Die Bewerbung für den neuen Job ist raus, jetzt beginnt das gespannte Warten. Aufgeregt wird regelmäßig der digitale oder analoge Briefkasten geprüft, ob schon eine Antwort - am besten natürlich eine positive - vom Traumarbeitgeber da ist. Und dann kommt häufig nichts. Das Ignorieren der Bewerber spart nämlich nicht nur Zeit, sondern auch Ärger:
Die Unternehmen wollen dem Risiko aus dem Weg gehen, gegen das Antidiskriminierungsgesetz (AGG) zu verstoßen, weil der Kandidat vielleicht als zu alt oder die Kandidatin mit zwei kleinen Kindern als zu großes Ausfallrisiko eingestuft wurde. Würden Personalabteilungen das ehrlich kommunizieren, könnte das eine saftige Klage nach sich ziehen, also schweigen viele lieber.
Das gehört in eine gute Bewerbungs-Absage
Personaler haben viel zu tun, aber die Zeit für eine individuelle Absage sollte immer da sein. Alles andere könnte negativ auf die Arbeitgebermarke abfärben. Also nicht „Lieber Bewerber“, sondern „Sehr geehrte Frau Schmidt“. Außerdem tun Sie gut daran, Ihre Absage so zu formulieren, dass der Bewerber einen Mehrwert daraus ziehen kann. Lag es an den Rechtschreibfehlern? Einem unangemessenen Foto? Oder sind die Computerkenntnisse veraltet? Geben Sie dem Bewerber ehrliches Feedback.
Nicht nur bei der Absage, auch schon zuvor ist es wichtig, dass der Bewerber nicht mit bewerbung@unternehmen.de Kontakt hat, sondern mit einem echten Menschen. Spätestens bei der Bewerbungsabsage macht der persönliche Kontakt einen gewaltigen Unterschied – denn wer möchte schon vom Roboter die Mitteilung erhalten, dass man leider nicht weiterkommt?
Wer nur schreibt: „Tut uns leid, Sie passen nicht ins Team“ oder „Wir haben uns für einen anderen Bewerber entschieden“ tut seinem Unternehmensimage und dem Bewerber nichts Gutes. Nur wer weiß, woran er gescheitert ist, kann es beim nächsten Mal besser machen. Wer den abgelehnten Bewerbern anbietet, telefonisch ein detaillierteres Feedback zu geben, hinterlässt keine verbrannte Erde
Dass sich Unternehmen bei den abgelehnten Bewerbern nicht mit Absicht unbeliebt machen sollten, ist vor allem von Vorteil, wenn die Bewerberin sich vielleicht für eine ganz andere Stelle gut eignen würde. Hat der Kandidat also grundsätzlich überzeugt, schreiben Sie ihm oder ihr das und bitten Sie darum, die Bewerbungsunterlagen aufheben und im Falle einer passenden Vakanz erneut in Kontakt treten zu dürfen. Oder Sie nehmen den Kandidaten in Ihren Talent-Pool auf und informieren regelmäßig über passende offene Stellen.
Und wer doch eine Absage verschickt, füllt diese vorsichtshalber nur mit inhaltsleeren Floskeln. Daraus lässt sich dem Unternehmen kein Strick drehen, der Bewerber erkennt aber auch die Gründe der Absage nicht. Das frustriert die Jobsuchenden, wie eine Umfrage der Bewerbungsplattform Softgarden und dem Haufe Personalmagazin unter 1130 Bewerbern für das Sonderheft "Trends im Recruiting" zeigt. Für die Bewerber fühlen sich viele Absagen wie eine "Ohrfeige" an, die Mehrheit spricht allerdings von "Blabla-Formschreiben". Sie empfinden die Briefe oder Mails mehrheitlich als nichtssagende Serienschreiben, bei denen - wenn überhaupt - der Name ausgetauscht wurde.
Das sollten Sie nicht in eine Bewerbungsabsage hinein schreiben
Aus Angst, sich eine Klage wegen Diskriminierung einzufangen, oder auch weil Recruitingprozesse gerne mal länger dauern, verzichtet so manche HR-Abteilung gleich ganz auf die Absage. Der Kandidat wird es schon merken.
Das Problem ist, dass sich dieses Verhalten negativ auf die Arbeitgebermarke auswirkt. Denn 91 Prozent der Bewerber sprechen online wie auch offline über ihre Erfahrung mit dem Unternehmen. Und mit jeder Woche, die ein Bewerber auf seine Absage warten muss, wird sein Eindruck vom Unternehmen schlechter.
Quelle: Softgarden
Dieser Satz ist meistens dazu gedacht, der absage die Schärfe zu nehmen. Allerdings kann er - Stichwort Anti Diskriminierungsgesetz (AGG) für Unternehmen ernste Konsequenzen haben. Denn wenn der Bewerber nicht wegen seiner fachlichen Qualifikation abgelehnt wurde, liegt es dann vielleicht am Familienstand, der Herkunft oder dem Geschlecht? Frei nach dem Motto: "Fachlich sind Sie super, aber wir stellen keine Frauen im gebärfähigen Alter ein"?
Es mag sein, dass Sie überlastet sind, aber der Bewerber hat für das Leiden der Personaler in seiner Situation vermutlich kein Verständnis.
Das klingt aber nett: Wir vernichten Ihre Unterlagen.
Sparen Sie sich diesen Hinweis und tun Sie es im Stillen.
Wenn Sie die fachliche Qualifikation des Bewerbers derart umgehauen hat, warum geben Sie ihm dann keinen Job?
Das liegt unter anderem daran, dass Bewerbern und Personalern unterschiedliche Dinge bei einer Absage wichtig sind: Aus Sicht der Kandidaten und Kandidatinnen müssen in einer Absage vor allem "nachvollziehbare Gründe" stehen. Das sagten jedenfalls 73 Prozent der Umfrageteilnehmer. Wie sonst sollen sich die 'Bewerber auch verbessern, wenn sie nicht erfahren, woran sie gescheitert sind? Mit 62 Prozent der Nennungen landet ein "freundlicher Tonfall" auf Platz zwei und 61 Prozent wünschen sich vor allem eine "zeitnahe Antwort auf die Bewerbung".
Für die HR-Abteilungen stehen dagegen ein "freundlicher Tonfall" (68 Prozent), die "zeitnahe Antwort auf die Bewerbung" (68 Prozent) und der "Ausdruck von Wertschätzung gegenüber dem Bewerber" (60 Prozent) ganz oben auf der Prioritätenliste. Das für die Kandidaten wichtigste Kriterium "nachvollziehbare Gründe" halten gerade einmal 16 Prozent der befragten Personaler für "sehr wichtig". Entsprechend steht auch nur in einem Fünftel der Absageschreiben, warum die Bewerberin oder der Bewerberin nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen wird. Der Rest muss sich mit dem Üblichen begnügen:
"Sehr geehrter Herr Müller/sehr geehrte Frau Schmidt, vielen Dank für das uns entgegengebrachte Vertrauen. Leider können wir Ihre Bewerbung nicht berücksichtigen. Wir wünschen Ihnen dennoch für Ihre berufliche Zukunft alles Gute."