




In Deutschland studieren 53 Prozent eines Jahrganges, wie der gestern veröffentlichte OECD-Bildungsbericht zeigte. Im OECD-Schnitt sind es 60 Prozent. Nun liefert das Statistische Bundesamt weitere Zahlen, die das deutsche Bildungsbürgertum freuen dürften: Die Zahl der Studierenden in Deutschland ist im laufenden Wintersemester auf einen Rekord von fast 2,8 Millionen gestiegen. Das waren noch einmal 2,2 Prozent oder gut 60.000 Studenten mehr als vor einem Jahr. Der Präsident der Hochschulrektorenkonferenz (HRK), Horst Hippler, sprach von einer "permanenten Hochleistung für die Bildung in Deutschland"
Ebenfalls Grund zur Freude bietet die Tendenz der Erstsemester hin zum Fach Informatik. Zwar gebe es nur wenig konkrete Ergebnisse, aber im Jahresvergleich hätten sich mehr Studienanfänger für Informatik eingeschrieben. Hipp hipp Hurra, könnte man meinen.
Doch all denen, die nun vor der Überakademisierung warnen, sei gesagt, dass nur 36 Prozent der deutschen Studenten ihr Studium auch abschließen.
Studienanfänger contra Studienabbrecher: In welchen Ländern die meisten Studenten durchhalten
Im Durchschnitt aller OECD-Länder beginnen 67 Prozent aller jungen Menschen im Laufe ihres Lebens ein Studium an, gehen auf eine Meisterschule oder eine andere höhere Berufsbildungseinrichtung. 50 Prozent der jungen MEnschen in den OECD-Ländern schließen dies auch ab.
Quelle: OECD-Bildungsbericht
Spitzenreiter ist Australien: Hier ziehen 74 Prozent ihr Studium oder ihre Meisterschule auch bis zum Abschluss durch.
In Neuseeland beginnen 92 Prozent eines Jahrgangs ein Hochschulstudium.72 Prozent schließen das Studium auch ab.
71 Prozent der jungen Japaner beenden ihr Studium auch.
In Dänemark fangen 87 Prozent eines Jahrgangs ien Studium an, 62 Prozent bringen es zu Ende.
In Slowenien gehen 74 Prozent der jungen Leute an die Uni, 58 Prozent verlassen sie mit einem entsprechenden Zeugnis.
Auch in Lettland verlassen 58 Prozent der Studenten die Uni mit einem abgeschlossenen Studium.
In den USA schließen 54 Prozent der Studenten ihr Studium auch ab.
53 Prozent derer, die ein Studium begonnen haben, ziehen es auch bis zum Ende durch.
Hier gehen 52 Prozent mit einem Bachelor oder Master von der Uni ab.
In Chile beginnen 89 Prozent der jungen Leute ein Hochschulstudium oder eine Meisterausbildung, 52 Prozent schaffen es letztlich auch.
Nur 55 Prozent der jungen Finnen studieren. Von ihnen beenden 49 Prozent das Studium auch.
76 Prozent der jungen Schweizer gehen an eine Uni, nur 48 Prozent davon schließen das Studium auch ab.
In Großbritannien zieht es 58 Prozent eines Jahrgangs an die Unis und Fachhochschulen, 47 Prozent machen einen entsprechenden Abschluss.
Auch in der Türkei schließen 47 Prozent der jungen MEnschen das Studium ab.
In Tschechien beenden 46 Prozent ihre Unilaufbahn mit einem Zeugnis.
60 Prozent der jungen Slowaken studieren. Den Abschluss machen jedoch nur 45 Prozent der Studenten.
Die Abschlussquote in den Niederlanden und in Norwegen beträgt ebenfalls je 45 Prozent. In beiden Ländern verlassen also 55 Prozent der Studenten die Uni ohne einen Abschluss.
In Portugal gehen zwar 63 Prozent eines Jahrgangs auf eine Universität, dohc nur 43 Prozent der Studenten schließen ihr Studium auch ab.
In Schweden verlassen sogar nur 41 Prozent der Studenten die Uni oder FH mit einem entsprechenden Zeugnis.
Zählt man die jungen Menschen ohne deutsche Staatsbürgerschaft mit, beginnen in Deutschland 59 Prozent eines Jahrgangs ein Studium oder gehen auf eine Meisterschule. Doch nur 36 Prozent machen auch einen Abschluss.
In Italien schaffen nur 34 Prozent der Studenten auch einen Abschluss.
Luxemburg ist sowohl bei der Anzahl der Studenten als auch bei den Absolventen Schlusslicht: Nur 19 Prozent eines Jahrgangs beginnen dort ein Hochschulstudium oder vergleichbares. Und nur 16 Prozent schließen das Studium auch ab.
Viel gelernt, aber nichts für die Praxis
Nur: Die, die ihr Studium beenden, fühlen sich dadurch nicht auf den Beruf vorbereitet, wie die Umfrage "unicensus kompakt" des Personaldienstleisters univativ unter mehr als 1000 Studenten und Studentinnen ergab. Kaum einer fühlt sich durch das Studium allein ausreichend qualifiziert, so das Ergebnis. 90 Prozent der Studenten setzen auf Praxiserfahrung und Weiterbildung, um auf den Start im Job optimal vorbereitet zu sein. Nur eine Minderheit von 16 Prozent der Befragten sieht das Studium als beste Vorbereitung für das spätere Berufsleben.
Das bedeutet allerdings nicht, dass Studenten ihrer Uni per se ein schlechtes Zeugnis ausstellen: 60 Prozent fühlen sich durch ihr Studium sehr gut beziehungsweise gut auf die zukünftig relevanten Themen ihres Fachbereichs vorbereitet. Nur auf die tatsächliche Anwendung werde man nicht vorbereitet. "Wir beobachten, dass sich Studenten bereits bei Nebenjobs mit Anforderungen konfrontiert sehen, die sie nicht allein durch Studienwissen erfüllen können", sagt Olaf Kempin, Co-Geschäftsführer von univativ.
Denn auch bei Berufseinsteigern erwarten Arbeitgeber Fremdsprachenkenntnisse, Soft Skills - und Praxiserfahrung. Nur auswendig gelerntes Wissen hilft im Job nicht weiter. "Die universitäre Lehre in Deutschland ist sehr gut. Doch akademisches Fachwissen reicht nicht aus, um im Arbeitsleben zu bestehen", bestätigt Kempin.
Deshalb schwören Studenten auf Praktika: 51 Prozent wollen dadurch fit für den Beruf werden, weitere 42 Prozent hoffen auf den qualifizierenden Erfolg eines Nebenjobs mit Studienfachbezug. Aber auch theoretisches Zusatzwissen ist gefragt: Jeder Fünfte nimmt Angebote von Hochschulen wahr, die nicht Teil des Studiengangs sind. 18 Prozent der Befragten eignen sich relevantes Wissen im Selbststudium an.
56 Prozent versuchen es allgemein mit Weiterbildungsangeboten wie Kurse, Workshops oder Barcamps. Hauptmotivation ist dabei die Verbesserung der eigenen Employability. 30 Prozent wollen sich durch Zusatzqualifikationen von anderen Bewerbern abheben. 17 Prozent der Studenten bereiten sich sogar schon ganz gezielt auf das Anforderungsprofil eines potenziellen Arbeitgebers vor. Dumm nur, wenn der einen dann nicht anstellt.