
Bewerbungsfotos sind etwas ziemlich deutsches: Wer sich in einem amerikanischen oder britischen Unternehmen mit Bild bewirbt, ist raus. Fotos im Lebenslauf sind im angelsächsischen Raum ein Tabu. Aber auch in Deutschland rücken die Unternehmen sukzessive von dieser Praxis ab: Die Stadtverwaltung in Celle setzt seit Jahren auf die anonyme Bewerbung, bei der Telekom oder der Deutschen Post lässt man zumindest abteilungsweise vom Bewerbungsbild ab und Siemens denkt laut darüber nach, in Zukunft Bewerbungen ganz ohne Foto zu verlangen.
"Ganz eindeutig ist es wissenschaftlich bewiesen, dass Menschen durch ein Foto Rückschlüsse auf deren Qualifizierung ziehen, auch wenn das überhaupt nicht möglich ist", begründet Siemens-Personalchefin Janina Kugel den geplanten Schritt. Und damit die Personaler keine Kandidaten aussortieren, weil sie denken: "blond = dämlich, dick = faul, alt = unflexibel" soll das irreführende Foto weg. Es gibt da nur ein Problem: "Es ist unser ureigenstes Bedürfnis, zu sehen, mit wem wir es zu tun haben", sagt Christine Sommerfeldt. Also wird der Kandidat gegoogelt. Und zack ist es da, das Foto. Im besten Fall ein businessmäßiges Bild bei Xing oder LinkedIn, im dümmsten Fall spuckt Google einen privaten Schnappschuss aus.
Insofern sollten Bewerber, auch bei einer anonymen Bewerbung, darauf achten, dass professionelle Bilder von ihnen existieren, rät Sommerfeldt. Sie ist seit über zehn Jahren auf Business-Fotografie spezialisiert und rückt sowohl Berufseinsteiger als auch Top-Manager ins rechte Licht. Für WirtschaftsWoche Online hat sie zwei Führungskräfte fotografiert, um zu zeigen, worauf es bei einem professionellen Shooting ankommt.
Das perfekte Bewerbungsfoto
Natürlich spielen die Kleidung und der Bildhintergrund eine Rolle und auch ein dezentes Make-up kann viel hermachen. Sommerfeldt zieht auch mal eine Falte im Jackett des Kunden glatt oder sorgt mittels einer Wäscheklammer für den perfekt taillierten Sitz des Blazers. Und zur Not retuschiert die Fotografin im Anschluss allzu auffällige Falten aus dem Hemd. Wohlgemerkt: aus dem Hemd, nicht aus dem Gesicht.
Darauf sollten Sie beim Anzug achten
Hände weg von Synthetik: Polyester, Polyacryl und Co. bringen den Träger nur ins Schwitzen. „Gentleman“-Autor Bernhard Roetzel rät zu 100 Prozent Naturfasern, im Idealfall Schurwolle. Diese ist im Gegensatz zu einfacher Wolle frisch geschoren und zeichnet sich daher durch besonders feine Fasern aus. Stoffe aus Schurwolle sind elastisch, glatt und fallen besser. In vielen Fällen können Anzugkäufer die Stoffqualität auch dadurch ausmachen, indem sie einmal zupacken und schauen, wie stark der Stoff knittert. Das ist aber nicht immer ein Qualitätshinweis: Leinen knittert beispielsweise immer.
Billiganzüge haben meist ein synthetisches Futter aus Kunstfasern. Bessere Anzüge sind mit Viskose gefüttert. Das ist zwar auch synthetisch, wird aber aus Holz hergestellt und weist somit gleiche Eigenschaften auf, wie Baumwolle. Im besten Fall ist das Futter jedoch aus Seide.
Je billiger der Anzug, desto weniger Stiche weisen die Nähte auf. Wichtig ist vor allem, dass sie ordentlich und gerade verlaufen. Wer dafür keinen Blick hat, kann einfach den ausgewählten Anzug mit einem teuren High-Ende-Modell vergleichen. Wichtig ist hierbei auch die Hose auf links zu drehen und die inneren Nähte zu begutachten.
Billiganzüge verzichten gerne auf einen ordentlich verarbeiteten Saum. Dadurch fransen die Stoffränder schnell aus.
An Knöpfen lässt sich die Qualität eines Anzugs kaum ausmachen. Diese sind in so gut wie allen Preisklassen aus Kunststoff. Lediglich am oberen Ende haben Anzüge Knöpfe aus Büffelhorn, Steinnuss oder Perlmutt. „Das sind aber eher traditionelle Qualitätsmerkmale“, sagt Stilexperte Bernhard Roetzel.
Denn auf dessen Ausdruck kommt es an. "Im Bild haben wir weder Ton, noch Bewegung, also muss unsere statische Körpersprache all das ausdrücken, was wir sagen wollen", sagt sie.
So muss Bettina Gohm in ihrer Position als Leiterin der Abteilung Global Compensation and Benefits bei Siemens kommunikationsstark und überzeugend sein, natürlich souverän und durchsetzungsstark. Gute Menschenkenntnis und eine sympathische Ausstrahlung schaden natürlich auch nicht. Würde sie sich nun auf ihre eigene Stelle bewerben, sollte das Bild genau diese Eigenschaften transportieren, damit man auf den ersten Blick sieht: Gohm ist die Richtige für den Job.
Ein anderer Blazer, eine andere Kette und ein anderer Hintergrund und Gohm könnte locker als CFO bei einem Maschinenbauer durchgehen - und zwar einer, bei dem man richtig gute Argumente braucht, wenn man mehr Geld losschlagen möchte.





Bei Business-Bildern geht es nicht um Attraktivität, sondern um Kompetenz
Wer sich schwer tut, auf Knopfdruck durchsetzungsstark, kompetent und souverän zu gucken und dabei auch noch dynamisch und freundlich zu wirken, der sollte auf jeden Fall zu einem professionellen Fotografen gehen. Und sich bewusst machen, dass es einen großen Unterschied zwischen Portraitbildern fürs Familienalbum und Business- beziehungsweise Bewerbungsbildern gibt. Hier ist nicht nur das Bikini-Foto oder Partybild mit Sangria-Eimer gemeint.
Es geht schon um winzige Veränderungen in der Haltung, die nachher darüber entscheiden, ob der Personaler einen für einen dynamischen Entscheider oder einen passiven Schluffi hält. "Die Kopfhaltung trägt dazu bei ob man überheblich, schüchtern oder souverän wirkt", so Sommerfeldt - und zwischen den Extremen liegen oftmals nur wenige Millimeter.