
WirtschaftsWoche: Professor Kilian, die Einstiegsgehälter von jungen Ingenieuren und Informatikern sind in den vergangenen Jahren gestiegen. Sind die Absolventen ihr Geld wert?
Dietmar Kilian: Das ist schwierig pauschal zu beantworten. Generell sind die Rückmeldungen, die ich aus der Wirtschaft bekomme, aber positiv. Personalabteilungen bestätigen mir, dass sie die Neulinge schnell in die Arbeitsprozesse eingliedern können. Ginge es nach den Unternehmen, wäre das Studium aber sicherlich noch praxisbezogener.
Ist das dann nicht auch automatisch im Interesse der Absolventen?
Naja, man muss sich immer fragen: Was ist die Zielsetzung eines Studiums?
Und zwar?
Die Hochschulen sollen die Basisausbildung anbieten, die auf den Beruf vorbereitet. Und das setzen sehr viele Bildungseinrichtungen auch gut um. Darüber hinaus stoßen sie zumindest im normalen Lehrplan aber an ihre Grenzen.

Das müssen Sie erklären.
Gerade im Bereich der Technik sind die Entwicklungszyklen mittlerweile extrem kurz. Das normale Curriculum kann sich so schnell nicht anpassen. Stundenpläne müssen in langwierigen Prozessen genehmigt werden. Kurzfristig auf technologische Neuerungen reagieren, das funktioniert nur über Zusatzangebote.
Wie könnten solche Zusatzangebote aussehen?
Hier in der Region Tirol bieten die Hochschulen gemeinsam mit ansässigen Unternehmen schon seit Jahren eine Summer School zu unterschiedlichen Themenbereichen an. Dort können sich dann Studenten mit Mitarbeitern von Unternehmen gemeinsam weiterbilden. Es gibt aber auch europaweite Initiativen von Privatwirtschaft, Universitäten und Politik. Die PDA Group, mein Beratungsunternehmen im Bereich Personalentwicklung, etwa stellt beispielsweise den sogenannten Academy Cube bereit, der praxisbezogene E-Learnings zumeist kostenlos anbietet und Studenten beziehungsweise Absolventen mit Unternehmen zusammenbringt.
Zu welchen Themen werden dort Seminare angeboten?
Die Kurse bieten Inhalte zu den Themen Big Data Management, Prozess- und Projektmanagement, aber auch zu Softwareentwicklung und Maschinenbau. Aber Sie haben schon Recht, solche Angebote neben dem normalen Curriculum sind nicht die Regel, werden aber natürlich auch in anderen Regionen beziehungsweise Hochschulen in Europa angeboten.
Und die Studenten dürften seit der Bologna-Reform ja noch deutlich weniger Zeit haben, solche Zusatzqualifikationen zu erwerben.
Da gebe ich Ihnen nur teilweise Recht. Die Stundenpläne sind sehr voll und das System ist verschulter. Allerdings müssen auch die Bachelor-Studenten häufig Pflichtpraktika absolvieren. Das hilft ihnen in Sachen Praxisbezug. Natürlich kann ich in drei Jahren, die ein Bachelor-Studium normalerweise dauert, nicht so viel lernen wie früher im Diplomstudiengang. Aber durch die Bologna-Reform konnten wir in Österreich und auch in Deutschland die Akademikerrate steigern.