
Extrem kurze Befristungen bei Arbeitsverträgen an deutschen Hochschulen könnten bald der Vergangenheit angehören. Das Bundeskabinett verabschiedete am Mittwoch einen Gesetzentwurf, der Zehntausenden jüngeren Dozenten und Forschern verlässlichere Karrierewege ermöglichen soll. Die Hochschulexperten der schwarz-roten Koalition hatten sich im Juni auf eine Reform des umstrittenen Wissenschaftszeitvertragsgesetzes geeinigt, das nach Einschätzung vieler Experten zum Missbrauch an den Unis einlädt.
Es gebe „keinen sachlichen Grund dafür, dass mehr als die Hälfte der jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bei ihrem ersten Vertrag kürzer als ein Jahr angestellt werden“, sagte Forschungsministerin Johanna Wanka (CDU). „Solchen Fehlentwicklungen in der Befristungspraxis treten wir mit der Reform entgegen, ohne jedoch die in der Wissenschaft erforderliche Flexibilität und Dynamik zu beeinträchtigen.“
Was ist ein befristeter Arbeitsvertrag?
Bei einem zeitlich befristeten Arbeitsverhältnis läuft der Vertrag nach einer bestimmten Zeit oder zu einem bestimmten Ereignis aus - eine Kündigung ist nicht nötig. Wenn eine Befristung nicht vom Teilzeit- oder Befristungsgesetz abgedeckt wird, gilt sie als. Der Arbeitsvertrag gilt als auf unbestimmte Zeit geschlossen.
Für die Befristung ohne Sachgrund nach Paragraph 14 Absatz 2 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG) ist es wichtig, dass noch nie ein Arbeitsverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber bestanden hat. Die Befristung ist auf maximal zwei Jahre beschränkt. Falls das Arbeitsverhältnis auf weniger als zwei Jahre befristet ist, darf der Arbeitgeber den Vertrag bis zur Dauer von zwei Jahren verlängern, allerdings maximal drei mal. War also zuerst ein Arbeitsverhältnis von vier Monaten vereinbart, können noch 20 Monate drangehängt werden - nur nicht in zu kleinen Schritten.
Eine Befristung ohne Sachgrund gibt es auch bei Neugründungen von Unternehmen. Nach § 14 Abs. 2a TzBfG dürfen Verträge bei der Gründung eines Unternehmens auf vier Jahre befristet sein. In den ersten vier Jahren seit Neugründung ist eine mehrfache Verlängerung möglich.
Neben "Wir kennen uns noch nicht" oder "Wir wissen nicht, wie lange das Unternehmen überlebt" gibt es noch die sogenannten sachlichen Gründe für eine Befristung. Nach § 14 Absatz 1 TzBfG gehören unter anderem dazu:
- vorübergehend höherer Bedarf an Mitarbeitern zur Hochsaison
- eine Befristung zur Erprobung
- die Integration in den Arbeitsmarkt nach einer Ausbildung oder einem Studium
- die Vertretung anderer Arbeitnehmer
- die Arbeit an sich erfordert eine Befristung
Die Zweckbefristung ist für den Fall gedacht, dass das Arbeitsverhältnis mit einem bestimmten Ereignis, anstatt zum 15. März oder nach sechs Monaten endet. Das wäre beispielsweise "bis zur Schließung des Unternehmenssparte Kosmetik". Allerdings muss im Vertrag klar erkennbar sein, in welchem Zeitrahmen das Ereignis eintreten wird. Zwei Wochen vor Eintreffen dieses Ereignisses und dem Ende des Arbeitsverhältnisses muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer schriftlich informieren.
Befristete Verträge können nicht gekündigt werden. Es sei denn, es liegt ein wichtiger Grund vor, sodass die außerordentliche Kündigung greift.
So soll sich die Laufzeit von Verträgen an Unis und Hochschulen im wesentlichen daran orientieren, wie lang eine Promotion oder ein Forschungsprojekt dauert. Mit dem Gesetz werde auch unterbunden, dass Uni-Daueraufgaben durch befristet eingestelltes Personal erledigt werden, das gar keine wissenschaftliche Qualifizierung anstrebt.
Zusätzliche Änderungen betreffen familien- und behindertenpolitische Aspekte - die Befristungsdauer verlängert sich etwa bei der Betreuung von minderjährigen Kindern um zwei Jahre pro Kind.
Die Reform sei „Teil des Gesamtkonzeptes für den wissenschaftlichen Nachwuchs“, betonte Wanka am Mittwoch. Über eine Initiative zur Förderung dauerhafter Karriereperspektiven in der Wissenschaft verhandele ihr Ministerium derzeit mit den Ländern.
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) sprach sich umgehend dafür aus, den Gesetzentwurf nochmals zu überarbeiten. Der stellvertretende GEW-Vorsitzende Andreas Keller äußerte neben Zustimmung auch Kritik: Der Gesetzentwurf lasse weiterhin „zu viele Schlupflöcher für eine Fortsetzung des Hire-and-Fire-Prinzips an Hochschulen und Forschungseinrichtungen“. Die Trippelschritte der Koalition führten nicht zu der Reform, auf die die Wissenschaftler warteten. Nach GEW-Zahlen haben derzeit bis zu 90 Prozent der Forscher und Dozenten oft nur kurzfristige Zeitverträge.