Arbeitsmarkt Wer jetzt einen Jobwechsel riskieren sollte

Die Unzufriedenheit im Job wächst. Dennoch wagen derzeit nur wenige einen Jobwechsel. Dabei ergeben sich aktuell durchaus interessante Chancen und manchmal sollte man gerade in Krisenzeiten etwas wagen.

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Aussitzen und Aushalten

Der Job schlägt Manfred Pragel* (*Name geändert) derzeit gewaltig auf den Magen. Sein Arbeitgeber, Siemens in München, kommt aus den Schlagzeilen nicht heraus. Immer mehr Kollegen werden in Transfergesellschaften geparkt, Abteilungen zusammengelegt. Die Belastung steigt seit Monaten. An seine Karriere denkt Pragel schon lange nicht mehr. Sein einziges Ziel: den Tag überstehen.

Er weiß: Wer so fühlt, sollte besser seinen Hut nehmen. Es wird ja nicht besser dadurch, dass man den Frust in sich hineinfrisst. Aber jetzt? In diesen Zeiten? Die Bedingungen dafür sind „wohl denkbar schlecht“, findet der 42-Jährige. „Woanders gibt es auch keine guten Jobs – und schon gar keine gut bezahlten.“

Trotz steigendem Jobfrust die Krise aussitzen und den Ärger aushalten – nicht wenige denken gerade so. Die Stimmung in den Unternehmen ist auf dem Nullpunkt. Steigender Druck und innere Kündigung zermürben die Belegschaften bis in die Führungsetagen hinein. Jeder dritte Arbeitnehmer in Deutschland beurteilt seinen Job als schlecht, so eine DGB-Studie. Eine Umfrage des Institutes für Mittelstandsforschung an der Leuphana Universität Lüneburg, an der mehr als 2200 Fach- und Führungskräfte teilgenommen haben, ermittelte wiederum: Nur jeder Zweite rechnet 2009 noch mit einem beruflichen Aufstieg.

Doch statt sich intern nach Alternativen umzusehen oder auf Jobsuche zu gehen, verfallen die Betroffenen mehrheitlich in Lethargie. Die früher oft geforderte Mobilität der Arbeitnehmer – sie sinkt. 

Die Lage am Arbeitsmarkt könnte kaum widersprüchlicher sein

Das belegt auch eine Umfrage, die die Personalberatung Lachner Aden Beyer & Company Mitte Juni exklusiv für die WirtschaftsWoche unter 392 Managern durchgeführt hat: Zwar gab knapp die Hälfte der Befragten (49 Prozent) an, dass sich ihre Wechselbereitschaft in den vergangenen zwölf Monaten erhöht habe. Doch zeigt das nur deren grundsätzliche Abwanderungsgedanken. Verglichen mit dem Vorjahr hat der Wille zum Wechsel deutlich abgenommen: Damals sahen sich noch 63,2 Prozent auf dem Sprung.

Die Lage könnte kaum widersprüchlicher sein. Auf der einen Seite furchtsames Stillhalten, auf der anderen rechnet jeder Zehnte mit dem Verlust seines Arbeitsplatzes, weitere 6,4 Prozent halten ihre Kündigung gar für „sehr wahrscheinlich“.

Trotz der wachsenden Angst vor Entlassung „verharren viele wie das Kaninchen vor der Schlange“, wundert sich Marcel Derakhchan, Managing Partner bei LAB. „Es gibt eine Art Schockstarre in den Köpfen.“

Insbesondere jene, die in einer stark angeschlagenen Branche oder in einem trudelnden Unternehmen tätig sind, leben derzeit gefährlich. Zwar gibt es ein paar Tricks, Leistungsträger trotz Sozialauswahl im Unternehmen zu halten. „Aber wer sagt, dass man Sie so einstuft?“, fragt der Stuttgarter Personalberater Michael Heidelberger spitz. Und selbst das kann sich derzeit von Quartal zu Quartal schlagartig ändern.

Immer wieder beobachtet der Headhunter, dass die Leute so lange auf ihrem Stuhl sitzen bleiben, bis der ihnen „unterm Hintern weggezogen wird“ – selbst wenn klar ist, dass es Entlassungen geben wird und die Einschläge längst näher kommen.

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