Studienplatz-Vergabe Länder wollen Verteilsystem breiter aufstellen

Die Vergabe attraktiver NC-Studienplätze sorgt vor jedem Semester für Ärger. Das aktuelle Online-Verfahren läuft immer noch nicht rund. Die Länder wollen das System breiter aufstellen - und die Hochschulen auch ein wenig zu ihrem Glück zwingen.

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Sprüche, die Studenten nicht mehr hören können
Studenten und das frühe Aufstehen passt für viele nicht zusammen - vielleicht auch, weil sie es aus ihrer Studienzeit so kennen. Heute können Studenten Sprüche wie "Studenten stehen ja schon um sieben Uhr auf - weil um acht die Geschäfte zumachen" nicht mehr hören. Auch Fragen um die Mittagszeit von besorgten Familienmitglieder wie "Oh, habe ich dich etwa wach gemacht? Studenten von heute schlafen ja immer so lang" sorgen nicht gerade für gute Laune bei Studierenden, deren Vorlesungen mittlerweile häufig morgens um acht Uhr oder noch früher beginnen und zu denen sie auch erscheinen müssen... Quelle: Fotolia
Nicht nur das lange Schlafen wird von Älteren oder Nicht-Akademikern häufig angeführt, um das Leben von Studenten zu verherrlichen. Ein anderer Vorwurf trifft viele Studierende noch deutlich härter als dass sie zu lange schlafen würden: "Studenten haben ja keine Ahnung, was es bedeutet zu arbeiten." Passend dazu auch: "Du weißt auch nicht, was Stress ist." Oder besonders direkt: "Studenten sind doch faul." Quelle: dpa
Es mag manche überraschen, aber nur weil jemand ein Fach studiert, das viele auch in der Schule belegt haben, heißt das noch lange nicht, dass derjenige auch Lehrer werden möchte. Wer Geschichte, Mathematik, Englisch oder ähnliche Studiengänge im Studentenausweis stehen hat, kennt "Auf Lehramt?" bestimmt - und hasst es. Alternativ: "Ach, dann willst du Lehrerin werden?" Für "normale" Bachelor- und Masterstudenten ein Alptraum - und eine der häufigsten Fragen überhaupt. Quelle: dpa
Übrigens die häufigste Nachfrage, wenn der Lehramtsspruch überstanden ist: "Und was macht man dann damit?" Alternative Formulierungen, die den Studiengang noch stärker in Frage stellen sind etwa "Ist so ein Studium überhaupt notwendig?" oder gleich ohne Fragestellung: "Dein Studium hat ja gar nichts mit der Realität zu tun." Wer mit Studenten nett im Gespräch bleiben will, Finger weg von solchen Aussagen! Quelle: dpa
Überfüllter Hörsaal Quelle: dapd
Passend zur Kritik an der mangelnden Arbeitsmoral verabscheuen Studenten einen weiteren allseits beliebten Spruch: "Es muss ja auch Arbeiter geben!" Wie ein Vorwurf fühlen sich Studenten dann häufig in der Situation als müssten sie rechtfertigen, warum sie den akademischen Weg gewählt haben. Erweitert wird er häufig durch Fragen wie "Wenn heute alle studieren, wer repariert dann die Rohre und wer holt den Müll ab?!" Übrigens ein weiterer Spruch, den Familienmitglieder gerne nutzen: "Dein kleiner Bruder hat ja schon eine feste Stelle! Hättest du mal eine Ausbildung gemacht!" Quelle: dpa
"Das Sekretariat ist mittwochs zwischen 10 und 12 geöffnet." Ähnliche Sätze kennen Studenten vom Prüfungsamt, Beratungsbüros oder Sprechstunden bei Dozenten und Professoren. Bei Beschwerde folgt darauf gerne der Hinweis: "Studenten haben doch alle Zeit der Welt" oder "Studenten können sich ihre Zeit frei einteilen." Die Anwesenheitspflicht bei gleichzeitig stattfindenden Seminaren wird dabei häufig vergessen. Quelle: dpa

Das seit Jahren holprige Verteilsystem für begehrte Studienplätze mit Numerus-Clausus-Schranke (NC) soll besser werden. Wie das Magazin des Deutschen Studentenwerks („DSW-Journal“) in seiner neuen Ausgabe berichtet, haben die zuständigen 16 Bundesländer deshalb auf Ministerpräsidentenebene einen neuen Staatsvertrag für das umstrittene „hochschulstart“-Verfahren beschlossen. Diese Vereinbarung zum Nachfolger der Zentralen Vergabestelle für Studienplätze (ZVS) solle zum Wintersemester 2018/2019 greifen, müsse aber noch von allen Ländern förmlich ratifiziert werden.

Den Länder-Plänen zufolge werden künftig auch besonders gravierende Mangelfächer - vor allem Human-, Zahn- und Tiermedizin sowie Pharmazie - in die Online-Studienplatzbörse des „Dialogorientierten Serviceverfahrens“ (DoSV) integriert. In diesen NC-Fächern gilt bisher die alte Vergabepraxis, die sich an Abitur-Durchschnittsnoten und Wartezeiten orientiert.

Erhofft werde ein Schub, damit die Hochschulen ihre NC-Studienplätze demnächst ganz überwiegend mit Hilfe des dafür eigens entwickelten Bewerbungssystems „hochschulstart.de“ der Stiftung für Hochschulzulassung verteilen.

Studium in Italien erstaunlich teuer
EnglandEnglische Universitäten sind am teuersten. Bis zu 11.500 Euro müssen Studierende pro Studienjahr zahlen. Bislang mussten Studierende in England, Wales und Nordirland für einen grundständigen Bachelor-Studiengang jährlich maximal 4200 Euro bezahlen. Ab 2012 können zwischen etwa 7.500 und 11.200 Euro verlangt werden. Ein nationales Stipendienprogramm soll vor allem Studierende mit wenig Einkommen unterstützen. Grundsätzlich erhalten Studierende in England - wie in Deutschland - ein Darlehen, das es ihnen ermöglicht die Gebühren zu zahlen. Zurückzahlen müssen sie sie erst, wenn sie eine relativ gut bezahlte Stelle gefunden haben. Quelle: REUTERS
LiechtensteinVor idyllischer Kulisse ist das Studium in Liechtenstein eines der teuersten in Europa. Pro Jahr müssen alle Studierenden aus dem In- und Ausland etwa 1240 Euro pro Jahr bezahlen. Die staatliche Hilfe beträgt maximal 20.700 Euro, von denen 40 bis 60 Prozent Zuschüsse sind, der Rest Darlehen. Quelle: gms
Universität Bologna Quelle: Creative Commons-Lizenz
Universitätsbibliothek Sofia Quelle: dpa
Firmenschild der Universität Sorbonne Quelle: Presse
PortugalDie Gebühren für das Bachelor-und das Masterstudium sind weitestgehend gleich und liegen bei mindestens 631 Euro und maximal bei 999,71 Euro. Die Höhe wird jedes Jahr vom Bildungsministerium bestimmt und wird unter anderem von der Inflation beeinflusst. Stipendien können auf Basis des Nutzens und der Leistung berechnet werden. Das Begabtenstipendium beträgt 2425 Euro. Quelle: dapd
Universität Sofia Quelle: dpa

Hintergrund des Reformvorstoßes: Gerade mal 103 von 177 staatlichen Hochschulen (knapp 60 Prozent), die NC-beschränkte Bachelor-Studiengänge anbieten, beteiligten sich zum jetzt beginnenden Wintersemester am internetbasierten DoSV. Zwei Jahre davor waren es erst 89, voriges Jahr dann 100. Am Ende blieben im Wintersemester 2015/16 von 252.000 Bachelor-Plätzen mit örtlichem NC mehr als 11 500 unbesetzt. Das entsprach einer Quote von 4,6 Prozent - zudem ist von einer hohen Dunkelziffer die Rede.

Die Kritik am DoSV konzentriert sich auf zwei Mängel: zum einen die zögerliche Teilnahme staatlicher Hochschulen an der Datenbank - zum anderen Mehrfachbewerbungen von Studienberechtigten, die so letztlich begehrte Plätze blockieren. Das finanziell am Aufbau des DoSV beteiligte Bundesbildungsministerium musste im April einräumen, das System werde noch bis 2018 nur unzureichend funktionieren. Die Kultusministerkonferenz der 16 Länder (KMK) bewertet die aktuelle Situation des Verfahrens als „nicht zufriedenstellend“.

Das sind die reichsten US-Universitäten
University of Pennsylvania Quelle: AP
University of Michigan Chemiegebäude Quelle: Pentawing CC Attribution-Share Alike 3.0 Unported
Eingangsbogen zur Northwestern University Evanston Quelle: RdSmith4 CC Attribution-Share Alike 2.5 Generic
Campus der der Texas A&M Quelle: Aggie0083 CC Attribution-Share Alike 3.0 Unported
MIT-Gebäude
Princeton University Quelle: dpa
Campus der Stanford University Quelle: REUTERS

Auch der neue Staatsvertrag setzt dem Magazinbericht zufolge bei der Teilnahme der Hochschulen zunächst auf Freiwilligkeit. Nur in den sechs Ländern Berlin, Bremen, Hamburg, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Thüringen seien inzwischen alle Hochschulen mit NC-Fächern an das DoSV-System angebunden. Vor diesem Wintersemester galt für vier von zehn Studiengängen ein NC, wie das Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) ermittelte. Die höchsten Anteile hatten Hamburg (72,3 Prozent), Bremen (60,8) und das Saarland (60,2).

Für die Linke im Bundestag kritisierte Hochschulexpertin Nicole Gohlke: „Auch im neuen Staatsvertrag verzichten die Kultusminister darauf, alle Hochschulen zur Beteiligung an dem zentralen Vergabesystem zu verpflichten und ihre NC-Kontingente vollständig einzuspeisen. Die Verantwortlichen in Bund und Ländern nehmen bürokratisches Chaos und unbesetzte Studienplätze bewusst in Kauf.“ Grünen-Experte Kai Gehring nannte es „ein krasses Versäumnis“, dass Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) „dieses Armutszeugnis für den Technologiestandort Deutschland nicht behoben hat: mit bundeseinheitlichen Regeln für die Hochschulzulassung und deutlich mehr Studienplätzen“.

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