Schlechte Gehälter, viele Verpflichtungen Die deutsche Uni-Landschaft ist provinziell

Rüdiger Bachmann hält die deutsche Uni-Landschaft für unterentwickelt. Der Frankfurter Ökonom erklärt, was die USA besser machen und fordert eine Radikalkur für deutsche Hochschulen.

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Rüdiger Bachmann fordert zahlreiche Veränderungen für die deutsche Hochschullandschaft, die zieht nämlich keine Spitzenwissenschaftler an Quelle: dpa

WirtschaftsWoche: Herr Bachmann, Sie haben zehn Jahre an US-Universitäten gearbeitet und kennen das amerikanische und deutsche Hochschulsystem gleichermaßen. Wo fühlen Sie sich wohler?

Rüdiger Bachmann: Das lässt sich so einfach nicht beantworten. Die Systeme sind zu verschieden.

Die Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI) kritisiert in ihrem aktuellen Jahresgutachten für die Bundesregierung, das deutsche Hochschulsystem sei speziell für Spitzenforscher nicht attraktiv genug. Würden Sie das unterschreiben?

Im Bereich der Naturwissenschaften gibt es einige Leuchttürme, auch die Max-Planck-Gesellschaft mit ihren Instituten ist ein attraktiver Arbeitgeber für Top-Wissenschaftler. Für das Gros der Universitäten gilt das trotz einiger Erfolge durch die Exzellenzinitiative nach meiner Einschätzung nicht – vor allem in der Volkswirtschaftslehre. Es gibt eine Reihe von großen und kleinen Dingen, die Deutschland für Spitzenforscher weniger attraktiv machen als etwa die USA.

Und die wären?

Der erste Punkt, ganz klar: das Gehalt. Spitzenforscher kosten Geld. Wir müssen künftig größere Gehaltsunterschiede innerhalb der Professorenschaft akzeptieren. Spitzenforschung in der Ökonomie ist – anders als etwa bei Germanistik oder Jura – ein internationaler Markt, da müssen wir Marktgehälter zahlen. Wir brauchen den Mut zu sagen: Wenn einer richtig klasse ist, soll er auch mehr Geld bekommen als Kollegen mit geringerer Reputation. In den USA kann ein aufstrebender Assistenzprofessor der Ökonomie mehr verdienen als ein ordentlicher Professor an der philosophischen Fakultät. Auch innerhalb der Disziplinen akzeptieren die Amerikaner hohe Gehaltsdifferenziale, oft um das Zwei- bis Dreifache. Das muss man nicht toll finden, sollte es aber zur Kenntnis nehmen.

Lässt das öffentliche Dienstrecht eine Lohnspreizung bei uns überhaupt zu?

Prinzipiell ja, zumindest zwischen den Disziplinen, nicht so sehr über Professorenränge hinweg. Es gibt bei den Besoldungsstufen zwar einen Deckel, der lässt sich aber durch die Landesregierung im Einzelfall nach oben verschieben.

Was verdienen Top-Ökonomen denn so?

An der Universität Michigan bringen es Spitzenreiter auf rund 300.000 Dollar im Jahr, bei privaten Hochschulen geht es dem Vernehmen nach bis auf 500.000 Dollar hoch. Der normale VWL-Professor in Deutschland liegt bei 80.000 Euro, die besseren knapp über 100.000 Euro.

Um jungen Wissenschaftlern mit herausragender Promotion einen schnellen Einstieg in die Forschung zu ermöglichen, gibt es in Deutschland die Junior-Professur. Hat sich dieses Modell bewährt?

Nein. Dieses Spezifikum des deutschen Laufbahnrechts ist komplett gescheitert. Die Junior-Professur ist eine Missgeburt, bei der man einige Elemente des US-Systems übernommen hat, andere – entscheidende – aber nicht.

Wo liegt das Problem?

In den USA bekommen Nachwuchswissenschaftler einen auf sechs bis sieben Jahre befristeten Vertrag als Assistenzprofessor. Damit verbunden ist die Zusage einer Festanstellung auf Lebenszeit bei herausragenden Leistungen. Man nennt das „tenure track“. Diese Chance gibt es bei uns viel zu wenig. Die Besoldung der Nachwuchswissenschaftler ist international nicht konkurrenzfähig. Juniorprofessoren haben zudem oft mehr Lehrverpflichtungen als früher der Habilitand.

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