20, 30, 40 oder mehr Tage Mehr Firmen locken mit Urlaub ohne Ende

Einfach zwischendurch mal blaumachen geht theoretisch, wenn der Arbeitgeber die Planung den Angestellten überlässt. Quelle: imago images

In den USA gibt es seit 15 Jahren Firmen, die auf Vertrauensurlaub setzen. Die Auswertung eines Jobportals zeigt, dass der Trend jetzt offenbar deutsche Unternehmen erreicht. Immer mehr bieten den unbegrenzten Urlaub an.

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Urlaub ist das Heiligtum des Arbeitnehmers. Mindestens 20 Tage Urlaubsanspruch hat er bei einer Vollzeitstelle. Doch was soll eigentlich aus den freien Tagen werden, wenn der Rest der Arbeit immer flexibler wird? Eine wachsende Zahl von Unternehmen trägt dem Wunsch vieler Menschen nach großer Flexibilität bei den Arbeitszeiten Rechnung und schafft den Urlaubsanspruch in der bekannten Form ab – es gilt der unbegrenzte Urlaubsanspruch.

Die Plattform Joblift hat 14 Millionen Stellenanzeigen der vergangenen zwei Jahre analysiert und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass in Deutschland bereits 132 Arbeitgeber mit dem wohlklingenden Angebot Bewerber locken wollen. Auffällig ist demnach vor allem die Steigerungsrate: In den zweiten zwölf Monaten des Untersuchungszeitraums wurden fast zweieinhalb mal mehr Stellen mit unbegrenztem Urlaub ausgeschrieben – eine Steigerung um 139 Prozent. In den beiden Jahren waren es insgesamt 335 Stellen.

Was famos klingt, bedeutet natürlich nicht, dass Angestellte solcher Unternehmen überhaupt nicht mehr arbeiten müssen. Die etwas maßlos klingende Formel meint in der Praxis, dass kein Urlaubstagekonto mehr geführt wird und es auf einige Tage mehr nicht ankommt. Vorreiter der Praxis war Netflix in den USA. Die Legende geht, dass dort vor knapp 15 Jahren ein Angestellter den Vorstandschef Reed Hastings ansprach: Warum er seine Tage eigentlich frei einteilen könne, die Menge des Urlaubs aber vorgegeben sei. Weil der Chef keine Antwort wusste, schaffte er die Urlaubsregelung als „Relikt des Industriezeitalters“ ab.

In den USA ist seit einigen Jahren der Trend zum freiwählbaren Urlaub zu beobachten und längst sind auch die Fallstricke der Regelung analysiert worden: Wie auch bei frei einteilbaren Arbeitstagen neigen Arbeitnehmer dazu, eher zu wenig als zu viel Freizeit in Anspruch zu nehmen. Müssen Ziele erreicht und Projekte abgeschlossen werden, kann ein festverbriefter Urlaubsanspruch hilfreich sein, um Angestellte zu ihrem Glück zu zwingen. Wohlgemerkt: Wir sprechen nicht von anonymen Behörden, sondern zumeist von agilen Startups und Technologiefirmen, deren Mitarbeiter in der Regel eine hohe Identifikation mit ihrer Stelle haben.

Joblift hat in der Auswertung die interessante Entdeckung gemacht, dass nur 43 Prozent der deutschen Firmen, die Urlaubstage nicht zählen, Startups sind. Die meisten Inserate stammten vom Matratzen-Start-up Casper, gefolgt von der Berliner Kreativagentur eShot und dem Carsharing-Anbieter SnappCar.

Das sagt das Arbeitsrecht zum Thema Urlaubsanspruch

Insgesamt, so die Beobachtung, scheint sich ein Trend zu einem großzügigeren Urlaubsangebot in Unternehmen zu etablieren. In Durchschnitt bekommen deutsche Arbeitnehmer 28 Tage Erholungsurlaub pro Jahr. In den vergangenen 24 Monaten lagen fast 375.000 Stellenanzeigen mit ihrem Urlaubsversprechen über diesem Wert. Die Stellen ganz ohne Urlaubslimits sind dabei offenbar schneller besetzt, nämlich nach durchschnittlich 22 Tagen. Positionen mit durchschnittlichem Urlaubsanspruch waren der Analyse zufolge erst nach 44 Tagen neu besetzt.

Ob sich die beschriebenen Stellen insgesamt als attraktiv herausstellen und wie lang die Verweildauer der Neuzugänge ist, wurde nicht gemessen. Ableiten lässt sich indes, dass der Urlaubsanspruch im Kampf um die besten Köpfe eine wichtige Stellschraube wird, um freie Stellen zu besetzen und dabei die qualifiziertesten Kandidaten zu überzeugen.

Quelle: PR

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