Verlustvortrag durch Studienkosten Warum Studenten ihre Steuern machen sollten

Steuererklärung für Studenten: Verlustvortrag durch Studienkosten Quelle: dpa

Als Berufseinsteiger im ersten Jahr mehr Netto vom Brutto haben? Für Studenten, die jahrelang Bücher, Semestertickets, Wohnung und Materialien bezahlt haben, kein Problem – wenn sie eine Steuererklärung einreichen.

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Wenn im Oktober das neue Wintersemester anfängt, beginnt für tausende Studenten ein neuer, aber auch kostspieliger Lebensabschnitt an. Semestergebühren, Umzug, Miete, Lehrbücher, ÖPNV-Ticket – Studenten häufen in einem Jahr nicht selten vierstellige Summen an. Aber nach dem Studium gibt es Geld zurück: Mit etwas Aufwand können sie ihre Studienkosten von der Steuer absetzen.

Möglich ist das durch den sogenannten Verlustvortrag. Er gibt die Summe an, die Steuerpflichtige im jeweiligen Jahr an Ausbildungskosten gezahlt haben. In der „Anlage N“ zur Steuererklärung findet sich der Punkt „Werbungskosten“. Dort können Arbeitnehmer Kosten eintragen, die in den eigenen Berufsweg investiert wurden. Auch Studenten profitieren davon: Wenn die Ausgaben für die Uni also höher sind als Einnahmen aus dem (Neben-)Job, entsteht ein Verlust, den das Finanzamt anerkennt und der sich bis zum ersten richtigen Gehalt aufbauen kann. Wichtig: BaföG und Einkünfte aus Minijobs zählen in dieser Rechnung nicht als Einkommen. Verlustvorträge können Erwerbstätige bis zu sieben Jahre rückwirkend beim Finanzamt einreichen.

Raymond Kudraß ist Steuerberater und betreut in seiner Münchener Kanzlei seit mehr als 18 Jahren Studenten bei ihren Steuererklärungen. Er schätzt, dass zirka 90 Prozent der Akademiker nicht wissen, dass sie durch eine Steuererklärung im ersten Job bares Geld sparen können. „Das ist eine einmalige Chance, die vielen leider unbekannt ist“, sagt Kudraß. Doch es gebe ein Problem.

Bei Studenten, die nach dem Abitur direkt an die Uni gegangen sind, gilt aktuell noch die Regelung, dass sie ihre Kosten nur als Sonderausgaben deklarieren dürfen  - also als nicht mit der beruflichen Ausbildung verbundene Kosten. Das bringt erhebliche Nachteile mit sich: So kann man Sonderausgaben nur absetzen, wenn man bereits Steuern zahlt und damit 2017 mehr als den Freibetrag von 8820 Euro verdient hat. Für 2018 wurde die Grenze auf 9000 Euro angehoben. Zusätzlich lassen sie sich nicht ins nächste Jahr übertragen und aufaddieren. Bis zu 6000 Euro pro Jahr lassen sich als Sonderausgaben absetzen. Gerade bei einer privaten Hochschule mit hohen Studiengebühren ist diese Summe jedoch schnell erreicht.

Nach Ansicht des Bundesfinanzhofes (BFH) ist diese Unterscheidung zwischen Erst- und Zweitstudium verfassungswidrig. In einem Urteil in 2014 sprach sich der BFH für eine Gleichberechtigung aus: Schließlich gingen die meisten Studenten an eine Universität oder Hochschule, um im späteren Beruf erfolgreich zu sein. Auch im Erststudium seien Studienkosten daher eine Investition in die eigene Karriere und würden unter die Werbungskosten fallen. Die Bundesrechtsanwaltskammer stimmt dieser Einschätzung zu. Die endgültige Entscheidung wird jedoch das Bundesverfassungsgericht fällen, an die der BFH die Entscheidung vor vier Jahren weitergab.

Die Chancen stehen gut, dass die Karlsruher Richter die bisherige Rechtsprechung zugunsten der Erststudenten kippt. Hans-Ulrich Liebern vom Bund der Steuerzahler NRW (BdSt) kämpft bereits seit Jahren gegen den Unterschied zwischen Erst- und Zweitstudium. „Die aktuelle Gesetzgebung ist unfair. Im Endeffekt ist ein Erststudium dasselbe wie eine Ausbildung – in beiden Fällen dient es der Berufsvorbereitung. Nur verdient der Auszubildende bereits Geld, mit denen er seine Kosten bezahlen kann“, sagt er.

Daher sollen auch Studenten im Erststudium ihre Ausgaben bereits jetzt als Werbungskosten angeben. Finanzämter würden diese Erklärungen mit Blick auf die unklare Rechtslage in der Regel nur vorläufig ablehnen. „Entscheidet das Verfassungsgericht erwartungsgemäß für eine Gleichbehandlung, werden die Finanzämter die vorläufigen Bescheide selbstständig überarbeiten.“

Wer von einem Urteil profitieren möchte, kann seit diesem Jahr auf Pauschalen zurückgreifen – ganz ohne das Einreichen von Belegen. Wichtig: Durch eine Steuererklärung eines Kindes bleiben Ansprüche der Eltern auf Kinderfreibetrag und Kindergeld unberührt.

Beispielrechnung Verlustvortrag:

GegenstandAbsetzbare Kosten
Studiengebühren220 Euro
Fahrten zur Uni400 Euro
Miete der Zweitwohnung5400 Euro
Heimfahrten1500 Euro
Telefon & Internet120 Euro
Kontoführung16 Euro
Materialkosten110 Euro
ÖPNV-Ticket150 Euro
Verlustvortrag gesamt7916 Euro
Verlustvortrag hochgerechnet auf fünf Jahre39.580 Euro

Quelle: Eigene Recherche, Steuerberater Raymond Kudraß

So wird zum Beispiel der einfache Weg zur Uni, unabhängig mit welchem Verkehrsmittel, mit 30 Cent pro Kilometer steuermindernd anerkannt. Berufsbedingte Umzüge berücksichtigt das Finanzamt ebenfalls und veranlagt 764 Euro pro Umzug, sollte sich der Weg zur Uni mit der neuen Wohnung um mindestens eine Stunde verkürzen. 16 Euro Kontoführungsgebühren, 20 Euro Telefon- und Internetkosten im Monat, 110 Euro für Arbeitsmittel mit Bezug zum Studium akzeptiert die Steuerbehörde darüber hinaus. Für die ersten drei Monate eines Praktikums innerhalb Deutschlands können Studenten pro Arbeitstag 24 Euro absetzen, im Ausland variiert dieser Betrag zwischen 22 und 74 Euro. Auch Bewerbungen kann man in die Rechnung aufnehmen: 8,50 Euro pro Bewerbung mit der Post, 2,50 Euro wenn sie via E-Mail erfolgte. Dabei ist der Ausgang der Bewerbung egal, es müssen aber Belege vorgezeigt werden. Dafür reicht in der Regel eine Kopie des Antwortschreibens.

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