Supermaster 2020 – Die Finalisten Das sind die 10 besten Masterarbeiten Deutschlands

Beim Supermaster-Wettbewerb der WirtschaftsWoche haben die Finalisten die Chance, 25.000 Euro für ihre Abschlussarbeit zu gewinnen. Quelle: imago images

In ihren Abschlussarbeiten haben die Supermaster-Finalisten relevante Themen mit großem Nutzen untersucht – von falschen Versprechen bis zu digitalen Währungsrisiken. Lesen Sie hier die Ideen der Top Ten.

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Beim Supermaster-Wettbewerb hat die WirtschaftsWoche die beste Masterarbeit zu einer ökonomischen Fragestellung gekürt. Was die Finalistinnen und Finalisten erforscht haben, können Sie hier nachlesen.

Fördern kostenlose Bahnfahrten die Verkehrswende?

Würde das Szenario eintreten, das Philipp Wenner in seiner Masterarbeit erforscht hat, müsste sich sein Arbeitgeber ernsthafte Gedanken um sein Geschäft machen.

Wenner arbeitet als Personalreferent bei der Deutschen Bahn - untersucht hat er die Frage, ob und wie ein kostenloser Nahverkehr in der Region Berlin-Brandenburg funktionieren könnte. Vor allem wollte er wissen, ob die Möglichkeit, gratis Bus und Bahn zu fahren „ein funktionierendes und wirtschaftlich sinnvolles Mittel ist, um die Verkehrswende zu unterstützen“. Die Suche nach einer Antwort beschreibt er in seiner Arbeit, die er für den MBA-Abschluss an der FOM Hochschule in Berlin verfasst hat - und mit der er es in das Finale des Supermaster-Wettbewerbs geschafft hat.

Philipp Wenner begann seine Untersuchung, indem er in der Forschungsliteratur recherchierte, anhand welcher Faktoren Menschen üblicherweise ihre Verkehrsmittel wählen. In einer Online-Befragung unter Pendlern in der Region Berlin-Brandenburg holte er dann die Stimmen der Betroffenen ein. Pendler seien für sein Experiment eine wichtige Zielgruppe, da sie relativ lange und regelmäßige Wege zurücklegten, sagt Wenner. Würden sie ihr Verhalten zugunsten des öffentlichen Nahverkehrs verändern, hätte das einen großen Einfluss auf Staus und Emissionen durch Verkehr. Seine Probanden rekrutierte Wenner dort, wo man sie meistens trifft: Auf der Straße oder in der Bahn reichte er ihnen Visitenkarten mit einem Link zur Online-Befragung - zur Not auch durch die heruntergekurbelte Scheibe direkt ins Auto. 

Und es zeigte sich: Die Pendler im Berliner Umland entscheiden nicht vornehmlich mit ihrem Geldbeutel. Den größten Einfluss auf die Wahl des Verkehrsmittels, so Philipp Wenners Analyse, hatte nicht der Preis, sondern die relative Reisezeit im Vergleich zu anderen Verkehrsmitteln. Ein Zeitvorteil von zehn Minuten steigert demnach die Wahrscheinlichkeit, den Nahverkehr zu nutzen, um 42 Prozent. Ein Preisvorteil von zehn Euro steigerte die Wahrscheinlichkeit um lediglich sieben Prozent. Das Fazit: „Es ist zu erwarten, dass eine reine Vergünstigung des Nahverkehrs kein Überdenken der Verkehrsmittelwahl bei gewohnheitsmäßigen Autofahrern auslöst, da sich die Ausgangssituation für diese nicht grundlegend ändert“, schreibt Wenner.

Philipp Wenner hat erforscht, ob ein kostenloser öffentlicher Nahverkehr Autofahrer zum Umstieg bewegen kann. Quelle: Privat

Seine Forschungsergebnisse sieht er einerseits als wissenschaftliche Grundlage für Städte und Kommunen, aber auch Fahrgastverbände, um sich für eine Ausweitung des Nahverkehrsangebots einzusetzen und Preisaktionen kritisch zu hinterfragen. Andererseits hatte die Untersuchung auch einen gewissen Nutzen für seinen Alltag, so Wenner: „Das, was ich gelernt habe, hilft mir in Diskussionen mit Freunden und Bekannten, warum denn die Bahn schon wieder Verspätung hatte und der ÖPNV nicht endlich günstiger wird, damit ihn mehr Menschen nutzen.“

Lassen sich sterbende Innenstädte retten?

Es ist ein trauriges Bild, das mittlerweile in den Einkaufsstraßen vieler kleiner und mittelgroßer Städte zu sehen ist: In den Fußgängerzonen ist kaum etwas los, viele Ladenlokale stehen leer, die wenigen Kunden, die noch da sind, beschweren sich über zu wenig Auswahl.

Gegen die zunehmende Digitalisierung des Shoppings haben bislang weder Einzelhändler noch Stadtplaner ein Patentrezept gefunden. Doch gerade dieser Mangel an Lösungen macht die Verödung der Innenstädte zu einem fruchtbaren Forschungsgebiet, dem sich Rieke Stoverink an der Hochschule Niederrhein für ihre Abschlussarbeit im Masterstudiengang Business Management gewidmet hat. Damit hat sie es ins Finale des Supermaster-Wettbewerbs geschafft. 

Stoverinks Vorschlag, das Dilemma der sterbenden Innenstädte zu beheben, nennt sie bereits in der Überschrift: „Wie durch Marketing eine ökonomische und imagemäßige Aufwertung der Innenstädte und Einzelhändler erzielt werden kann“. 

Rieke Stoverink hat untersucht, wie Städte und Kommunen den Einzelhandel in ihren Fußgängerzonen ankurbeln können. Quelle: Privat

Viele Städte würden vor allem den Handel selbst oder die Digitalisierung des Handels in den Mittelpunkt stellen. Stoverink betrachtet dagegen die Spielräume, die die jeweiligen Städte haben, sich mit einem gezielten Stadtmarketing zu positionieren - und die lange vermissten Kunden wieder anzulocken. „Durch die Besinnung auf die eigenen Fähigkeiten und einer Belebung der Stadt von innen heraus, bekommen nachfrageschwache Städte eine Möglichkeit, wie sie sich gegen Konkurrenten differenzieren und Besuchern einen Mehrwert präsentieren können“, schreibt Stoverink.

Schon in ihrem Bachelorstudium hatte sich die Absolventin mit der Handelsbranche beschäftigt, ihr Interesse lag allerdings mehr auf dem Zusammenspiel von Online- und stationärem Verkauf. Dass in dieser Verbindung aber kein Nutzen für die verödenden Einkaufsmeilen liegt, war ihr schnell klar: Mehr Geschäft im Internet würde in vielen Fällen schlicht zu noch weniger Umsatz für die Ladenlokale in der Stadt bedeuten. Ihre Recherche betrieb Stoverink in Literaturdatenbanken, aber auch auf einer Veranstaltung in ihrer Heimatstadt, wo sie die Nöte der lokalen Händler aus nächster Nähe erfahren konnte.

Was macht junge Ingenieure innovativ?

Für seine Masterarbeit hat sich Simon Barth mit einer der wichtigsten Fragen des Unternehmertums beschäftigt: Wie entstehen neue Ideen, um ein bestehendes Problem zu lösen? Oder kurz: Wie entsteht Innovation? Barth selbst erwarb vor seinem Wirtschaftsstudium an der TU München sowohl einen Bachelor- als auch einen Masterabschluss in Physik - ein Fach, in dem Innovation nicht gerade groß geschrieben würde, wie er sagt. Doch ihn habe immer schon besonders fasziniert, wie plötzlich neue Ideen entstehen und eine „sogartige Dynamik“ in Teams und Organisationen aufkomme, die diese Ideen dann in die Realität umsetzten. Mit seiner Arbeit hat er es ins Finale des Supermaster-Wettbewerbs geschafft.

Seine subjektiven Eindrücke über das Entstehen von Innovation stellte Simon Barth in seiner Untersuchung, die er in einem Auslandssemester an der Universität Stanford in Kalifornien begann, auf eine statistisch belastbare Basis. Sein Ziel: Herausfinden, welche individuelle Eigenschaften und welches Arbeitsumfeld innovatives Verhalten beeinflussen. Dazu untersuchte er einen Datensatz von mehr als 500 amerikanischen Berufseinsteigern mit Ingenieursstudium. 

Simon Barth hat analysiert, welche persönlichen Eigenschaften und welches Umfeld junge Ingenieure besonders innovativ denken lässt. Quelle: Privat

Die erste Hürde, die er dabei nehmen musste, war eine ganz persönliche: Aus dem Physikstudium sei er die naturwissenschaftlich mathematische Exaktheit und Kausalität der Beschreibung von Zusammenhängen gewohnt. „Die empirische Arbeit mit sozialwissenschaftlichen Umfragedaten hat mich extrem darin herausgefordert, mit einem hohen Maß an Unsicherheit über die Aussagekraft der erhobenen Information umzugehen und trotzdem zu wertvollen Ergebnissen zu gelangen“, sagt Barth. 

Nach der statistischen Analyse war er sich seiner Sache aber dennoch sicher. Er entwickelte ein Regressionsmodell aus 13 Faktoren, das 43 Prozent des individuellen innovativen Verhaltens der Menschen in seinem Datensatz erklärte. Eine wichtige Erkenntnis für Universitäten: Wer schon in der Uni innovativ handeln lernt und sich auch Innovation als Karriereziel setzt, ist später im Beruf engagierter in diesen Feldern. Hochschulen könnten dieses Verhalten fördern, in dem sie innovationsbezogene Kurse anböten, empfiehlt Barth. Eine weitere Erkenntnis: Junge Ingenieure sind in Start-ups innovativer als in Großkonzernen. 

Für Simon Barth sind seine Erkenntnisse auch in seinem heutigen Beruf hilfreich. Am Max Planck Institut für Meteorologie in Hamburg erforscht er als Doktorand die ökonomischen Aspekte des Klimawandels. Ihn interessiert die Frage, „wie gesamte Volkswirtschaften auf die Umwelt bezogen in einen nachhaltigen Betriebsmodus überführt werden können“. Innovationen seien dafür ein entscheidender Schlüssel. Ressourcenfressende Technologien, die zurzeit noch vorherrschen, müssten durch neue, ressourcenschonendere ersetzt werden. „Für die Frage, wie eine solche Innovationsoffensive induziert werden kann, sind meine Erkenntnisse aus der Masterarbeit sehr wertvoll“, sagt Barth.

Sind Energiespeicher gute Investitionsobjekte?

Lange Zeit war der Stromkreislauf in Deutschland relativ simpel: Wenige große Erzeuger wie Kohle- oder Kernkraftwerke liefen Tag und Nacht, um Menschen und Unternehmen mit Energie zu versorgen. Was bei den Verbrauchern aus der Leitung kam, wurde sofort in Licht, Wärme oder Drehmoment umgewandelt.

Doch so einfach ist es nicht mehr: Im Zuge der Energiewende erzeugen immer häufiger Sonnen- und Windkraftwerke Strom, der aber nicht zu jeder Zeit gleichmäßig fließt. Energiespeicher werden deshalb unverzichtbare Elemente der Infrastruktur - und damit auch ein spannender Untersuchungsgegenstand für Masterabsolventen wie Christine Dollen.

Mit ihrer Abschlussarbeit an der FOM Hochschule für Management und Ökonomie hat sie sich für das Finale im Supermaster-Wettbewerb qualifiziert.

Christine Dollen hat erforscht, wie Stromspeicher die Energiewende vorantreiben. Quelle: Privat

Christine Dollens Interesse für Energiespeicher entspringt ihrem Job. Sie arbeitet als Analystin für Energie- und Versorgungsunternehmen bei der Bank IKB. Den Masterstudiengang absolvierte sie neben dem Beruf, ihre Untersuchungen waren deshalb auch unmittelbar nützlich für sie. „Der Ausbau von Energiespeichern impliziert hohe Investitionen für die Energiewirtschaft, was zukünftig ein erhöhtes Aufkommen von Finanzierungsanfragen zur Folge hat“, so Dollen. Um diese zu beantworten, brauche sie viel Fachwissen, um zu prüfen, ob sich die Projekte rechnen oder nicht. 

Bemerkenswert hilfsbereite Experten

Deshalb entschied sich Dollen, Fachleute aus der Energiebranche systematisch zu befragen. Die Interviews analysierte sie schließlich qualitativ. „Die Hilfsbereitschaft der Experten war für mich bemerkenswert“, sagt Dollen. Dass diese Menschen ihr so bereitwillig halfen, ihr Wissen und ihre eigenen Erfahrungen einbrachten, empfand die Masterandin als willkommenen Motivationsschub - auch weil sie die Forschung immer erst nach Feierabend oder am Wochenende bearbeiten musste. 

Die geistige Arbeit hat sich für Christine Dollen bereits gelohnt: „Die Forschungserkenntnisse zeigen, dass es beim Einsatz von Energiespeichern noch großes Potenzial gibt, und belegen, dass Energiespeicher dabei helfen können Kohlenstoffdioxid-Emissionen zu reduzieren“, sagt die Analystin. Dass die Speicher heute dennoch erst sehr wenig genutzt werden, liege vor allem an den gesetzlichen Rahmenbedingungen. Diese machen Speicher „unwirtschaftlich und schränken deren Einsatz ein“, schreibt Dollen. Damit Energiespeicher die Energiewende wirklich voranbringen könnten, müsste ihre zentrale Rolle auch im gesetzlichen Kontext gewürdigt werden, so die Supermaster-Finalistin.

Wie lassen sich Käufer vom kontaktlosen Zahlen überzeugen?

Die Forschungsfrage von Daniel Nieberle entstand aus einer alltäglichen Beobachtung. Der Wirtschaftsstudent kam gerade zurück aus seinem Auslandssemester in Finnland. Dort zahlen junge wie alte Menschen gerne kontaktlos, egal ob sie mit einem Großeinkauf oder nur einem Kaugummi zur Kasse kommen. Praktisch, fand Nieberle. Als er wieder in Deutschland war, bemerkte er jedoch, dass „der Großteil aller Geschäfte diese Zahlungsmöglichkeit bereits anbot, sie allerdings von kaum einer Person verwendet wurde“.

In seiner Masterarbeit an der Universität Regensburg untersuchte er deshalb die Frage, warum die Deutschen innovative Zahlweisen so wenig nutzen und wie sich das beeinflussen lässt. Seine Arbeit hat es ins Finale des Supermaster-Wettbewerbs der WirtschaftsWoche geschafft. 

Warum innovative Bezahlformen in Deutschland seltener genutzt werden und wie sich das ändern ließe, hat Daniel Nieberle erforscht. Quelle: Privat

Reihenweise Absagen

Um der Frage auf den Grund zu gehen, warum hierzulande kaum jemand kontaktlos bezahlt, suchte Daniel Nieberle einen Ort, in dem er Kunden sozusagen in freier Wildbahn beobachten konnte. Er kontaktierte monatelang Cafés, stellte ihnen den Aufbau des Experiments vor und erntete erst einige Absagen, da vielen Betreibern der Aufwand zu groß erschien. „Die anfänglichen Absagen der Cafés haben mich natürlich hinterfragen lassen, ob meine Forschungsfrage in Deutschland bereits Relevanz hat, oder ob der Zeitpunkt noch zu früh ist“, erzählt Nieberle. Heute sei er froh, weitergemacht zu haben. Denn schließlich kamen zwei Zusagen – und das Bezahlexperiment konnte beginnen.

Dazu wies er die Verkäufer im Café an, die Kunden explizit darauf hinzuweisen, dass sie mit kontaktlosen Zahlungsmitteln wie Karten oder Smartphones bezahlen konnten. Danach befragte er die Kunden in einem Fragebogens, woher die Zurückhaltung rührte. „Ich fand es bemerkenswert, dass ein Großteil der Teilnehmer sehr ausführlich über ihre Erfahrungen und Sichtweisen hinsichtlich der Nutzung von Bargeld und kontaktlosen Zahlungsmitteln berichtete“, so Nieberle.

Die Ergebnisse entsprachen den Hypothesen, die Daniel Nieberle im Vorfeld aufgestellt hatte. Kunden, die kontaktlose Zahlungen als negativ bewerteten, sperrten sich regelrecht dagegen, nutzten sie auch weniger. Der Widerstand sei um so größer, je weniger die Teilnehmer über die Zahlungsmittel wussten. Für die weniger Abgeneigten reichte aber meist ein kleiner Schubs in die gewünschte Richtung: Der Hinweis der Servicekräfte der Cafés, dass kontaktloses Zahlen möglich sei, ließ besonders diejenigen eher bargeldlos bezahlen, die nur einen geringen Innovationswiderstand hegten. 

Wie können Unternehmen das Klima schützen?

Unternehmen zählen zu den größten Klimasündern. Sie stoßen nicht nur Kohlenstoffdioxid (CO2) und andere klimaschädliche Stoffe während der Produktion aus. Auch das, was sie fertigen, trägt meist zum Klimawandel bei. Das heißt aber auch: Wenn sie ihre Emissionen reduzieren, können Firmen einen großen Beitrag dazu leisten, das Klima zu schützen. 

Halten sie sich bei den angestrebten Einsparungen an die gängigen wissenschaftlichen Prognosen über CO2-Ausstoß und Erderwärmung, spricht man von „science-based targets“, also wissenschaftsbasierten Klimazielen. Brigitte Frank hat in ihrer Masterarbeit an der Universität Hamburg untersucht, wie Unternehmen diese für sich aufstellen und welche Vor- und Nachteile sie mit sich bringen. Damit hat die Studentin es ins Finale des diesjährigen Supermaster-Wettbewerbs geschafft. 

Brigitte Frank Quelle: Privat

Zunächst musste Brigitte Frank erst einmal die unübersichtliche und komplexe Thematik durchdringen. „Ich habe mich gefragt, wie das Konzept Anwendung finden soll, wenn kaum jemand versteht, wie es richtig angewendet wird“, so Frank. Die Forschungsfrage wollte sie deshalb nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch beantworten, um zu zeigen, wie wissenschaftsbasierte Ziele in der Realität für eine Firma aussehen könnten.

Zu sperrig für die Praxis

Der Prozess der Zielsetzung sei komplex und langwierig. „Das senkt die Motivation, das Konzept anzuwenden und verschenkt – in Anbetracht der Dringlichkeit des Problems – auch wertvolle Zeit, die Unternehmen nutzen könnten, um sich der Umsetzung ihrer Klimaziele zu widmen“, so Frank.

Ihre Erkenntnis nach eingehender Untersuchung: Nur eine der vier von ihr untersuchten Methoden, wissenschaftsbasierte Klimaziele festzulegen, sei derzeit für Unternehmen in der Praxis geeignet. Die anderen könnten ausschließlich im Zusammenspiel mit bestimmten Emissionsszenarien angewendet werden - ein zu starres Instrument, um in der Praxis nützlich zu sein. Eine weitere Einsicht: Unternehmen, die sich in der Vergangenheit bereits von sich aus daran gemacht hatten, Emissionen zu reduzieren, würden für diese Leistung nicht belohnt. 

Ihre Masterarbeit soll eine Orientierungshilfe sein, mit der sich Unternehmen „schneller und fundierter für einen geeigneten methodischen Ansatz entscheiden können“. Und in Zukunft wird Brigitte Frank das Thema noch weiter vertiefen. Im Exzellenzcluster Climate, Climatic Change and Society (CLICCS) der Universität Hamburg hat sie bereits mit der Promotion begonnen. „In meiner Doktorarbeit gehe ich der Frage nach, wie Unternehmen eine vollständige Dekarbonisierung gelingen kann“, so Frank. Ein Aspekt dabei: das Setzen von Klimazielen.

Wie lässt sich eine Bioökonomie erschaffen?

Die moderne Wirtschaft gründet auf endlichen Ressourcen. Auf fossilen Energieträgern wie Kohle, Öl und Gas. Auf mehr oder weniger seltenen Metallen und Mineralien, von Eisen bis Kobalt. Im Studiengang Bioökonomie an der Universität Hohenheim hat Sebastian Hinderer Alternativen zu diesem bestehenden System kennengelernt: Sie werden befeuert von Rohstoffen, die nachwachsen, und Energieträgern, die kaum zu erschöpfen sind.

Wie eine solche Bioökonomie in Zukunft aussehen könnte, dafür gibt es viele Ideen. Doch konkrete Wege, wie man sie erreichen kann, sind selten. Sebastian Hinderer hat in seiner Masterarbeit deshalb versucht, einen solchen Pfad vorzuzeichnen. Damit hat er es ins Finale des diesjährigen Supermaster-Wettbewerbs geschafft. 

Hinderers Thema ist dabei so vielschichtig, dass er sich für die Bearbeitung der Frage für die so genannte Delphi-Methode entschieden hat. Dabei befragen Forscher Experten des betreffenden Fachgebiets über mehrere Runden. Ziel ist es, im Verlauf der Umfrage einen Konsens unter den befragten Spezialisten herzustellen. Dazu erhalten die Teilnehmer nach jeder Umfragerunde Feedback über ihre eigenen und die Aussagen anderer, um gleichzeitig Meinungsaustausch zu ermöglichen und Anonymität sicherzustellen. 

Sebastian Hinderer hat in seiner Masterarbeit versucht, einen Pfad zur Bioökonomie vorzuzeichnen. Quelle: Privat

Meilensteine der Nachhaltigkeit

Sebastian Hinderer schrieb für seine Analyse 231 Bioökonomie-Experten aus 18 europäischen Ländern aus Start-ups, Firmen, Ministerien und der Wissenschaft an - „ganz altmodisch mit einem Brief“, wie er erzählt. Das sorgte zwar für mehr Aufmerksamkeit, so Hinderer, „es bedeutete aber auch, dass ich mehr als 200 Anschreiben handschriftlich unterzeichnen musste.“ Schließlich erklärten sich 50 Experten bereit zur Zusammenarbeit. 

Aus ihren ersten Antworten destillierte der Student eine Liste von 14 Meilensteinen auf dem Weg zur Bioökonomie. In den darauffolgenden drei Runden der Delphi-Studie sollten die Teilnehmer diese Meilensteine anhand ihrer Dringlichkeit sortieren und ihr Ranking begründen. Schließlich sollten sie die acht wichtigsten Schritte auf bestehende Abhängigkeiten und Einflüsse untereinander untersuchen. Auf Basis dieser Analyse modellierte Sebastian Hinderer dann einen möglichen Transformationspfad hin zur Bioökonomie.

Die demnach wichtigsten Meilensteine auf diesem Weg seien die Erstellung von Aktionsplänen und die Anpassung von Gesetzen und Standards. Für die Industrie wichtiger dürften die darauf folgenden Punkte sein: Biobasierte Produkte müssen wettbewerbsfähiger werden, in ihre Herstellung und Erforschung muss mehr investiert werden. 

Die Transformation hin zur Bioökonomie sei von vielen Faktoren beeinflusst, so Hinderers Fazit. In erster Linie sei die Politik gefragt, für die richtigen Rahmenbedingungen zu sorgen. „Es zeigt sich aber auch“, sagt Hinderer, „dass wir alle sowohl im beruflichen als auch privaten Umfeld Anknüpfungspunkte finden, um zu einem Gelingen dieser Transformation beitragen zu können.“

So verändern virtuelle Währungen unsere Volkswirtschaft

Für Melanie Epe war die Wahl ihrer Forschungsfrage leicht. Sie wollte digitalen Währungen auf den Grund gehen - und welche volkswirtschaftlichen und rechtlichen Veränderungen mit ihnen einhergehen können. „Kein anderes geldpolitisch relevantes Thema ist aktuell so oft in den Medien präsent und zugleich Angelegenheit vieler Spekulationen“, sagt die Absolventin der EBS Universität für Wirtschaft und Recht in Oestrich-Winkel. 

Egal ob von Bitcoin, der von Facebook angekündigten Währung Libra oder einer der vielen weniger bekannten digitalen Geldalternativen die Rede ist, meist dreht sich die Debatte darum, wo es sich zu investieren lohnt, um möglichst schnell möglichst viel analoges Geld herauszuziehen. Melanie Epe interessierte sich in ihrer Masterarbeit dagegen für die volkswirtschaftlichen und rechtlichen Hintergründe. Damit hat sie es ins Finale des diesjährigen Supermaster-Wettbewerbs geschafft. 

Melanie Epe Quelle: Privat

Was die täglich wachsende Zahl digitaler Währungen unterscheidet, ist ihre technische Grundlage. Einige basieren auf dezentralen Transaktionsdatenbanken, andere auf einer zentralen Institution. Gemeinsam ist ihnen aber, dass sie, wenn sie einmal eine kritische Masse an Nutzern erreicht haben, sowohl rechtliche als auch wirtschaftliche Probleme verursachen können. Melanie Epe hat deshalb in ihrer Analyse die technische Seite nur am Rande betrachtet, die tatsächlichen Auswirkungen auf den Alltag der Menschen aber zum Hauptthema gemacht.

Nichts für den Notgroschen

Aus ökonomischer Perspektive hat sie vor allem die einzelnen Bestandteile der so genannten Quantitätsgleichung des Geldes untersucht, also die Umlaufgeschwindigkeit, die Geldmenge, das Preisniveau und den gesamtwirtschaftlichen Output. Ihre Analyse zeigt, dass digitale Währungen das Potenzial haben, in naher Zukunft Einfluss auf diese ökonomische Kennzahlen zu nehmen. „Aktuell ist dies aufgrund der verhältnismäßig geringen Nutzerzahl und geringen Marktkapitalisierung in der Eurozone noch nicht der Fall“, so Epe. Ihr Einfluss steige aber mit der Akzeptanz in der Bevölkerung und der Anzahl an Transaktionen. Zusätzlich untersuchte sie die juristischen Herausforderungen virtueller Währungen. Diese  lägen vor allem in der Verhinderung Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung sowie in der öffentlich-rechtlichen Regulierung des Geldwesens. 

Ihre Erkenntnisse sind also vor allem für Volkswirte wie Juristen in den kommenden Jahren relevant. Doch auch ihren persönlichen Nutzen könnte die Arbeit gesteigert haben, sagt Melanie Epe. „Ich weiß, dass ich irgendwann einmal in digitale oder virtuelle Währungen investieren würde“, sagt die EBS-Absolventin, „Zum Beispiel falls ich 25.000 Euro im Supermaster-Wettbewerb gewinnen würde." Sie habe allerdings auch gelernt, dass diese Währungen massiven Spekulationsrisiken unterliegen. Ihre Altersvorsorge sieht sie daher weder in Bitcoin noch in Libra oder anderen virtuellen Währungen.

Schummeln Dax-Unternehmen bei der Sinnfrage?

Von Milton Friedman ist der Satz überliefert, wonach das Geschäft eines jeden Unternehmens das Geschäftemachen sei :„The business of business is business“. Friedman, ganz Ökonom, wollte damit ausdrücken, dass Unternehmen der Gesellschaft schon den größten Nutzen brächten, wenn sie ihre Gewinne maximieren.

Doch gilt das noch, seit sogar Larry Fink, Chef und Gründer von Blackrock, des größten Vermögensverwalters der Welt, im vergangenen Jahr vehement widersprach: „Jedes Unternehmen muss nicht nur finanzielle Leistung bringen, sondern auch zeigen, dass es einen positiven Beitrag zur Gesellschaft leistet“, schrieb Fink an die Chefs von Firmen, an denen Blackrock Anteile hält. 

Wie können Unternehmen diesen Nachweis erbringen? Und bleiben sie dabei immer ehrlich? Diesen Fragen ist Jerome Antonio in seiner Masterarbeit an der Munich Business School nachgegangen. Damit hat er es ins Finale des Supermaster-Wettbewerbs geschafft. 

Jerome Antonio Quelle: Privat

Die Arbeitsthese seiner Arbeit basiert für Jerome Antonio auf folgender Überlegung: Als nachhaltiges Wirtschaften wichtiger wurde, gaben sich viele Unternehmen einen grünen Anstrich, ohne ihre Geschäftsprozess wirklich ökologisch zu gestalten. Analog zu diesem so genannten Greenwashing vermutet Antonio, dass Firmen Purpose Washing betreiben. Das hieße, sie kommunizieren ihren Daseinszweck auf irreführende Weise, um ein positives Image zu erzeugen - ohne die dazu passenden Taten folgen zu lassen. Da der Purpose von Unternehmen erst seit kurzem erforscht wird, fand Antonio kein fertiges wissenschaftliches Gerüst, auf dem er seine Analyse aufbauen konnte. „Ich hatte die Herausforderung, aber auch die Möglichkeit, die Grundlage für etwas Neues zu legen“, sagt der Volkswirt.

Der Markt regelt nicht alles

Zunächst überlegte sich Antonio Methoden des Purpose Washing in Anlehnung an bekannte Strategien des Greenwashing. Dann untersuchte er die Jahresberichte und andere offizielle Verlautbarungen der 30 Unternehmen, die im deutschen Aktienindex Dax gelistet sind - mit dem Ziel, irreführende Kommunikation zum Betriebszweck aufzudecken. Schließlich verglich Antonio auch den Aktienkurse in Abhängigkeit der Purpose-Kommunikation. 

Die Ergebnisse bestätigen seine erste Vermutung: Die Hälfte der Unternehmen kommunizierte einen übergeordneten Sinn. Insgesamt fand Antonio dazu 127 Inhaltsabschnitte in den von ihm untersuchten Berichten. Deren Qualität variierte jedoch stark. Fünf Unternehmen nutzten Strategien des Purpose Washings, in dem sie die Sicherheit und Effektivität ihrer Produkte zu positiv zeichneten und die von ihnen verursachten Umweltschäden herunterspielten. Diese Strategie zahlte sich zumindest am Aktienmarkt nicht aus: Der Marktwert von Unternehmen, die sich an Purpose Washing beteiligten, stieg sogar weniger stark als der von Unternehmen, die ihren gar nicht erst thematisierten. Konzerne, die ihren Sinn ohne Übertreibung darstellten, schnitten am besten ab.

Die unehrliche Kommunikation sei zwar in den meisten Fällen nicht illegal, dennoch „sollte der Antrieb zur Aufrichtigkeit aus den Unternehmen kommen“, schreibt Jerome Antonio. In internen Richtlinien, in der Organisationsstruktur, durch Belohnungssysteme und Einstellungspraktiken könnten sie dem entgegenwirken. Täten sie dies nicht, müssten sie damit rechnen, dass die Gesellschaft sie dafür verantwortlich macht - oder der Staat sie durch Gesetze reguliert. Die unsichtbare Hand des Marktes regle eben doch nicht alles, so Antonio. „Die Arbeit zeigte mir nochmals deutlich, dass die Gesetze des Marktes menschengemacht sind und damit auch von uns geändert werden können.“

Lohnt sich Umweltschutz für Unternehmen?

Üblicherweise funktionieren produzierende Unternehmen so: Sie kaufen Rohstoffe ein, verarbeiten sie und setzen sie dann zu einem Produkt zusammen, das von Kunden gekauft und irgendwann entsorgt wird. Auf dem Weg von der Idee über die Produktion bis zum Konsumenten und schließlich zur Müllhalde werden große Mengen Energie und Ressourcen verbraucht. Doch glaubt man Miriam Brüne und Andreas Kissling, müssen Firmen Alternativen zu diesem Vorgehen suchen.

Denn eine wachsende Schicht kritischer Konsumenten wünscht sich nachhaltige und sozial verantwortungsvolle Produkte und Dienstleistungen. In ihrer Masterarbeit im Fach Strategische Gestaltung an der Hochschule für Gestaltung in Schwäbisch Gmünd haben sie versucht, ein Geschäftsmodell zu entwickeln, das auf eben diese Wünsche eingeht - und für die Unternehmen gleichzeitig profitabel bleibt. Damit haben sie es ins Finale des Supermaster-Wettbewerbs geschafft.

Miriam Brüne Quelle: Privat

Für die Themen Umweltschutz und Nachhaltigkeit haben sich Miriam Brüne und Andreas Kissling schon im Bachelorstudium interessiert. Im Masterstudium habe sich ihr Interesse dann vor allem auf die Gestaltung von nachhaltigen Produkten und Dienstleistungen konzentriert. In ihrer Abschlussarbeit haben sie deshalb nicht nur die theoretischen Konzepte um nachhaltiges Wirtschaften erforscht, sondern auch gleich ein passendes Geschäftsmodell dazu entworfen. Um ihre Idee zu entwickeln und zu prüfen, sprachen sie nicht nur mit Beratern, Forschern und Gründern, sondern vor allem mit potenziellen Kunden. 250 Menschen befragten Brüne und Kissling dazu, wie ein nachhaltiges Geschäftsmodell funktionieren müsste, damit sie es nutzen. 

Grundstein für die berufliche Zukunft

Doch bei der Theorie wollten es die beiden nicht belassen. „Als Designer sind wir es gewohnt, physische und digitale Prototypen zu gestalten, um Ideen greifbarer zu machen. Bei einem abstrakten und theoretischen Thema wie einem Geschäftsmodell war dies deutlich schwerer.“ Um sich das Leben leichter und ihre Ergebnisse verständlicher zu machen, schufen sie ein fiktives Start-up namens Ceero. Hier sollen Kunden ihre Haushaltsgeräte mieten, nicht kaufen. Zusätzlich zum festen Mietpreis von ein paar hundert Euro für mehrere Jahre würden sie für jede Nutzung einer Wasch- oder Spülmaschine einen Centbetrag zahlen. Diese Einnahmen wiederum würde das Unternehmen nutzen, „um radikal neu gestaltete Geräte" herstellen zu können. 

Andreas Kissling Quelle: Privat

Diese sollen nicht mehr nach dem Muster geplanter Obsoleszenz funktionieren, nach dem der Hersteller die Fehlfunktion ab einer bestimmten Nutzungsdauer einkalkuliert, um die Nutzer zur Neuanschaffung zu drängen. Stattdessen sollen die neuen Geräte von Ceero langlebig und von jedem selbst günstig zu reparieren sein. Durch die verbaute Sensorik in den Geräten und der Anbindung an das Internet der Dinge, würden beschädigte Komponenten erkannt und Ersatzteile nachgeliefert. „Unsere Berechnungen zeigen auf, dass sich das Geschäftsmodell nicht nur für die Umwelt und die Nutzer lohnt, sondern auch für die Unternehmen“, schreiben die beiden Gestalter.

Ihre Masterarbeit sehen sie deshalb als Weckruf für Firmen, die eigenen Geschäftsmodell zu hinterfragen. „Ressourcenschonende Produkte und Services, sowie innovative Geschäftsmodelle werden zukünftig über den Erfolg eines Unternehmens und über dessen Akzeptanz auf Seiten der Kunden entscheiden“, so die beiden Gestalter. Und auch für die eigene Laufbahn könnte sich die Forschung gelohnt haben. Sie sei ein „wichtiger Grundstein für unsere berufliche Zukunft“, so Brüne und Kissling. Vielleicht wird Ceero irgendwann den Sprung schaffen, vom fiktiven zum realen Start-up.

Mehr zum Thema: Sie wollen wissen, wer den Supermaster-Wettbewerb 2020 gewonnen hat? Das erfahren Sie hier.

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