




Konzentriert blickt Lilli Bösche auf ihren Bildschirm. In einer Tabelle tippt sie Zahlen ein, die die anderen Studenten im Raum laut aufsagen. Sie ist als letzte an der Reihe. Mit fester Stimme liest sie die Daten vor. Statistik - absolutes Neuland für die 24-Jährige. „Mir qualmt der Kopf. Ich bin das lange Sitzen gar nicht mehr gewohnt“, sagt sie nach dem Seminar. Dass sie eigentlich gar nicht in den Kurs gehört, fällt trotzdem kaum auf. An diesem Tag darf sie sich an der Hochschule in Bremen wie eine richtige Studentin fühlen. Möglich macht das das Projekt „Rent a Student“, was übersetzt so viel wie „Miet Dir einen Studenten“ heißt.
Wer sich für ein Studium interessiert, kann einen Studenten buchen, der einen über den Campus führt, in Vorlesungen begleitet oder mit in die Mensa nimmt. Bezahlen muss man für diesen Service allerdings nicht - auch wenn der Name des Projekts etwas anderes suggeriert.
Die populärsten Bildungsfonds und Studienkredite
92,3 Prozent der abgeschlossenen Verträge 2011 gehen auf das Konto staatlicher Anbieter wie die KfW (KfW-Studienkredit), das Bundesverwaltungsamt (Bildungskredit) und die Studienbeitragsdarlehensangebote in Niedersachsen und Bayern.
*Quelle CHE-Studienkredit-Test 2012
4,1 % der Vertragsabschlüsse 2011 entfielen auf die – meist zinslosen – Abschlussdarlehen der Studentenwerke.
Nur 3,6 % der Vertragsabschlüsse 2011 wurden von den übrigen nichtstaatlichen Anbietern verbucht (bundesweite Banken, lokale Sparkassen und Volks-/Raiffeisenbanken, Bildungsfonds).
Mehrere tausend Studiengänge stehen in Deutschland zur Auswahl. Gar nicht so leicht, darunter den richtigen zu finden. Nach dem jüngsten Bildungsbericht brachen 35 Prozent der Studenten im Jahr 2010 an Universitäten ihr Studium ab, an Fachhochschulen waren es 19 Prozent. „Die Gründe sind immer die gleichen“, sagt Achim Meyer auf der Heyde, Generalsekretär des Deutschen Studentenwerks. Finanzielle Probleme, die persönliche Situation und Enttäuschung, weil das Studium anders ist als erhofft. „Seit der Bologna-Reform ist die Studienberatung an den Unis zwar verpflichtend. Aber das schützt nicht vor falschen Erwartungen“, meint der Experte.
Genau da setzt „Rent a Student“ an.

Auch Lilli Bösche hat sich ausführlich bei der Studienberatung informiert. Trotzdem ist sie unsicher. Zurzeit arbeitet sie als Heilerzieherin. Soll sie wirklich ihren guten Job und das geregelte Einkommen aufgeben, um Pflege- und Gesundheitsmanagement zu studieren? „Ich möchte nicht irgendwas anfangen, was mir nicht gefällt“, sagt die junge Frau. Da hilft nur echte Campusluft schnuppern.
Am Morgen hat sich Bösche bereits mit Lisa Reese getroffen. Erst ging es zusammen in eine Vorlesung, dann ins Statistik-Seminar. Gleich wollen die beiden noch in der Mensa essen. Doch vorher hat Bösche noch einige Fragen: Wie läuft das eigentlich mit dem Anmeldeverfahren? Und wie sind die Studienbedingungen an der Hochschule? Reese nimmt sich viel Zeit für die Antworten und gibt noch ein paar Tipps.
Tipps für die Studienplatzsuche in letzter Minute
Auf www.freie-studienplaetze.de informiert die Stiftung für Hochschulzulassung über Hochschulen, in denen es wenige Wochen vor Semesterbeginn noch freie Studienplätze gibt.
Manche Hochschulen bieten – wenn in einem Jahr zu wenig Anmeldungen eingegangen sind – Nachrück-Programme an. Dafür müssen Sie sich ganz normal bewerben und oft auch einen Eignungstest bestehen. Aber die Aussichten sind gut.
Wenn das Studium für Sie ohnehin nur ein schneller Weg in den Beruf in der Wirtschaft sein soll, könnte ein duales Studium mit fest integrierten Praxisblöcken eine Alternative sein. Dazu brauchen Sie in der Regel nur den Platz beim Ausbildungsbetrieb, der Studienplatz ist dann gesichert. Es gibt Unternehmen, die auch in den letzten Wochen noch Bewerber als duale Studenten nehmen.
Ein Studium im Ausland kann eine Option sein, denn in einigen Ländern sind deutsche Studenten auch noch kurz vor Semesterbeginn willkommen. Möglicherweise höhere Kosten und natürlich die die Sprachbarriere müssen Sie in Kauf nehmen.
Sie studiert im zweiten Semester, es ist jedoch nicht ihr erstes Studium. Direkt nach dem Abitur schrieb sie sich für Kunst und Literatur ein. „Das Studium habe ich aber ziemlich schnell wieder abgebrochen“, berichtet die 28-Jährige. Den Uni-Alltag hatte sie sich ganz anders vorgestellt. Außerdem fühlte sich davon überfordert, viel mehr Eigeninitiative als in der Schule zeigen zu müssen.
Viele junge Leute trauen sich deshalb ein Studium nicht zu. „Sie haben Angst, den Anforderungen nicht gerecht zu werden“, sagt Beate Blank, die das Projekt „Rent a Student“ koordiniert. Der Schnuppertag auf dem Campus hat Lilli Bösche auf jeden Fall geholfen. „Das hat mir die Angst genommen“, sagt sie. „Ich weiß jetzt, dass ich wirklich studieren will.“ Im Herbst soll es losgehen.