Supermaster 2020 – Die Finalisten Das sind die 10 besten Masterarbeiten Deutschlands

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Schummeln Dax-Unternehmen bei der Sinnfrage?

Von Milton Friedman ist der Satz überliefert, wonach das Geschäft eines jeden Unternehmens das Geschäftemachen sei :„The business of business is business“. Friedman, ganz Ökonom, wollte damit ausdrücken, dass Unternehmen der Gesellschaft schon den größten Nutzen brächten, wenn sie ihre Gewinne maximieren.

Doch gilt das noch, seit sogar Larry Fink, Chef und Gründer von Blackrock, des größten Vermögensverwalters der Welt, im vergangenen Jahr vehement widersprach: „Jedes Unternehmen muss nicht nur finanzielle Leistung bringen, sondern auch zeigen, dass es einen positiven Beitrag zur Gesellschaft leistet“, schrieb Fink an die Chefs von Firmen, an denen Blackrock Anteile hält. 

Wie können Unternehmen diesen Nachweis erbringen? Und bleiben sie dabei immer ehrlich? Diesen Fragen ist Jerome Antonio in seiner Masterarbeit an der Munich Business School nachgegangen. Damit hat er es ins Finale des Supermaster-Wettbewerbs geschafft. 

Jerome Antonio Quelle: Privat

Die Arbeitsthese seiner Arbeit basiert für Jerome Antonio auf folgender Überlegung: Als nachhaltiges Wirtschaften wichtiger wurde, gaben sich viele Unternehmen einen grünen Anstrich, ohne ihre Geschäftsprozess wirklich ökologisch zu gestalten. Analog zu diesem so genannten Greenwashing vermutet Antonio, dass Firmen Purpose Washing betreiben. Das hieße, sie kommunizieren ihren Daseinszweck auf irreführende Weise, um ein positives Image zu erzeugen - ohne die dazu passenden Taten folgen zu lassen. Da der Purpose von Unternehmen erst seit kurzem erforscht wird, fand Antonio kein fertiges wissenschaftliches Gerüst, auf dem er seine Analyse aufbauen konnte. „Ich hatte die Herausforderung, aber auch die Möglichkeit, die Grundlage für etwas Neues zu legen“, sagt der Volkswirt.

Der Markt regelt nicht alles

Zunächst überlegte sich Antonio Methoden des Purpose Washing in Anlehnung an bekannte Strategien des Greenwashing. Dann untersuchte er die Jahresberichte und andere offizielle Verlautbarungen der 30 Unternehmen, die im deutschen Aktienindex Dax gelistet sind - mit dem Ziel, irreführende Kommunikation zum Betriebszweck aufzudecken. Schließlich verglich Antonio auch den Aktienkurse in Abhängigkeit der Purpose-Kommunikation. 

Die Ergebnisse bestätigen seine erste Vermutung: Die Hälfte der Unternehmen kommunizierte einen übergeordneten Sinn. Insgesamt fand Antonio dazu 127 Inhaltsabschnitte in den von ihm untersuchten Berichten. Deren Qualität variierte jedoch stark. Fünf Unternehmen nutzten Strategien des Purpose Washings, in dem sie die Sicherheit und Effektivität ihrer Produkte zu positiv zeichneten und die von ihnen verursachten Umweltschäden herunterspielten. Diese Strategie zahlte sich zumindest am Aktienmarkt nicht aus: Der Marktwert von Unternehmen, die sich an Purpose Washing beteiligten, stieg sogar weniger stark als der von Unternehmen, die ihren gar nicht erst thematisierten. Konzerne, die ihren Sinn ohne Übertreibung darstellten, schnitten am besten ab.

Die unehrliche Kommunikation sei zwar in den meisten Fällen nicht illegal, dennoch „sollte der Antrieb zur Aufrichtigkeit aus den Unternehmen kommen“, schreibt Jerome Antonio. In internen Richtlinien, in der Organisationsstruktur, durch Belohnungssysteme und Einstellungspraktiken könnten sie dem entgegenwirken. Täten sie dies nicht, müssten sie damit rechnen, dass die Gesellschaft sie dafür verantwortlich macht - oder der Staat sie durch Gesetze reguliert. Die unsichtbare Hand des Marktes regle eben doch nicht alles, so Antonio. „Die Arbeit zeigte mir nochmals deutlich, dass die Gesetze des Marktes menschengemacht sind und damit auch von uns geändert werden können.“

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