




"Ich werde individueller auf das Unternehmen eingehen", sagt die junge Absolventin. "Ich muss noch mehr auf die Formalien achten", stellt der Betriebswirt fest. Und der ehemalige Fleischermeister weiß jetzt: "Ich sollte mein Anschreiben nicht überfrachten, mich kurz halten und prägnant ausdrücken."
Dies sind Erkenntnisse einiger Teilnehmer der Anschreiben-Aktion der WirtschaftsWoche in Kooperation mit den Bewerbungsexperten vom Büro für Berufsstrategie Hesse/ Schrader. Die eingesendeten Anschreiben samt Verbesserungsvorschlägen finden Sie hier als hilfreiche Vorlagen.
Typische Fehler, wie die meisten Bewerber sie machen, ziehen sich auch durch diese Beispiele. "Der häufigste Fehler sind Standard-Anschreiben, die nicht passgenau auf die ausgeschriebene Stellenanzeige getextet sind", sagt Bewerbungsexperte Jürgen Hesse.
"Ich finde es sehr schwierig abzuwägen, auf welche meiner Qualifikationen ich eingehen soll. Die einen interessieren sich sehr für mein Studium, anderen ist die Praxiserfahrung wichtiger", sagt die Nachwuchsjournalistin. Und wie ihr geht es vielen Bewerbern. Bevor Sie also ein Anschreiben formulieren, sollten Sie sich die Stellenanzeige genau anschauen und überlegen, welche ihrer Fähigkeiten oder bisherigen Tätigkeiten für diesen Job von besonderer Relevanz sind. Stichpunkte aufzuschreiben kann dabei helfen, die Gedanken zu sortieren und dem Anschreiben eine gute Struktur zu verpassen.
"Das Anschreiben sollte aus drei Teilen bestehen", sagt Hesse. Erstens sei ein individueller Einstieg nötig, der den Grund für die Bewerbung darlegt (siehe Beispiel 1). Im zweiten Teil sollten einige Zeilen folgen, die begründen, warum Sie ausgerechnet bei diesem Arbeitgeber einsteigen möchten. "Zum Schluss sollten Sie Argumente dafür liefern, warum Sie der richtige Bewerber sind", rät Hesse.
Bewerbungsstrategien für den Traumjob
Analysieren Sie, was Ihrem Traumarbeitgeber fehlt. „Das kann alles Mögliche sein, vom Youtube-Werbevideo über neue Vertriebsmethoden bis hinzu Beziehungen in einen interessanten Auslandsmarkt“, schreibt Karriereexpertin Svenja Hofert in Ihrem Buch „Die Guerilla Bewerbung“, das im Campus Verlag erschienen ist. Die Kunst ist, das Defizit vor dem Arbeitgeber zu erkennen und ihn davon zu überzeugen, dass er es mit Ihrer Hilfe beheben kann.
Schlagen Sie Ihr Adressbuch auf und suchen Sie zehn Kontakte heraus, die Ihnen bei der Suche nach Ihrem neuen Job behilflich sein könnten. Wichtig sind nicht nur Menschen, die direkt einen Arbeitsplatz für Sie haben könnten, sondern auch Personen, die viele interessante Kontakte haben. Schreiben Sie ein prägnantes Kurzprofil, schicken Sie es an Ihre Kontakte mit der Bitte es wiederum an zehn Kontakte weiterzuleiten.
Persönlich miteinander in Kontakt kommen, das ist die Idee hinter dieser Strategie. Suchen Sie sich Ihren Wunscharbeitgeber und überlegen Sie, wer vor Ort der beste Ansprechpartner sein könnte. Rufen Sie einfach an, erklären Sie Ihr großes Interesse an dem Unternehmen und bitten Sie um einen kurzen Termin zum Kaffeetrinken. So ist der erste Kontakt hergestellt.
Suchen Sie sich eine Aufgabe, die Ihrem Alter entspricht. Das hört sich erstmal hart an, ist aber ganz plausibel. Bewerben Sie sich nicht auf Inserate, die mindestens zwei bis drei Jahre Berufserfahrung voraussetzen, denn hier liegen nicht Ihre Stärken. Für viele ältere Führungskräfte, die es am Ende der beruflichen Laufbahn nochmal wissen wollen, ist die Position des Interimsmanager eine geeignete Aufgabe. Die Arbeitsagentur oder private Vermittler helfen gerne weiter.
Oftmals ist Projektarbeit der Einstieg in die Festanstellung. Deshalb überlegen Sie sich genau, erstens welches Projekt Sie realisieren könnten und zweitens für welche Institutionen oder Firmen es interessant sein könnte. Treten Sie an die potentiellen Interessenten heran und überzeugen Sie sie von Ihrer Idee. Die Bereitschaft in ein Projekt einzuwilligen ist höher, als eine neue Stelle zu schaffen. So können beide Seiten herausfinden, ob es passt.
Schaffen Sie sich Ihren Traumjob einfach selbst. Entdecken Sie den Bedarf an einer bestimmten Dienstleistung oder einem Produkt und schlagen Sie einem Träger vor, sich darum zu kümmern. Das funktioniert besonders gut im öffentlichen Bereich. Sind Sie von der Idee restlos überzeugt, können Sie es sogar wagen, einen eigenen Verein oder eine Stiftung zu gründen.
Schreiben Sie eine E-Mail, die der Leser nicht ignorieren kann. Finden Sie heraus, an welchen Stellen Ihr Lieblingsunternehmen Nachholbedarf hat und präsentieren Sie sich als Lösung. Das funktioniert natürlich nur, wenn Sie in der Branche schon Erfahrungen und Kontakte haben. Für diese Variante muss „Ihr Können und Ihr Hintergrund“ sehr interessant sein.
Sie kennen sich mit einer speziellen Aufgabe oder einem Themengebiet gut aus und haben mindestens fünf Jahre Berufserfahrung in diesem Bereich? Dann könnte die Expertenstrategie die richtige sein. Wichtig ist, ihr Spezialgebiet so umfassend zu definieren, dass sie auf viele Angebote passen, aber gleichzeitig so viel Expertise zu besitzen, dass nicht viele mit Ihnen konkurrieren können. Die Autorin nennt sich zum Beispiel Expertin für neue Karrieren und nicht Spezialistin für MBA-Programme.
Beispiel 4 zeigt, wie ein solcher dritter Abschnitt aussehen könnte. Doch wer denkt, ein Anschreiben zu verfassen dauere eine Ewigkeit, hat weit gefehlt. Die Tricks des Bewerbers sind einfach: Er hat sich im Vorfeld seiner Bewerbungsbemühungen genau überlegt, in welchem Bereich er arbeiten möchte, bewirbt sich nur auf eben diese Stellen und muss sein Kompetenzprofil daher meist nur geringfügig anpassen. "Ich schreibe meist nur den letzten Absatz neu, in dem ich erläutere, warum ich der Richtige für die ausgeschriebene Stelle bin", sagt der 32-Jährige. Die Bewerbungsexperten konnte sein Anschreiben überzeugen.