Studium bei der Bundeswehr Was lernen Soldaten an der Universität der Bundeswehr?

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Topmanager mit Bundeswehrvergangenheit

Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen muss sich von ihrer Truppe gerade Ähnliches anhören. Nach ihrer öffentlichen Kritik dauerte es nicht lange, bis Vertreter der Bundeswehr mit dem Hinweis konterten, dass Führung eben immer oben anfange. Von der Leyen sei immerhin schon dreieinhalb Jahre im Amt – das sei doch genug Zeit, Maßnahmen gegen die von ihr diagnostizierten Schwächen zu ergreifen.

Zwischen Theorie und Praxis liegt bisweilen eine große Lücke. Die Ausbildung der Offiziere soll diese eigentlich schließen. Tatsächlich jedoch verlassen die meisten von Sackmanns Studierenden die Bundeswehr nach Erfüllung ihrer 13-jährigen Verpflichtung und gehen in die Wirtschaft.

Dort sind ihre Qualitäten gefragt. „Offiziere sind gut darin, Aufgaben klar zu strukturieren und hohe Komplexitäten aufzulösen“, sagt Michael Ensser, Deutschlandchef der Personalberatung Egon Zehnder.

Wer die Offizierslaufbahn einschlägt, lernt, Entscheidungen zu treffen, Teams zu leiten und Projekte zu koordinieren. Das bestätigt auch Klaus Hansen. Er ist inzwischen Partner bei der Personalberatung Odgers Berndtson, in seiner ersten Karriere war er Offizier. „Führung ist bei der Bundeswehr ein Fach, das richtig gelehrt wird“, sagt Hansen. Das half ihm zum Beispiel, als er mitten in der Finanzkrise zum Managing Partner ernannt wurde. Damals stand Kurzarbeit zur Diskussion, die Angestellten waren verunsichert. „In solchen Situationen müssen die Mitarbeiter das Gefühl haben, dass sie geführt werden“, sagt Hansen. Er lief damals von Büro zu Büro und machte deutlich, dass die Situation ernst, aber nicht ausweglos ist. „Das lernt man bei der Bundeswehr: in unruhigen Zeiten einen kühlen Kopf bewahren“, sagt er.

Diese Manager haben gedient
Josef Ackermann Quelle: dapd
Stephan Winkelmann Quelle: REUTERS
Hartmut Mehdorn Quelle: dpa
Thomas Enders Quelle: REUTERS
Alan Lafley Quelle: REUTERS
Björn Gornik Quelle: Nils Hendrik Müller für WirtschaftsWoche
Stefan Schwille Quelle: Klaus Weddig für WirtschaftsWoche

Diese Stärke beobachtet Janina Prinz bei ihren militärischen Kommilitonen ebenfalls: „Wenn wir mal wieder Prüfungspanik haben, sind die gelassener.“ Offiziersanwärter Clemens Makagon nickt. „Ich frage mich immer erst: Ist irgendwer gestorben? Nein, dann wird schon alles wieder gut.“

Da wundert es kaum, dass einige Topmanager auf eine Bundeswehrvergangenheit zurückblicken. Airbus-CEO Tom Enders war Fallschirmjäger. Der Exchef der Bundesagentur für Arbeit und des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, Frank-Jürgen Weise, Offizier. Doch die veränderte Arbeitswelt stellt die Absolventen vor neue Herausforderungen. „Offiziere entstammen einem stark hierarchischen Umfeld“, sagt Headhunter Ensser. „Das kann beim Wechsel zum Problem werden.“ Heute kommt es nun mal darauf an, Menschen für sich zu gewinnen. Striktes Durchregieren passt nicht mehr in eine Zeit flacher Hierarchien. Darauf muss die Bundeswehr reagieren. Vor Kurzem eröffnete Ursula von der Leyen auf dem Campus das neue Forschungszentrum für IT-Sicherheit. „Wir sind eine digitale Großorganisation“, sagte sie. Vielleicht ist das eine Maßnahme gegen das Führungsproblem der Armee: mit Nerds und Start-up-Atmosphäre für mehr Widerspruch und Gedankenvielfalt zu sorgen.



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