Schulen Bildung gibt es nicht ohne Leistung

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Schule als Ort der Sinnstiftung

Wo die Schulen am besten sind
Schülerinnen schreiben am 28.02.2012 in einem Gymnasium in Frankfurt am Main ein Diktat Quelle: dpa
Schülerinnen und Schüler der Klassen drei und vier der Grundschule Langenfeld Quelle: dpa
SaarlandStärken: Im Saarland machen 51,9 Prozent das Abitur. Das ist über Bundesdurchschnitt und befördert das Land damit in die Spitzengruppe im Ländervergleich. Auch in puncto Integration ist das Saarland weit vorne: Nur 4,3 Prozent aller Schüler sind vom Regelschulsystem ausgeschlossen und werden in speziellen Förderschulen unterrichtet.Schwächen : Wirkliche Schwächen haben die Schulen beziehungsweise das Bildungssystem im Saarland laut dem Chancenspiegel nicht. In den einzelnen Bereichen der Kategorien Durchlässigkeit und Kompetenzförderung bewegt sich das Bundesland immer im Mittelfeld. So hat ein Kind auf einer sozial starken Familie eine dreimal höhere Chance, aufs Gymnasium zu gehen als ein Kind aus einer schwächer gestellten Familie. Das ist unschön, aber immer noch überdurchschnittlich gut. 15,9 Prozent aller Schüler in der Primar- und Sekundarstufe 1 besuchen eine Ganztagsschule (Bundesdurchschnitt: 26,9 Prozent). Ländervergleich: Untere Gruppe. Auch das Verhältnis 1:3,3 beim Wachsel der Schulform (pro Schüler, der von der Real- oder Hauptschule "aufsteigt", wechseln 3,3 Schüler vom Gymnasium auf die Realschule beziehungsweise von Real- zu Hauptschule) liegt noch unterhalb des Bundesdurchschnitts von 1:4,3. Auch im Lesen sind saarländische Schüler aud den vierten und neunten Klassen mittelmäßig. huGO-BildID: 25450255 ARCHIV - Schüler und Schülerinnen schreiben am 28.02.2012 in einem Gymnasium in Frankfurt am Main ein Diktat. Zu den Ergebnissen der Koalitionsrunde vom Wochenende gehört das Ziel, noch in dieser Wahlperiode eine Grundgesetzänderung zu erreichen, die das Kooperationsverbot von Bund und Ländern in der Bildungspolitik aufhebt. Foto: Frank Rumpenhorst dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++ Quelle: dpa
Eine behinderte Schülerin sitzt am 01.11.2011 im Gebäude einer Integrierten Gesamtschule Quelle: dpa
Constanze Angermann steht vor dem Finale des Schreibkampfes "Frankfurt schreibt! - Der große Diktatwettbewerb" vor einer Tafel Quelle: dpa
 Ein Schulkind bearbeitet Schulaufgaben Quelle: dpa
Malstunde in der deutsch-chinesischen Kita im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg Quelle: dpa

Leistungsdenken - ob in der Schule oder im Arbeitsleben - ist nicht per se unmenschlich, sondern erst wenn Leistung zum Selbstzweck erklärt wird. Der Claim der Deutschen Bank - „Leistung aus Leidenschaft“ – ist das Eingeständnis der intellektuellen und emotionalen Leere, in der heute ein großer Teil des Wirtschaftslebens stattfindet: Die Bank will uns weismachen, dass man Leistung als solche lieben kann. Doch ein Arbeitsleben, das keinen Sinn jenseits des simplen „mehr“ verheißt, produziert unweigerlich die „erschöpfte Gesellschaft“, die der Psychologe Stephan Grünewald in seinem gleichnamigen Buch diagnostiziert. Diese Erkenntnis ist mittlerweile auch in mancher Chefetage angekommen: „Die Verkürzung des  Lebens auf die Ökonomie ist eine der schlimmsten Entwicklungen der heutigen Zeit“, stellt Ex-Telekom-Vorstand Thomas Sattelberger in „Alphabet“ fest. Erstaunlich, solch ein Satz aus dem Mund eines Dax-Vorstands.

Mit einem klaren Ziel vor Augen sind Menschen zu ungeheuren Taten fähig. Wenige Tausend Bürger schufen in den kleinen Städten des mittelalterlichen Europa in jahrzehntelanger Plackerei Kathedralen, von denen sie wussten, dass frühestens ihre Enkel in ihnen beten würden können. Der Sinn der Anstrengung war der Ruhm Gottes. Längst haben Gott oder das Vaterland als große Sinngeber zumindest in der westlichen Welt ausgedient. In den Nachkriegsjahrzehnten war der Verlust der großen immateriellen Sinngeber zu verkraften, der Wiederaufbau und „Wohlstand für alle“ waren ein naheliegendes Ziel, das große Anstrengungen rechtfertigte. Doch jetzt stehen diejenigen, denen es nach dem Willen ihrer Eltern einmal besser gehen sollte, da - und sehen kein neues Ziel vor sich außer der Aussicht, immer noch mehr leisten und noch reicher werden zu müssen.   

Hier ist die Schule gefragt. Statt wie Wagenhofer und seine antiautoritären Apostel dem verlogenen Heilsversprechen einer leistungsdruckbefreiten Schule hinterherzulaufen, sollten Eltern zum Wohl ihrer Kinder von der Schule vor allem eines fordern: Angebote der Sinnstiftung für junge Menschen. Nichts anderes bedeutet Bildung. Die Schule sollte ein Ort sein, an dem Kinder bei der Entwicklung ihrer Identität und ihres Wertesystems unterstützt werden. Ein Ort, an dem sie nicht nur ökonomisch verwertbares Wissen und Fertigkeiten erlernen, sondern auch Zugang zu den bewährten Quellen der Sinngebung aus der Kulturgeschichte erhalten. Diese Quellen sprudeln nicht, wie Arno Stern und Gerald Hüther predigen, unentdeckt im Gehirn oder der Phantasie des einzelnen Kindes, sondern im kulturellen Gedächtnis der Menschheit. Kulturgüter müssen immer wieder neu erschlossen werden. Für diese anstrengende Leistung sind Lehrer mit Autorität gefragt. Lehrer, die ihre Schüler bisweilen anstacheln und Lernerfolge mit Anerkennung honorieren.

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