
Der Schülerhaushalt war ein Ausflug in die wahre Politik: Die Schüler mussten verhandeln, Kompromisse schließen und sich vor den Kommunalpolitikern rechtfertigen. Im vergangenen Sommer beschloss die Stadt Rietberg im Kreis Gütersloh rund 7.000 Euro in die Hände der Schüler zu legen. Kurz darauf, im Herbst, startete das Projekt und die Schüler machten die ersten Vorschläge. Anschließend wurde darüber unter den Schülern debattiert und anschließend entschieden welche Punkte zur Abstimmung gestellt werden. Im November folgte die Wahl unter den 2.600 Schülern der vier teilnehmenden Schulen und fast alle machten mit. Die Wahlbeteiligung lag bei rund 90%.





Die Ergebnisse wurden anschießend dem Kommunalrat vorgestellt. Die 7.000 Euro sollen für neue Schließfächer, Getränkeautomaten, Boxsäcke, neue Tische und Stühle, Schul-T-Shirts, Hängematten, Chillräume, Whiteboards und die Schülerzeitung ausgegeben werden. Laura Bahlke, stellte als Schülervertreterin die Wahlergebnisse ihrer Mitschüler vor: "Einige Vorschläge mögen verwundern aber wir verbringen in der Schule die meiste Zeit - und da möchten wir uns auch wohlfühlen". Doch die Schüler sollten dabei auch was lernen. Rietbergs Bürgermeister, Andreas Sunder, sagte nach der Präsentation: "Der Schülerhaushalt ist für mich Demokratie erleben pur".
Doch ganz so selbstbestimmt waren die Schüler dann doch nicht: Freies W-Lan zum Beispiel war ein häufig genannter Wunsch der Schüler. Doch dieser Punkt wurde im Vorfeld von der Schulkonferenz abgelehnt - aus rechtlichen Fragen und aus Angst vor möglichen Missbrauch.
Die Idee kam von der Gütersloher Bertelsmann Stiftung, die das Projekt bis zum Treffen mit den Kommunalpolitikern begleiteten. Vorbild war der Bürgerhaushalt der brasilianischen Stadt Recife. Auch dort durften die Schüler über einen Teil der städtischen Gelder entscheiden. Die Stiftung will die Erfahrungen nun auswerten und anderen Kommunen in Form eines Handbuches anbieten. Die niedersächsische Stadt Wennigsen ist die nächste Stadt, die das Experiment Schülerhaushalt wagt. Angesichts der guten Ergebnisse hofft die Stiftung nun auf eine bundesweite Verbreitung.