Studium Jura-Repetitorien sind extrem teuer – aber lohnen sie sich auch?

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Ein gutes Geschäft

Etwa 1000 Studenten unterrichtet Kuglin pro Jahr und macht damit einen Umsatz von 2 Millionen Euro. Harald Langels, geschäftsführender Gesellschafter des Repetitoriums „Abels und Langels“, bietet ausschließlich Privatunterricht an. Eine Stunde kostet zwischen 200 und 300 Euro. Mit seinen Einnahmen macht er ein gutes Geschäft. Selbst wenn er an fünf Tagen in der Woche nur eine Stunde pro Tag arbeitet, macht er einen Umsatz von 1500 Euro pro Woche, 6300 Euro pro Monat und gut 75.000 Euro pro Jahr. Unterrichtet wird zu Hause, Angestellte beschäftigt er nicht. „Das Repetitorium ist eine Dienstleistung wie jede andere. Und die kostet Geld“, erklärt er. 

So viel, dass mancher Student die entscheidende Binsenweisheit vergisst: Lernen muss am Ende jeder selbst. Repetitor Kuglin sagt: „Ein gutes Examen kostet Blut, Schweiß und Tränen, da zitiere ich gerne Churchill.“ 100 Probeklausuren empfehlen einige Professoren ihren Studenten, um gut auf die Prüfungen vorbereitet zu sein. Von Bültzingslöwen hatte mit weniger Aufwand Erfolg. „Ich habe stark darauf geachtet, was bei mir gut funktioniert.“ Mit Videos konnte sie besonders gut lernen. Durch Kurse bei „Jura Intensiv“ hat sie ihre Vorbereitung ergänzt. „Schön fand ich, dass wir als Gruppe zusammengewachsen sind. Wir waren eine Schicksalsgemeinschaft“, berichtet sie.

Viele Studenten überlegen, noch länger zu studieren, statt sich auf dem Arbeitsmarkt zu versuchen. Denn der Master entscheidet über Gehalt und Beförderungen. Auch der Bachelor bringt Vorteile, selbst in der Coronakrise.
von Nina Jerzy

Was können Unis tun, um attraktiver zu werden?

Langels hält den Gegensatz von universitärer Examensvorbereitung und privatem Repetitorium für falsch. Vielmehr sei eine Kombination der richtige Weg. „Es gibt auf beiden Seiten hervorragende Leute. Als Student würde ich lieber zu einem erstklassigen Professor als zu einem zweitklassigen Repetitor gehen. Nur verkaufen sich viele Universitäten unter Wert.“ Sie sollten zwar an der Systematik arbeiten, Jura verständlich zu erklären. Doch viel wichtiger sei das eigene Marketing. Dann würden mehr Studenten an den Vorbereitungskursen der Uni teilnehmen. Gounalakis sieht den Fehler im eigenen System. Die Universitäten sollten das Recht zurückbekommen, das Examen selbst abzunehmen. Denn dann müssten die Studenten in die Uni kommen, um zu erfahren, was in der Prüfung abgefragt wird.

Einige Studierende haben gar nicht die Wahl zwischen kommerziellem und universitärem Repetitorium. Durch die hohen Preise haben Jura-Studenten aus gutem Hause einen enormen Wettbewerbsvorteil gegenüber denen, die währenddessen kellnern gehen müssen. Einige nehmen extra einen Kredit auf, um die Kosten zu stemmen. „Für echte Chancengleichheit ist es wichtig, dass die Unis eine professionelle, kostenlose Alternative zu den kommerziellen Reps anbieten. Solange die Kommerziellen eine individuellere Betreuung ermöglichen und mehr Material zur Verfügung stellen, ist benachteiligt, wer sich das nicht leisten kann,“ erklärt von Bültzingslöwen.

Welche Initiativen gibt es?


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Die Gründer der Initiative „JurExit“ setzen sich für den Ausbau der universitären Repetitorien ein. Auch ohne die Hilfe privater Lehrer sollten die Studenten umfänglich auf die Staatsprüfung vorbereitet sein. Gleichzeitig stellen sie Lernpläne und Materialien zur Verfügung und vermitteln Lerngruppen. „Examen ohne Rep heißt, Verantwortung zu übernehmen“, erklärt von Bültzingslöwen. Wer sich partout nicht zum Lernen aufraffen könne, tue das vielleicht eher mit sozialem Druck. Diesen Druck könne auch eine JurExit-Lerngruppe vermitteln. „Man sollte sich fragen, wo die eigenen Stärken und Schwächen liegen und daran gemeinsam mit den Kommilitonen arbeiten.“

Mehr zum Thema: Die Ausbildung für Juristen ist seit Jahrhunderten gleich geblieben

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