Schlechte Gehälter, viele Verpflichtungen Die deutsche Uni-Landschaft ist provinziell

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"Broschüren und warme Worte"

Das sind die besten deutschen Unis
Rang 1: Universität von Oxford Quelle: Creative Commons/Bill Tyne
Platz zehn: Uni Bonn Quelle: Universität Bonn, Dr. Thomas Mauersberg
Platz neun: Universität in Tübingen Quelle: dpa
Platz acht: Technische Uni Berlin Quelle: dpa
Platz sieben: Freie Universität Berlin Quelle: dpa/dpaweb
Platz sechs: Universität Freiburg Quelle: dpa/dpaweb
Platz fünf: Rheinisch-Westfaelische Technische Hochschule (RWTH) Aachen Quelle: dpa

Welche Rolle spielen weiche Standortfaktoren bei der Akquise von Spitzenleuten?

Eine ganz wichtige! Wir dürfen zum Beispiel familiäre Faktoren nicht unterschätzen. In den USA kümmern sich an den Unis ganze Abteilungen um „Joint-career-problems“ und sorgen dafür, dass auch den Partnern der umworbenen Wissenschaftler, die oft selber Spitzenwissenschaftler sind, ein adäquater Job angeboten wird. In Deutschland gibt es für die Partner oft nicht viel mehr als Broschüren und warme Worte. Das ist teilweise lachhaft.

Fordern Sie ernsthaft, dass Universitäten die Partner ihrer neuen Professoren miteinstellen? Wer soll das denn bezahlen?

Ich sage es gern noch einmal: Spitzenforschung kostet Geld. Wir reden hier ja über die Besten der Besten. Die gehen nun mal dorthin, wo sie die besten beruflichen und privaten Rahmenbedingungen vorfinden. Und das ist noch nicht alles: Die gesamte Willkommenskultur eines Landes ist für die Wechsel- und Migrationsentscheidung von Spitzenforschern wichtig. Das fängt bei Berufungsverfahren an und hört bei den Angeboten zur Kinderbetreuung auf.

Und daran mangelt es in Deutschland?

Auf Amerikaner machen deutsche Hochschulen nicht selten einen provinziellen Eindruck. Bisweilen ist es hier ja bereits ein Problem, Anschreiben und E-Mails auf Englisch zu verfassen. Es ist schwierig und mit bürokratischem Aufwand verbunden, einem Kandidaten ein Mittagessen zu bezahlen, von der Erstattung der Reisekosten ganz zu schweigen. Das sind so kleine Dinge, die sich aufsummieren und den Leuten signalisieren: Hier hat man an dir kein echtes Interesse. Besonders krass sind auch die Unterschiede bei Berufungsverfahren.

Inwiefern?

In den USA läuft das so: Der Kandidat hat den ganzen Tag über Meetings mit künftigen Kollegen. Er wird richtig in die Mangel genommen, es gibt einen intensiven Diskurs und am Ende einen 90-minütigen Forschungsvortrag. In Deutschland heißt es in der Regel: Kommen Sie morgen gegen 10.30 Uhr da und da hin, sie dürfen einen Vortrag von 45 Minuten halten, danach gibt es 20 Minuten Diskussion. Man steht dann vor einer Berufungskommission, die – ich drücke es vorsichtig aus – nicht immer voll motiviert ist. Wird eine Berufungskommission gebildet, ducken sich viele weg. In den USA brennen die Leute darauf, in die Auswahlgremien zu gehen.

Woran liegt das?

Die freie Stelle, die es zu besetzen gilt, liegt in Deutschland oft in einem anderen Fachgebiet. VWL-Abteilungen sind meist relativ klein. Da gibt es sechs oder sieben Professoren – in den USA sind es 30 bis 40.

Na und? Größe ist doch nicht per se ein Qualitätsvorteil.

In Deutschland sind die Zuständigkeiten klar abgegrenzt, da gibt es vielleicht einen Makroökonomen, einen Mikroökonomen, einen Finanzwissenschaftler und einen für den Arbeitsmarkt. Das sind oft Einzelkämpfer, der befruchtende wissenschaftliche Diskurs ist schwierig. Wenn wie in den USA mehrere Makroökonomen an Bord sind, geht das einfacher. Solche Gruppenerfahrungen sind wichtig für die intellektuelle Stimulanz. US-Wissenschaftler schauen sich daher, bevor sie ins Ausland gehen, das wissenschaftliche Umfeld genau an. Sie haben keine Lust, in einem Team von sechs Personen das siebte Teilfach abzudecken, weil das gerade vakant ist.

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