Jobnomaden Rastlose Fach- und Führungskräfte

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Microsoft bietet einiges im Quelle: Reuters

Das erwies sich jedoch als schwierig, also wechselte Jacquemot nach einem halben Jahr zu Microsoft, wo er von Unterschleißheim aus die Gründerinitiative "unternimm was" des Softwarekonzerns leitet. Ziemlich viele Jobs an ziemlich vielen verschiedenen Orten in ziemlich kurzer Zeit. Die schnellen Jobwechsel haben Jacquemot jedoch eher genutzt als geschadet. Gestört haben sie ihn nicht: "Mobilität ist der Preis für ein modernes Arbeitsleben und die eigene Karriere", sagt Jacquemot.

Bei Microsoft wähnt sich Jacquemot jedenfalls in der modernen Arbeitswelt angekommen, so wie sie der Journalist Markus Albers in seinem Buch "Morgen komm' ich später rein" beschreibt. In dieser Welt erhalten "Festangestellte ein Maß an Freiheit und Selbstbestimmung, wie es bisher nur Freiberufler kannten", schreibt Albers.

Beispiel Microsoft: Stephan Jacquemot kann seine Arbeitszeiten frei einteilen, bei Bedarf von zu Hause aus arbeiten und seinen Arbeitsalltag ziemlich frei gestalten. Zwar gelte es, anspruchsvolle Ziele zu erreichen, sagt Jacquemot, "aber wie ich sie erreiche, ist meine Sache".

Dass Arbeitnehmer in ihrem Unternehmen wie Selbstständige handeln, dürfte künftig in immer mehr Unternehmen gelten, erwartet auch Werner Eichhorst, stellvertretender Direktor Arbeitsmarktpolitik beim Institut zur Zukunft der Arbeit (IZA) in Bonn. "Die Beschäftigten arbeiten dann nicht nur an Projekten in temporär zusammengestellten Teams für wechselnde Chefs und können dabei ihre Zeit sehr frei einteilen, sondern werden auch erfolgsabhängig entlohnt."

Immer mehr Fach- und Führungskräfte erhalten heute schon neben einem fixen Gehalt leistungsabhängige Boni. Dabei gilt: Je größer die Verantwortung, desto flexibler das Gehalt – je besser die Leistung, desto höher der Bonus.

Auch Microsoft wirbt mit attraktiven Vergütungspaketen mit fixen und flexiblen Anteilen, einem hohen Maß an Selbstverantwortung, einem familienfreundlichen Umfeld sowie guten Arbeitsbedingungen. Stephan Jacquemot etwa bekommt an seinem Arbeitsplatz kostenlose Getränke, kann in einer Lounge Videospiele zocken, zwischendurch ins Fitnessstudio gehen oder auf der Dachterrasse ausspannen.

Gespaltener Arbeitsmarkt

All das offeriert Microsoft nicht ohne Grund: "Im Wettbewerb um die besten Köpfe" müsse man "einiges bieten, um die High Potentials für sich zu gewinnen", erklärt der Softwarekonzern. In der Tat bleibt dem Unternehmen nicht viel anderes übrig — denn qualifizierte Fach- und Führungskräfte sind rar und dementsprechend begehrt.

Profitgetriebene Unternehmen auf der einen Seite, die um gute Mitarbeiter kämpfen, und karrieregetriebene Mitarbeiter auf der anderen Seite, die stets nach dem neuen, besseren Job suchen – so sieht die neue Arbeitswelt aus.

Der Saarbrücker Professor Christian Scholz hat darüber ein Buch geschrieben mit dem Titel: "Spieler ohne Stammplatzgarantie". Darin hat er auch einen neuen Begriff kreiert, der das Verhalten von Arbeitgebern und Arbeitnehmern in dieser Welt auf den Punkt bringen soll: Darwiportunismus.

Danach agieren Firmen unter dem wachsenden Druck des Wettbewerbs darwinistisch, die Mitarbeiter dagegen opportunistisch. Einerseits haben die Arbeitgeber hohe Erwartungen an die Arbeitnehmer und scheuen sich nicht, ihnen in Krisen zu kündigen. Andererseits versuchen die Arbeitnehmer permanent, ihren Lebenslauf zu optimieren und ihren Marktwert zu steigern.

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