Arbeitgeber-Ranking 2014 Deutschlands beliebteste Arbeitgeber

Junge Talente wollen am liebsten bei Automobilkonzernen arbeiten. Das zeigt eine exklusive Umfrage unter knapp 31.000 deutschen Studenten. Gleichzeitig wird deutlich: Die Ansprüche an den Job sind höher denn je.

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Steriles Labor, herzliche Atmosphäre: Die promovierte Biologin Katharina Gruner ist zufrieden mit ihrem Job bei Merck. Quelle: Klaus Weddig für WirtschaftsWoche

Arielle die Meerjungfrau wartet schon. Bis zum ersten Arbeitstag der neuen Kollegin dauert es zwar noch ein paar Wochen, Katharina Gruner hat trotzdem schon eine Spielkarte mit dem Konterfei der Disney-Figur an den freien Laborplatz geklebt – als Willkommensgruß für die neue Kollegin mit den roten Haaren.

An Gruners eigenem Arbeitsplatz in der Darmstädter Zentrale des Pharmahersteller Merck hängt Anna, die Eiskönigin aus dem gleichnamigen Disney-Film – genau wie Gruner hat sie lange braune Haare. Einen Tisch weiter tanzt Meshua, die Freundin von Mogli aus dem Dschungelbuch – dieser Laborplatz gehört einer Kollegin aus Indien. „Es ist mir wichtig, ein nettes Team um mich zu haben“, sagt Gruner, „Mein Arbeitgeber muss mich auch auf der menschlichen Ebene überzeugen.“

Methode

Dass sie die gewünschte Atmosphäre bei Merck gefunden hat, merkte Gruner schon an ihren ersten Arbeitstagen vor etwa einem Jahr. Die Biologin war damals auf die Hilfe ihrer Kollegen angewiesen, als sie ihre neue Stelle in der Immun-Onkologie des Pharmaherstellers antrat, wo Krebs mithilfe körpereigener Abwehrmechanismen bekämpft werden soll.

Für die promovierte Biologin war die Beschäftigung mit dem menschlichen Abwehrsystem etwas völlig Neues: So musste sie erst lernen, wie man Immunzellen aus dem Spenderblut isoliert. Im Gegenzug hilft Gruner ihren Kollegen bei Fragen zu Tumorzellen weiter – damit hatte sich die 31-Jährige in ihrer Promotion beschäftigt.

Doch nicht nur das gute Arbeitsklima und ein interessantes Forschungsgebiet überzeugten Gruner, auch das Gehalt stimmt. Die gebürtige Hamburgerin hatte nach ihrer Doktorarbeit, die sie mit magna cum laude bestand, auch ein Angebot als Redakteurin bei einem großen Verlag. Doch dort hätte sie gerade mal die Hälfte ihres damaligen Doktoranden-Gehalts bekommen. „Ich studiere doch nicht jahrelang“, sagt sie, „um dann so wenig zu verdienen.“

Die beliebtesten Arbeitgeber der Naturwissenschaftler
Platz 20: Unilever5,0 Prozent der befragten Naturwissenschaftler wünschen sich Unilever als Arbeitgeber. Quelle: dpa
Platz 19: Fresenius Medical Care5,5 Prozent der befragten Naturwissenschaftler wünschen sich Fresenius Medical Care als Arbeitgeber. Quelle: Presse
Platz 18: Volkswagen5,6 Prozent der befragten Naturwissenschaftler wünschen sich VW als Arbeitgeber. Quelle: dpa/dpaweb
Platz 17: Lufthansa Technik5,8 Prozent der befragten Naturwissenschaftler wünschen sich Lufthansa Technik als Arbeitgeber. Quelle: dpa
Platz 16: Bundeswehr6,0 Prozent der befragten Naturwissenschaftler wünschen sich die Bundeswehr als Arbeitgeber. Quelle: dpa
Platz 15: Nestlé6,0 Prozent der befragten Naturwissenschaftler wünschen sich Nestlé als Arbeitgeber. Quelle: AP
Platz 14: BMW6,1 Prozent der befragten Naturwissenschaftler wünschen sich BMW als Arbeitgeber. Quelle: dapd

Damit spricht Gruner vielen Studenten und Berufseinsteigern aus der Seele – das zeigt das große Arbeitgeber-Ranking des Beratungsunternehmens Universum Communications, das der WirtschaftsWoche exklusiv vorliegt.

Gutes Gehalt und angenehmes Arbeitsklima sind die beiden wichtigsten Faktoren, die ein Unternehmen für junge Talente attraktiv machen. Doch damit nicht genug: Der perfekte Arbeitgeber sollte zudem abwechslungsreiche Aufgaben, Sicherheit und die richtige Balance zwischen Arbeit und Freizeit bieten.

„Die Ansprüche der Studenten an ihren Job sind höher denn je“, fasst Stefan Lake, Deutschland-Chef von Universum, die Ergebnisse des diesjährigen Arbeitgeber-Rankings zusammen.

Doch wer kann es ihnen verdenken? Vergeht doch kaum ein Tag ohne neue Meldungen zum Fachkräftemangel oder zur alternden Gesellschaft, die den Führungskräften von morgen signalisieren: Du bist begehrt!

Das belegt auch ein Blick auf die Zahlen: Schon heute kommen laut einer aktuellen Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) auf 100 Stellenangebote für Elektrotechniker lediglich 55 Arbeitslose, bei Luft- und Raumfahrttechnikern waren es 57 und bei den Informatikern 61. Hinzu kommt die sinkende Zahl der Menschen im erwerbsfähigen Alter. Liegt die Anzahl der Personen zwischen 15 und 65 Jahren heute noch bei 50 Millionen, werden es 2030 nur noch 42 Millionen sein.

Das alles ist den Berufseinsteigern bewusst, so schätzen laut einer aktuellen Umfrage von Continental 72 Prozent der deutschen Studenten ihre Karriereaussichten als sehr gut ein, lediglich vier Prozent haben keine große Hoffnung auf beruflichen Aufstieg.

Du bist begehrt!

Auf dem Prüfstand: Daniel Huber arbeitet als Informatiker für BMW. Quelle: Wolf Heider-Sawall für WirtschaftsWoche

Die Botschaft an die Studenten hinter den Zahlen ist deutlich: Sie müssen nicht fragen, was sie für ihren Arbeitgeber tun können – die Unternehmen müssen sich die Frage stellen: Was kann, was muss ich tun, um die raren Talente an mich zu binden?

Katharina Gruners Arbeitgeber Merck scheint darauf derzeit besonders gute Antworten zu finden: Unter den Naturwissenschaftsstudenten konnte der Pharmakonzern im Vergleich zum Vorjahr drei Plätze aufsteigen und ist damit eines der wenigen Unternehmen, die in diesem Jahr neu in die Top Fünf eingezogen sind. Bei den angehenden Wirtschaftswissenschaftlern, Ingenieuren und Informatikern konnten die beliebtesten fünf Arbeitgeber ihre Position vom vergangenen Jahr weitgehend verteidigen.

„Deutschland ist und bleibt Autoland“, sagt Universum-Manager Lake. So wählten die Wirtschaftswissenschafts- und Ingenieurstudenten Audi zum beliebtesten Arbeitgeber, direkt gefolgt von den Konkurrenten BMW, Porsche und Volkswagen. Den fünften Platz belegt unter den angehenden Ingenieuren mit Daimler der nächste Autobauer und unter den Ökonomen der Internet-Konzern Google.

Die Informatikstudenten wählten das US-Unternehmen wie im Vorjahr zu ihrem beliebtesten Arbeitgeber. Google konnte seine Position sogar noch einmal um mehr als fünf Prozentpunkte auf knapp 33 Prozent steigern – das ist fächerübergreifend absoluter Spitzenwert.

Die beliebtesten Arbeitgeber der Informatiker
Platz 20: Deutsche Telekom5,8 Prozent der befragten Informatiker wünschen sich die Deutsche Telekom als Arbeitgeber. Quelle: dpa
Platz 19: Fraunhofer-Gesellschaft6,1 Prozent der befragten Informatiker wünschen sich die Fraunhofer Gesellschaft als Arbeitgeber. Quelle: Presse
Platz 18: Crytek6,5 Prozent der befragten Informatiker wünschen sich Crytek als Arbeitgeber. Quelle: Presse
Platz 17: BND6,7 Prozent der befragten Informatiker wünschen sich den Bundesnachrichtendienst als Arbeitgeber. Quelle: dpa/dpaweb
Platz 16: Lufthansa Systems7,0 Prozent der befragten Informatiker wünschen sich die Lufthansa Systems als Arbeitgeber. Quelle: dpa
Platz 15: Amazon7,4 Prozent der befragten Informatiker wünschen sich Amazon als Arbeitgeber. Quelle: REUTERS
Platz 14: Volkswagen7,9 Prozent der befragten Informatiker wünschen sich VW als Arbeitgeber. Quelle: dpa

Doch auch die Automobilhersteller werden für Programmier-Cracks zunehmend zur attraktiven Job-Adresse: Ob Elektroantrieb, das vernetzte oder selbstfahrende Auto – die Branche ist softwarelastiger geworden.

Diese Entwicklung lockt etwa IT-Spezialisten wie Daniel Huber. Der 27-jährige Berufseinsteiger arbeitet in der Serienentwicklung bei BMW. Er und sein Team verantworten die Software des Zentralsteuergeräts eines neuen, noch streng geheimen Modells.

Das Zentralsteuergerät legt den Zustand eines Fahrzeugs fest: Fährt es oder steht es? Befindet sich der Fahrer im Auto oder nicht? Oberstes Ziel: Energie sparen. Wartet der Fahrer im Auto und hört Musik, sollte das Licht brennen und die Anlage funktionieren – sonst nichts. Das ist gerade bei Elektroautos wichtig, denn jedes eingesparte Watt sorgt für mehr Reichweite.

Computerfreak Huber wollte vor allem einen innovationsfähigen Arbeitgeber, der mit kreativen Methoden experimentiert – BMW etwa entwickelt Software in vielen kleinen Schritten anstatt in wenigen großen. Jeder dieser kleinen Schritte wird dabei die ganze Zeit mithilfe automatisierter Tests überwacht. Statt wie früher erst die komplette Software zu programmieren und sie dann in einem Versuchsmodell zu testen, können bei dem neuen Verfahren Fehler schon im Anfangsstadium einer neuen Software identifiziert und behoben werden. Eine Methode, die bisher vor allem Internet-Schmieden wie Google vorbehalten war.

Sicherheit gesucht

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„Für uns Informatiker ist das eine kleine Revolution“, sagt Huber, der gerade an einer neuen Einparksoftware arbeitet, bei der das Auto ganz von allein startet und in eine Parklücke oder Garage fährt.

Die Entwicklung eines völlig neuen Autos mitzugestalten und die Testphasen auch mal im Prototyp auf der Rennstrecke vor den Toren Münchens oder in Südfrankreich statt vor dem Computer zu verbringen – Daniel Huber macht das, wovon viele träumen.

BMW konnte seine Position in diesem Jahr unter den Informatikstudenten um vier Plätze verbessern und zog damit in die Top Ten der beliebtesten Arbeitgeber ein. Aber nicht nur die Bayern legten ordentlich zu. Daimler schoss von Platz 21 auf die 13, Porsche kletterte um fünf Positionen auf den neunten Rang, Volkswagen konnte immerhin einen Platz hinzugewinnen. „Die Autoindustrie bietet den jungen Talenten das, was ihnen wichtig ist“, sagt Universum-Deutschland-Chef Stefan Lake.

Nicht immer, aber immer öfter gilt das auch für Deutschlands Pharmabranche – zumindest unter den angehenden Naturwissenschaftlern. In ihrer wichtigsten Zielgruppe ergatterte wie im Vorjahr die Max-Planck-Gesellschaft die beste Position, gefolgt vom Pharmaunternehmen Bayer, der Fraunhofer-Gesellschaft und dem Chemiekonzern BASF. Den fünften Platz erkämpfte sich Merck in diesem Jahr von Siemens. Der Elektrokonzern verlor fünf Positionen und belegt aktuell damit nur noch den zehnten Rang.

Doch nicht nur Katharina Gruners Arbeitgeber konnte seine Position stärken, die Pharmabranche schnitt insgesamt deutlich besser ab: Der zweitplatzierte Bayer-Konzern legte noch einmal um drei Prozentpunkte zu, Ratiopharm kletterte von Rang 19 auf 13, Boehringer Ingelheim, Novartis und Roche konnten jeweils einen Platz gutmachen.

Früh übt sich: Die 23-jährige Betriebswirtin Nelli Mirontschenko knüpfte schon im Studium Kontakte zur Investmentbank Goldman Sachs. Nach dem Abschluss begann sie als Analystin. Quelle: Klaus Weddig für WirtschaftsWoche

„Naturwissenschaftler wollen einen sicheren Job – und den bekommen sie in der Pharmabranche“, sagt Universum-Marktforscher Lake. Hinzu kommt: Die Branche wächst, zumindest leicht. Laut des Verbands Forschender Pharmaunternehmen (VFA) rechnen die Unternehmen mit einem Beschäftigungszuwachs von immerhin 0,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf rund 80.000 Beschäftigte.

Die beliebtesten Arbeitgeber der Wirtschaftswissenschaftler
Platz 20: Hugo Boss5,5 Prozent der befragten Wirtschaftswissenschaftler wünschen sich Hugo Boss als Arbeitgeber. Quelle: dpa
Platz 19: Boston Consulting Group5,6 Prozent der befragten Wirtschaftswissenschaftler wünschen sich die Boston Consulting Group als Arbeitgeber. Quelle: Presse
Platz 18: EZB6,0 Prozent der befragten Wirtschaftswissenschaftler wünschen sich die Europäische Zentralbank als Arbeitgeber. Quelle: dpa
Platz 17: L'Oreal6,1 Prozent der befragten Wirtschaftswissenschaftler wünschen sich L'Oreal als Arbeitgeber. Quelle: REUTERS
Platz 16: Deutsche Bank6,2 Prozent der befragten Wirtschaftswissenschaftler wünschen sich die Deutsche Bank als Arbeitgeber. Quelle: dpa
Platz 15: PwC6,3 Prozent der befragten Wirtschaftswissenschaftler wünschen sich PwC als Arbeitgeber. Quelle: dapd
Platz 14: Unilever6,4 Prozent der befragten Wirtschaftswissenschaftler wünschen sich Unilever als Arbeitgeber. Quelle: dpa

Auch Merck sucht nach neuen Talenten. Weltweit sind etwa 100 Stellen allein im Bereich Forschung und Entwicklung momentan unbesetzt. Und das, obwohl das Unternehmen sich gerade der wohl größten Spar-Kur der Unternehmensgeschichte unterzieht. „Fit für 2018“ heißt das Programm, das das 1668 gegründete und damit älteste Pharmaunternehmen der Welt auf die kommenden Jahre vorbereiten soll. 1600 Stellen werden abgebaut, gleichzeitig übernimmt der Konzern für mehrere Milliarden Euro Konkurrenten, um die Entwicklung neuer Produkte voranzutreiben.

Für Merck ist vor allem die Mischung aus Naturwissenschaftler und Wirtschaftswissenschaftler interessant, doch diese Kombination ist selten. Um trotzdem die richtigen Kandidaten zu finden, hält der Pharmakonzern engen Kontakt zu den für sie relevanten Hochschulen in Darmstadt, Mannheim, Heidelberg und Frankfurt. Außerdem präsentiert sich das Unternehmen auf Karrieremessen und nimmt vielversprechende Praktikanten in ein Bindungsprogramm auf.

Doch damit nicht genug: „Die Talente werden immer anspruchsvoller, denn sie können ihre eigenen Fähigkeiten realistisch einschätzen“, sagt Ulla Siebrecht, bei Merck zuständig für das Employer Branding.

So fragen die Studenten nicht mehr, ob sie ins Ausland können, sondern wann. Sie wünschen sich gute Entwicklungsmöglichkeiten und wollen früh Verantwortung übernehmen – aber nicht auf ihre Freizeit verzichten. Sie schätzen die Sicherheit eines renommierten, alteingesessenen Konzerns, wollen aber im Arbeitsalltag die flexiblen Strukturen und flachen Hierarchien eines Start-ups.

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Die beliebtesten Arbeitgeber der Ingenieure
Platz 20: Bosch Rexroth4,0 Prozent der befragten Ingenieure wünschen sich Bosch Rexroth als Arbeitgeber. Quelle der Daten: Universum Communications Quelle: Presse
Platz 19: MAN4,4 Prozent der befragten Ingenieure wünschen sich MAN als Arbeitgeber. Quelle: AP
Platz 18: RWE4,6 Prozent der befragten Ingenieure wünschen sich RWE als Arbeitgeber. Quelle: dpa
Platz 17: Continental4,6 Prozent der befragten Ingenieure wünschen sich Continental als Arbeitgeber. Quelle: dpa
Platz 16: BASF5,1 Prozent der befragten Ingenieure wünschen sich BASF als Arbeitgeber. Quelle: dapd
Schriftzug von E.On Quelle: dapd
Schriftzug von Hochtief Quelle: REUTERS

„Wir bieten vielversprechenden Absolventen individuelle Entwicklungsmöglichkeiten außerhalb standardisierter Karrierepfade“, sagt Personalerin Siebrecht. Außerdem sucht Merck künftig vermehrt im Ausland nach neuen Mitarbeitern und möchte noch früher mit den Talenten in Kontakt treten.

Letzteres klappt bei der Investmentbank Goldman Sachs schon ganz gut. Nelli Mirontschenko traf ihren künftigen Arbeitgeber, da studierte sie gerade mal im dritten Semester an der WHU Otto Beisheim School of Management. Die Investmentbank lud Mirontschenko zum Seminar „Women in Banking“ ein, auf dem unter anderem der Weg eines Unternehmens an die Börse veranschaulicht wurde. „Das ist es“, sagte sich Mirontschenko – und ließ den Kontakt zu Goldman Sachs nicht mehr abreißen.

Im vierten Semester machte sie ein Praktikum im Investmentbanking, direkt nach ihrem Bachelor in International Business begann die damals 22-Jährige als Analystin in der Frankfurter Zentrale zu arbeiten.

Ein Job, um den sie offenbar viele Konkurrenten beneiden: In diesem Jahr ist Goldman Sachs unter den angehenden Wirtschaftswissenschaftlern der höchste Aufsteiger. Um 17 Plätze konnte sich das Unternehmen, das US-Journalist Matt Taibbi auf dem Höhepunkt der Finanzkrise im Juli 2009 noch mit einer Vampirkrake verglichen hatte, verbessern.

Im vergangenen Jahr verpasste das Unternehmen den Einzug in die Top 50, jetzt liegen die Banker auf Platz 36 und damit nur knapp hinter ihrer Position vor der Finanzkrise (Platz 33). Als „prestigeträchtiges Unternehmen“, bezeichnet Universum-Manager Lake das traditionsreiche US-Finanzinstitut. „Außerdem hat die Euro-Krise andere Buhmänner hervorgebracht.“

Zumal sich Goldman Sachs nach Kräften bemüht, die jüngsten Negativschlagzeilen schnell vergessen zu machen – sei es im eigenen Unternehmen wie zuletzt den Rosenkrieg seines Deutschland-Chefs Alexander Dibelius mit seiner Noch-Ehefrau. Oder in der gesamten Branche der Investmentbanker, in der gerade eine Selbstmordserie für Gesprächsstoff sorgte.

Stattdessen versucht Goldman, mit positiven Nachrichten auf sich aufmerksam zu machen. War die Branche schon immer für gute Gehälter bekannt, entdeckt sie nun auch das Thema Work-Life-Balance für sich: Nach dem Tod eines deutschen Praktikanten, der sich bei der Bank of America Merrill Lynch überarbeitet haben soll, verordneten die Unternehmen ihren Mitarbeitern freie Wochenenden.

„Wer jung ist, kann es lockernehmen“, soll Goldman-Sachs-Chef Lloyd Blankfein seinen Sommerpraktikanten ausgerichtet haben, „Leute, die so alt sind wie Sie, können sich ruhig auch mal ein bisschen entspannen.“ Außerdem kündigte die Bank an, künftig mehr Analysten einzustellen, um die Arbeitsbelastung Einzelner zu reduzieren.

Nachwuchs-Analystin Nelli Mirontschenko geht zumindest zweimal die Woche zum Sport. Mal verlässt sie am Dienstagabend das Büro um acht, am Freitagnachmittag gar schon um fünf Uhr. „Der Job ist intensiv, doch solange mir die Arbeit Spaß macht, ist das akzeptabel für mich“, sagt Mirontschenko. Die langen Arbeitszeiten lässt sie sich schließlich auch fürstlich entlohnen. Experten schätzen, dass Goldman Einsteigern rund 75 000 Euro zahlen – Boni nicht eingerechnet. Das durchschnittliche Branchengehalt für Analysten liegt zwischen 45 000 und 60 000 Euro.

Doch mit Geld allein lockt auch eine Investmentbank heute keine Talente mehr. „Die Studenten sind selbstbewusster, es wird viel offener kommuniziert“, sagt Dorothee Klein, Personalreferentin bei Goldman Sachs, „sie möchten einen Sinn in der Arbeit sehen und legen viel Wert auf eine Feedback-Kultur.“ Neben regelmäßigen Mitarbeitergesprächen gibt es ein Mentorenprogramm, in dem sich ein erfahrener Kollege und ein Vize-Präsident um die Absolventen kümmern. Am Anfang fliegt jeder Analyst für eine vierwöchige Einführung nach New York. „Ich habe gute Weiterbildungsmöglichkeiten“, bestätigt Nelli Mirontschenko.

Abgestraft für Skandale

Dass überdurchschnittlich guter Lohn und die Aussicht auf eine steile Karriere die Talente der Generation Y nicht ausreichend überzeugten, wenn Familie, Freunde und Freizeit zu kurz kommen, mussten in jüngster Vergangenheit auch Unternehmensberater und Wirtschaftsprüfer lernen. „Beide Branchen haben in den letzten Jahren extrem an den weichen Faktoren gearbeitet“, sagt Universum-Mann Lake.

So richtete etwa PwC Zeitkonten für seine Mitarbeiter ein. Wer zu Stoßzeiten eine große Menge an Überstunden gesammelt hat, kann diese beispielsweise in Verbindung mit einem Sabbatical abbauen. Thomas Fritz, Personalchef bei McKinsey Deutschland, sagte kürzlich in einem Interview mit „Spiegel Online“, dass er auch Backpacker einstellen würde – schließlich gehörten zu einer Rucksackreise durch Asien ein hohes Maß an Engagement und Selbstvertrauen.

Das kommt bei den jungen Talenten gut an. Deutschlands Branchenprimus stieg unter den angehenden Ingenieuren immerhin von Position 68 auf 41. PwC konnte unter den Wirtschaftswissenschaftlern sieben Plätze gutmachen, die Boston Consulting Group steigerte sich um fünf Plätze. Allein EY, früher Ernst & Young, verlor sechs Positionen – was laut Universum-Manager Lake vor allem an der Namensverschlankung lag. So war es auch bei PricewaterhouseCoopers, die zu PwC wurden. „EY wird im nächsten Jahr bestimmt wieder besser dastehen“, sagt Lake.

Ob diese Hoffnung auch auf andere Absteiger zutrifft, ist ungewiss. Amazon musste unter den angehenden Ökonomen in diesem Jahr 19 Plätze einbüßen – so viele wie kein anderes Unternehmen. Bei den Informatikern waren es immerhin sechs Plätze. Der Skandal um Dumpinglöhne und Leiharbeit ist zwar schon fast ein Jahr her, hat aber scheinbar bis heute Einfluss auf die Wahrnehmung der Studenten.

Ein ähnliches Bild bei Siemens: Das Gerangel um den ehemaligen Konzernlenker Peter Löscher und der im September 2013 angekündigte Abbau von weltweit 15.000 Stellen kosteten das Unternehmen bei den Naturwissenschaftlern fünf Plätze. Unter den angehenden Informatikern waren es vier und bei den Ingenieuren zwei.

Probleme, die BMW nicht tangieren. Öffentliche Diskussionen um die ausufernde Beschäftigung von Zeitarbeitern hinterlassen bei Talenten wie Informatiker Huber genauso wenig nachhaltige Kratzer im Hochglanz-Image des bayrischen Autobauers wie die Frage nach ausreichender Freizeit. „Das Wichtigste ist mir, dass mein Job Spaß macht, da ergibt sich eine ausgeglichene Work-Life-Balance fast automatisch“, sagt der 27-Jährige. „Wenn ich gerade an etwas Spannendem arbeite, lass ich doch nicht um sechs Uhr den Stift fallen.“

Weitere Informationen zur Universum Student Survey finden Sie hier.

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