Bewerbung Der Wert von Arbeitszeugnissen

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Übertrieben positiv

Ob der Wortlaut im Arbeitszeugnis korrekt und zulässig ist, prüft Thomas Redekop. Er ist Geschäftsführer der Personalmanagement Service GmbH in Berlin, einem Zeugnisdienstleister, der über das Portal arbeitszeugnis.de pro Jahr mehrere Tausend Arbeitszeugnisse analysiert. Vor allem Arbeitnehmer wenden sich an das Unternehmen, wenn sie unsicher sind. Aber auch Arbeitgeber lassen sich von Redekop und seinen Mitarbeitern beraten.

Ein schlechtes Zeugnis enthält meist Formulierungen, die übertrieben positiv sind oder ganze Elemente, die zwingend in ein Zeugnis gehören, fehlen. Diese Auffälligkeiten bemerken Personaler auch beim bloßen Querlesen der Unterlagen.

Darum sollten die Zeugnisse den Standards entsprechen. "Grundsätzlich sind die Zeugnisse sehr positiv formuliert und haben einen einheitlichen Aufbau", sagt Zeugnisdienstleister Redekop. Dazu zählen neben der Einführung eine kurze Beschreibung der beruflichen Entwicklung im Unternehmen. Danach folgen eine Stellenbeschreibung der zuletzt ausgeführten Tätigkeit sowie eine Leistungsbeurteilung mit Angaben zur Motivation, Arbeitsweise, Erfolgen oder Weiterbildungen und eine Leistungszusammenfassung, die wiederum in eine Note zurück übersetzt werden kann.

Soziales Verhalten

In einem weiteren Punkt bewertet der Arbeitgeber auch das soziale Verhalten seines ehemaligen Mitarbeiters. Zum Schluss findet sich die Begründung, warum das Arbeitsverhältnis beendet wurde. Außerdem dankt der Arbeitgeber seinem Mitarbeiter für die geleistete Arbeit, bedauert das Ende der Zusammenarbeit und wünscht ihm alles Gute für die Zukunft. "Wenn Angaben beispielsweise zum Fachwissen oder die Bewertung der sozialen Fähigkeiten ganz fehlen, sind das deutliche Anzeichen, dass hier etwas nicht stimmt", sagt Redekop.

Oft steckt aber keine böse Absicht dahinter, sondern Unwissenheit des Zeugnisschreibers. Dazu kommt es meist, wenn der Arbeitgeber seinen Mitarbeiter darum bittet, sein Zeugnis selbst zu schreiben. "Davon ist grundsätzlich abzuraten, weil es die meisten Arbeitnehmer überfordert. Viele neigen dann entweder dazu, übertrieben positiv zu formulieren oder bewerten sich unterdurchschnittlich, weil sie mit der sehr positiv klingenden Zeugnisschreibung nicht vertraut sind", sagt Redekop. Eine übertriebene positive Darstellung ist ebenso hinderlich wie eine negative Bewertung. Denn als negativ gilt mittlerweile jedes Zeugnis, das gerade einmal als gut zu werten ist.

Im Durchschnitt werden die Zeugnisse in Deutschland heute mit der Note 1,9 bewertet, hat der Zeugnisdienstleister in einer repräsentativen Analyse ermittelt. 1994 lag die Durchschnittsnote noch bei 2,4.

Auch Personaler beobachten, dass sich die Zeugnissprache in den vergangenen Jahren verändert hat; die Arbeitgeber formulieren immer positiver. Das führt zum einerseits dazu, dass Bewerber mit einem eher schlechten Zeugnis deutlich schlechtere Beschäftigungschancen haben, aber andererseits auch dazu, dass Zeugnisse insgesamt an Aussagekraft verlieren und das Augenmerk vielmehr auf Qualifikation, Anschreiben oder und den Gesamteindruck der Bewerbungsunterlagen gerichtet wird.

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