Studium Wie digitales Lernen Hochschulen effizienter macht

Digitales Lernen Quelle: Fotolia

Die Digitalisierung hat zwar viele Unternehmen, aber längst nicht die Lehre an allen Hochschulen erreicht. Dabei können Studenten mit digitalen Methoden Inhalte lernen, statt vor allem mitzuschreiben.

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Monika Gehde-Trapp möchte nicht auf Youtube zu sehen sein. „Wer weiß, was dann mit meinen Inhalten gemacht wird?“, sagt sie. Die Professorin für Risikomanagement an der Universität Hohenheim ist alles andere als ein Feind der Digitalisierung. Sie filmt ihre Vorlesungen, dreht Erklärvideos und lädt sie auf einer Videoplattform der Universität hoch. „So weiß ich, dass meine Studierenden die Videos sehen können und ich trotzdem das letzte Wort darüber habe, was mit den Videos gemacht wird“, sagt sie.

Dass Dozenten überhaupt mit Videos arbeiten und Universitäten eigene Videoplattformen zur Verfügung stellen, ist selten. Zur Unternehmenswelt gehören Digitalstrategien wie Windräder zur Energiewende. Doch in den deutschen Universitäten und Hochschulen scheint das noch nicht angekommen zu sein. Lediglich 25 Prozent der Hochschulen haben eine Strategie für die Digitalisierung. Das hat die jüngste Branchenstudie des Marktforschungsunternehmens IDC ergeben. Damit versäumen die Lehrinstitute die Chance, den Anforderungen der Studenten gerecht zu werden und sie auf den Arbeitsmarkt der Zukunft vorzubereiten.

Arbeitgeber erwarten von Berufseinsteigern, agil und effizient arbeiten zu können, Eigeninitiative zu zeigen und Probleme selbstständig lösen zu können. Das hat der StepStone-Report „Berufseinsteiger im Fokus“ ergeben. „Diese Kompetenzen können die Studierenden nicht allein durch Frontalunterricht erlernen“, sagt Gehde-Trapp. Ihr ist wichtig, dass die Zeit, die die Studierenden in der Hochschule verbringen, für Diskussionen oder gemeinsame Projekte genutzt wird. „Nur durch den Austausch können sie Kompetenzen erwerben“, sagt sie. Diskutieren können Studenten aber nur, wenn alle den gleichen Wissensstand haben.

Das klingt so, als müssten Gehde-Trapps Studenten vor der Vorlesung Bücher wälzen, um alle Informationen bereits zu kennen und in der Vorlesung Zeit zum Austauschen zu haben.  Doch so ist es nicht. Gehde-Trapp lädt ihre Vorlesungsunterlagen in eine Cloud hoch. Vor der Vorlesung die reinen Informationen, nach der Vorlesung Skizzen und Modelle, die die Studenten mit ihr gemeinsam erarbeitet haben. Gibt es einmal Inhalte, die mit Bildern oder Dokumenten nicht erklärt werden können, lädt sie ein Video hoch. „Vorher habe ich mehr Zeit darauf verwenden müssen, Dinge zum wiederholten Mal zu erklären“, sagt sie. „Seitdem ich meine Vorlesungen zum Teil filme, kann jeder Studierende sie noch einmal ansehen und zwar in seinem Tempo.“

Eine Kompetenz, die sie ihren Studierenden vermitteln möchte ist, Daten zu analysieren und aus diesen Analysen Schlüsse zu ziehen. Wie die Software installiert wird, wie verschiedene Arten von Analysen funktionieren und was die Ergebnisse aussagen, erklärt sie in einem Video in der Cloud. „So kann ich die Präsenzzeit nutzen, um über finanzwirtschaftliche Themen zu sprechen und kann trotzdem auf die unterschiedlichen Vorerfahrungen eingehen“, sagt die Professorin.

Das sind Deutschlands beste Unis
Das RankingFast 19.000 Studiengänge an knapp 400 Hochschulen gibt es in Deutschland. Bei so viel Auswahl tauchen schnell Fragen auf: Welche Uni oder Fachhochschule ist die beste? Welche verschafft mir den besten Start in die Karriere? Orientierung bietet dabei das exklusive Hochschulranking der WirtschaftsWoche. Mehr als 500 Personalverantwortliche fragte der Personaldienstleister Universum Global danach, von welchen Universitäten sie in verschiedenen Fächern am liebsten Absolventen rekrutieren. Die Top-Unis in den Bereichen BWL, VWL, Wirtschaftsingenieurwesen, Wirtschaftsinformatik, Maschinenbau, Elektrotechnik, Informatik und Naturwissenschaften im Überblick.Das große WirtschaftsWoche-Hochschulranking 2018 mit allen Ergebnissen für Universitäten und Fachhochschulen finden Sie hier. Quelle: dpa
RWTH Aachen Quelle: RWTH Aachen/Peter Winandy
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Ludwig-Maximilians-Universität München Quelle: imago images
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Uni Mannheim Quelle: Universität Mannheim/Norbert Bach

Viele Hochschulen nutzen zwar digitale Angebote, allerdings viele verschiedene. So werden die Vorlesungen in System A hochgeladen, die Noten in einem anderen System und Fragen in Facebook-Gruppen beantwortet. Würden alle Inhalte auf einer Plattform gesammelt werden, hätten sowohl die Studenten als auch die Dozenten einen besseren Überblick. „Dort wo zur Kollaboration zig Systeme entkoppelt voneinander genutzt werden, wird der Austausch zwischen Studenten und Professoren erschwert“, sagt Manuel Nitzsche.

Sind Learning-Management-Systeme für öffentliche Hochschulen überhaupt finanzierbar?

Er ist Geschäftsführer der Lernplattform Canvas. Das Modell von Canvas ist, dass Studenten all ihre Kurse, ihren Kalender und Diskussionsforen auf einer Plattform finden. Das System wird beispielsweise von der Mannheim Business School genutzt. „Studenten wollen heute von überall aus arbeiten“, sagt Florian Heger, Chief Digital Officer an der Mannheim Business School. Studenten können ihre Aufgaben online lösen egal ob am Computer oder am Smartphone. Der Dozent kann die Aufgabe dann online kommentieren und benoten oder ein Erklärvideo hochladen, das dem Studenten bei der Überarbeitung helfen kann. Kommt der Professor dann zur Vorlesung, kann er von jedem Computer aus auf seine Unterlagen zugreifen. „Der verlorene USB-Stick gehört der Geschichte an“, sagt Heger.

Learning-Management-Systeme machen die Lehre effizienter, sie machen die Präsenzzeit besser nutzbar und sie erfüllen die Bedürfnisse der Studenten, die zunehmend mobil arbeiten möchten.

Doch das beste System ist nichts wert, wenn es nicht genutzt wird. Wie also können Hochschulen Angebote schaffen, die tatsächlich die Bedürfnisse der Studenten und Professoren treffen? Florian Heger rät, sich mit Studenten und Professoren über deren Bedürfnisse und Wünsche auszutauschen und dann nach dem passenden Anbieter zu suchen. Und selbst wenn der gefunden ist, müssen noch alle überzeugt werden.

Das ist für Florian Heger das schwierigste. „Ich kann niemanden zwangsdigitalisieren. Ich kann nur immer wieder betonen, dass digitale Lernangebote helfen, die Präsenzzeit für Vertiefungen und Fachdiskussionen zu nutzen“, sagt er.

Dass einige Professoren und Hochschulen sich schwertun, digitale Angebote zu schaffen oder zu nutzen, liege in der Natur der Hochschulen. „In der Forschung möchte man die Innovation immer selbst erschaffen“, sagt Heger. „Aber bei der Digitalisierung ist es sinnvoll, sich mit Partnern zusammenzutun und sich nach außen hin zu öffnen.“ Sein Wunsch für die Zukunft des Hochschulwesens ist, dass sie globaler und vernetzter arbeiten - mit anderen Universitäten und der Wirtschaft.

Doch sind Learning-Management-Systeme für öffentliche Hochschulen überhaupt finanzierbar? „Man muss nicht fünf Personen einstellen, die die Software selbst entwickeln“, sagt Heger. Ein Digital-Verantwortlicher reiche aus, wenn die Hochschule mit einem Anbieter einer bereits fertig entwickelten Plattform zusammenarbeite. Das, was Arbeitszeit kostet, sei die Digitalstrategie. Erst wenn die steht, können Hochschulen das für sie passende Lern-System finden.

Monika Gehde-Trapp hat für ihre Kurse die passende Lehrmethode gefunden. „Dank der hochgeladenen Zeichnungen konnte ich die Vorlesung Zuhause wiederholen“, schreibt einer der Studenten in einem Bewertungsbogen für den Kurs „Capital Market Theory“. „Die Audioaufnahmen haben mir sehr geholfen“, schreibt ein anderer. Im März 2018 wurde Monika Gehde-Trapp dann für die beste Master-Vorlesung im Sommersemester 2017 ausgezeichnet. Und wenn ein Student im Berufsleben noch einmal etwas wiederholen möchte: die Videos bleiben, wenn die Notizen längst in der Papiertonne gelandet sind.

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