen) mit 17 Prozent und Nordrhein-Westfalen mit 16 Prozent.
Schlusslichter sind die ostdeutschen Flächenländer Sachsen, Thüringen (jeweils 10 Prozent) und Mecklenburg-Vorpommern (11 Prozent) sowie die Stadtstaaten Berlin (10 Prozent) und Hamburg (11 Prozent).
Ein Grund für die Unterschiede ist der KfW zufolge die Struktur des Mittelstands in den einzelnen Ländern. Die traditionell ausbildungsstarken Branchen Verarbeitendes Gewerbe, Bau und Handwerk seien in Großstädten seltener vertreten. Das erkläre die hintere Platzierung der Stadtstaaten.
Diese Ausbildungsbetriebe begeistern deutsche Azubis
Die Arbeitgeberbewertungsplattform Kununu hat Azubis gefragt: Wie gut findet ihr euren Ausbildungsbetrieb? Die Lehrlinge konnten maximal fünf Punkte vergeben. Bewertet wurden Arbeitszeiten, Betriebsklima, abwechslungsreiches Aufgabenfeld, kompetente Ausbilder und gutes Lernumfeld.
Quelle: Kununu
Insgesamt 48 Auszubildende haben die Flughafen München GmbH bewertet. Sie scheinen mit ihrem Arbeitgeber recht zufrieden zu sein. So fasst ein Azubi das Verhältnis zu seinem Arbeitgeber wie folgt zusammen: „abwechslungsreiche Ausbildung bei tollem Arbeitgeber“. In puncto Abwechslung bekam das Unternehmen 4,61 von 5 möglichen Punkten.
Insgesamt kommt die Flughafen München GmbH auf eine Punktzahl von 4,33 und liegt damit deutlich über dem Durchschnitt aller Ausbildungsbetriebe, der bei 3,59 Punkten liegt.
Auf Platz neu folgt die VR Bank Main-Kinzig Bündingen eG, eine regionale Genossenschaftsbank mit über 500 Mitarbeitern. Auch hier loben Auszubildende besonders den abwechslungsreichen Arbeitsalltag: „Die VR Bank Main-Kinzig-Büdingen bietet eine super Ausbildung an. Man erhält einen Einblick in alle Bereiche der Bank. Es herrscht ein angenehmes Arbeitsklima und es wird nie langweilig. Es wird viel Wert darauf gelegt, dass die Auszubildenden möglichst gut auf das Arbeitsleben vorbereitet werden“ , sagt ein Azubi.
Neben kompetenten Ausbildern, einer attraktiven Ausbildungsvergütung und abwechslungsreichen Aufgaben werden die Auszubildenden hier - nach eigenen Aussagen - besonders respektvoll behandelt. Insgesamt erhält die Genossenschaftsbank 4,37 von fünf möglichen Punkten.
Die VR Bank Main-Kinzig-Büdingen ist nicht die einzige Bank, die ihre Auszubildenden zufrieden stellt: Mit einer durchschnittlichen Gesamtpunktzahl von 4,45 hat es die VR-Bank am Standort Memmingen außerdem in die Top Ten geschafft. Positiv sehen Azubis vor allem das Arbeiten „auf Augenhöhe“: „Azubis werden meist gleich behandelt wie Ausbilder; Ausbilder sind stets darum bemüht den Azubis den Aufgabenbereich verständlich zu erklären“, heißt es in einem der Kommentare auf dem Arbeitgeberbewertungsportal kununu. In ausnahmslos jeder Kategorie schneidet die Bank als Ausbildungsbetrieb überdurchschnittlich gut ab, die besten Werte erreicht die VR Bank am Standort Memmingen in den Kategorien "Abwechslung" (4,79) und "Ausbilder" (4,57).
Auch die Mehrheit der Auszubildenden der BKK Mobil Oil geht gerne zur Arbeit. Das liegt nicht zuletzt an der Vielzahl der freundlichen Ansprechpartner und der kompetenten Ausbilder: „Die Ausbilder sind immer freundlich und haben für alle Fragen ein offenes Ohr. Alle Ausbilder sind fachlich top“ heißt es in einer Bewertung einer Mitarbeiterin am Standort Hamburg. Mit einer durchschnittlichen Gesamtpunktzahl von 4,45 landet BKK Mobil Oil auf Platz sieben der beliebtesten Ausbildungsbetriebe.
Die HanseMerkur Versicherungsgruppe tut sich bei ihren Auszubildenden besonders durch ein freundliches Betriebsklima (4,89 Punkte) und eine attraktive Arbeitsvergütung (4,89) hervor. „Besonders die Ausbildungsleitung ist stets bemüht den Auzubis zur Seite zu stehen und für ein vertrautes Klima zu sorgen. Man fühlt sich immer fair behandelt und trotz des lockeren Umgangs steht man sich immer mit Respekt gegenüber “. Das geht - laut Bewertungen der Auszubildenden - mit flachen Hierarchien einher. Bei einer Gesamtpunktzahl von 4,53 Punkten zählt die HanseMerkur aus Arbeitnehmersicht zu den zehn besten Ausbildungsbetrieben Deutschlands.
Bei der Essener PV Automotive GmbH werden Spaß (4,67), Respekt (4,89), und ein angenehmes Betriebsklima (4,78) groß geschrieben. „Die PV Automotive ist für mich wie eine zweite "kleine" Familie geworden. Auch als Azubi wurde ich schon voll integriert und kann diesen Betrieb für eine Ausbildung nur empfehlen“, schwärmt eine dort ausgebildete Fachkraft im Bereich Vertrieb & Verkauf für den Ausbildungsbetrieb mit über 1600 Mitarbeitern. Mit einer durchschnittlichen Gesamtpunktzahl von 4,55 Punkten erreicht der Automobilzulieferer Platz fünf im Arbeitgeber-Ranking.
Der Bankensektor scheint es deutschen Auszubildenden besonders angetan zu haben. Zumindest ist ein weiterer Finanzdienstleister auf Platz vier vertreten. Die Fiducia & GAD IT AG, der IT-Dienstleister der genossenschaftlichen FinanzGruppe, landet mit einer durchschnittlichen Gesamtbewertung von 4,6 Punkten auf Platz vier der beliebtesten Ausbildungsbetriebe. „Die Azubis werden nicht ins kalte Wasser geworfen. Die Tätigkeiten sind Ausbildungsfördernd, man fängt von vorne an und baut nach und nach darauf auf. Im Vorfeld bekommen alle Azubis eine Schulung im Programmieren und je nach Fachbereich einen Netzwerkgrundlagenkurs“. Neben der intensiven Ausbildungsbetreuung erwähnte die Mehrzahl der Auszubildenden hier das Betriebsklima (4,72) und die Arbeitszeiten (4,81) positiv.
„Einen besseren Ausbildungsbetrieb kann man sich nicht vorstellen!“. Mit 4,63 von 5 möglichen Punkten komplettiert die Medtronic GmbH, ein Hersteller von medizinischen Geräten, das Feld der besten Drei. Hier trumpft man besonders mit einem angenehmen Betriebsklima und flexiblen Arbeitszeiten auf: „Es herrscht Vertrauensarbeitszeit. Man kann also meist selbst entscheiden, wann man anfangen möchte und ist flexibel, wenn man mal früher gehen muss“. Auch der Faktor Spaß kommt hier in der Ausbildung nicht zu kurz. So sorgen regelmäßige Events und Veranstaltungen für genügend Abwechslung: „Die Atmosphäre ist sehr angenehm und die verschiedenen Veranstaltungen bringen viel Spaß“. Die Ausbilder werden zudem als pflichtbewusst und sehr kompetent beschrieben und fördern durch regelmäßige Gespräche und Feedbackmitteilungen die persönliche Weiterentwicklung jedes Einzelnen.
Mit einem Score von 4,64 Punkten landet eines der führenden digitalen Industrieunternehmen, GE Germany, und reiht sich somit in die Liste der beliebtesten Ausbildungsbetriebe ein. „Top Ausbildung mit individuellen Weiterbildungsmöglichkeiten!“. Laut Auszubildenden darf man sich hier neben den Fortbildungsmaßnahmen besonders auf eine vielseitige und abwechslungsreiche Ausbildung freuen: „Viele Rotationen in den unterschiedlichsten Bereichen (auch ein kaufmännischer Azubi darf in technische Bereiche und umgekehrt)“. Ein großer Pluspunkt auch hier, die Ausbilder: „Man wird fair behandelt und bei Fragen wird einem alles ausführlich erklärt und gezeigt“. Auch an Azubi-Benefits mangelt es nicht, so werden den Lehrkräften neben nützlichen Dingen wie die Kostenübernahme von Ausbildungsmaterialien und Fahrtkosten auch Benefits wie Mitarbeiterevents und Internetnutzung angeboten. Eine faire Vergütung, die Urlaubs- und Weihnachtsgeld beinhaltet, kommen noch hinzu.
„Best place to learn“ gesucht? Hier wird man laut Azubis fündig. Mit einer Gesamtpunktzahl von 4,69 von 5 möglichen Punkten holt sich TenneT Deutschland den ersten Platz und zählt somit zu den besten Ausbildungsbetrieben des Landes. Das Unternehmen gehört zu den TOP Fünf der Netzbetreiber in Europa und wurde bereits mehrmals ausgezeichnet. Bei den Auszubildenden stehen besonders die flexiblen Arbeitszeiten hoch im Kurs: „Man hat flexible Arbeitszeiten und kann sich in Absprache mit der jeweiligen Abteilung seine Arbeitszeiten selbst einteilen.“ auch die Kategorien Betriebsklima und Respekt kommen mit 4,80 Punkten auf Höchstwerte. Des Weiteren begeistern ein abwechslungsreiches Aufgabenfeld: „Die gesamten Aufgaben sind sehr abwechslungsreich und bereiten einen viel Freude bei der Arbeit.“ und nette, kompetente Ausbilder: „Immer erreichbar, immer auf dem Laufenden über die Entwicklungen der Azubis und sehr hilfsbereit!“.
In Ostdeutschland wiederum gebe es mehr Kleinbetriebe. Je kleiner ein Betrieb ist, desto geringer ist den Angaben zufolge die Wahrscheinlichkeit, dass er Lehrlinge hat. Nur fünf Prozent der Kleinstunternehmen mit weniger als fünf Beschäftigten bildeten aus, bei Mittelständern mit mehr als 50 Mitarbeitern seien es hingegen drei Viertel. In Ostdeutschland mangelt es durch den Bevölkerungsrückgang der KfW zufolge zudem vielerorts auch an der Nachfrage nach Lehrstellen.
Auch aus Sicht des DIHK ist die Lage in Ostdeutschland wegen des massiven Wegzugs junger Menschen besonders schwierig. „Hier konnten im vergangenen Jahr 41 Prozent der Betriebe ihre angebotenen Ausbildungsplätze nicht besetzen, während in Westdeutschland jeder vierte Betrieb betroffen war“, hieß es im DIHK-Report.
Bei den Branchen hat dem DIHK zufolge das Gastgewerbe die größten Probleme. Im vergangenen Jahr konnten 58 Prozent der Betriebe Lehrstellen nicht besetzen. Stark zugenommen hat der Azubi-Mangel im Baugewerbe mit 42 Prozent (2015: 30 Prozent).