Jobnomaden Rastlose Fach- und Führungskräfte

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Mehr Vielfalt

Rund 4,1 Millionen Menschen sind selbstständig — fast eine Million mehr als 1994. Die Anzahl der Leiharbeiter hat sich seitdem auf fast eine Million sogar mehr als verfünffacht, laut Statistischem Bundesamt entstand im Jahr 2010 jeder zweite Job bei einem Zeitarbeitsunternehmen. Vielen bleibt da gar nichts anderes übrig, als zu Jobnomaden zu werden.

Aber das ist nur die eine Seite. Auf der anderen Seite streben heute offenbar auch weniger Menschen eine klassische Kaminkarriere in ihrem Unternehmen an: Einer internationalen Studie der Nürnberger Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) aus dem Sommer dieses Jahres zufolge suchen etwa 40 Prozent der deutschen Arbeitnehmer zurzeit einen neuen Job — mehr als in fast allen anderen europäischen Staaten.

Für eine attraktive Arbeitsstelle würden sogar mehr als zwei Drittel der Deutschen umziehen, wie der aktuelle "Global Workforce Index" des internationalen Personaldienstleisters Kelly zeigt. Mobil und flexibel? Das sind die Deutschen heute.

Je höher, desto kürzer

Allerdings nicht alle gleichermaßen. Besonders in den Führungsetagen sinkt die Verweildauer im Job, vor allem gut ausgebildete Fachkräfte wechseln häufig. Zwar warnen Experten wie Werner Penk davor, zu eilig von einem Arbeitsplatz zum nächsten zu hüpfen.

Dass Jobwechsel aber heutzutage üblich sind, zeigt auch Penks Biografie: Bevor er als Partner zur Personalberatung Heidrick & Struggles kam, hatte er Jobs schon bei etlichen anderen Arbeitgebern, darunter auch bei Siemens. Penk: "Einmal Siemensianer, immer Siemensianer – das war einmal."

Wie eine moderne Ich-AG suchen sich Beschäftigte heute viel häufiger neue Arbeit- und Auftraggeber oder arbeiten gänzlich oder zumindest phasenweise als Selbstständige. Nicht weil sie müssen, sondern weil sie es wollen, beobachtet Christian Scholz, Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Universität des Saarlandes und Experte für Personal-management: "Viele Menschen haben gar nicht mehr den Wunsch, sich fest an ein Unternehmen zu binden. Sie erwarten keinen Job mit lebenslanger Stammplatzgarantie."

Wählerische Y-Generation

Gerade die Angehörigen der sogenannten Generation Y, die wie Nils Michaelis um die Jahrtausendwende die Schule verlassen haben, sind wählerisch und anspruchsvoll. Das belegt auch eine IAB-Studie: Danach bleiben vor allem die unter 30-Jährigen heute deutlich kürzer als früher einem Arbeitgeber treu, nämlich nicht einmal zwei Jahre.

"Für viele ist Vorwärtskommen der zentrale Kick", sagt Scholz, "und das Arbeitsleben wie ein Computerspiel, in dem man sich Level für Level vorarbeitet." Die unter 20-Jährigen bereitet Denis Buss gleich auf eine Karriere vor, die eher einem "Schlängeln von Job zu Job" nach oben gleicht als einem geraden Weg.

Buss leitet beim Kölner Unternehmen Einstieg die Studien- und Berufsberatung. Zu ihm und seinem Team kommen Oberstufenschüler, die nicht genau wissen, welchen Weg sie nach dem Abitur einschlagen, was und wo sie studieren oder ob sie vielleicht erst mal eine Ausbildung machen sollen.

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