
„Erfahren“ anstatt „alt“: In einigen Unternehmen findet ein Bewusstseinswandel statt - ältere Kollegen werden zunehmend wertgeschätzt. Was auch bitter nötig ist: Derzeit arbeiten in Deutschland mehr als zehn Millionen Menschen im Alter zwischen 50 und 65. Und immer mehr arbeiten auch über das vorgeschriebene Renteneintrittsalter hinaus. Einige, weil sie es aus finanziellen Gründen müssen, sehr viele auch aus Lageweile – oder schlicht aus Tatendrang.
Die Unternehmen reagieren mit entsprechenden Angeboten für ältere Kollegen – von zielgruppengerechten Angeboten im betrieblichen Gesundheitsmanagement bis zu flexiblen Arbeitszeitangeboten.
Die Deutsche Bahn etwa hat vor vier Jahren einen „Demografie-Tarifvertrag“ geschaffen. Ältere Kollegen mit besonders belastenden Tätigkeiten können ihre Arbeitszeit beispielsweise auf 81 Prozent verringern. Ihr Gehalt wird aber vom Arbeitgeber auf 90 Prozent aufgestockt. Das Modell ist laut der Bahn extrem erfolgreich: Seit Ende 2015 habe sich die Zahl der Mitarbeiter, die die besondere Teilzeit im Alter nutzen, verdreifacht - von 504 auf 1500.
Auch Lokführer Martin Seibert aus Amberg in der Oberpfalz hat seine Arbeitszeit vor vier Jahren auf 80 Prozent reduziert. „Das war ohne Probleme möglich“, erzählt der 64-Jährige. Wenn er irgendwann in Ruhestand geht, würde er „weiter machen, solange man mich brauchen kann“, plant er. Ein wenig Arbeit gehöre für ihn zum Leben dazu. „In der Generation über 50 stecken unwahrscheinliche Potenziale, die von vielen Unternehmen nicht genutzt werden“, meint Seibert.
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Ältere tun sich beim Jobwechsel schwer
Ein bis anderthalb Probleme gibt es für die erfahrenen Kollegen mit dem enormen Fachwissen aber: Wenn sie ihren Job verlieren, ist ihre Chance, einen neuen zu finden, gerade mal halb so hoch wie für den Durchschnittsarbeitslosen. Und: die Unsicherheit beim Bewerben ist groß. Egal, ob es sich um einen Jobverlust oder einen freiwilligen Wechsel handelt. Denn wieso sollte man sich jenseits der 50 nicht noch einmal neu orientieren und zu einem anderen Unternehmen wechseln?
Lange keine Bewerbung mehr geschrieben? Mit diesen Tipps klappt's
Auch wenn der letzte Job ganz anders zustande gekommen sein mag, sollten Sie sich heute nicht nur auf persönliche Kontakte und die Tageszeitung verlassen, sondern auch bei Online-Stellenbörsen (z.B. Stepstone, Monster usw.) sowie in sozialen Netzwerken wie Facebook nach einem neuen Job suchen. Und falls Sie das nicht ohnehin schon getan haben: Investieren Sie ein wenig Zeit und ein paar graue Zellen, um sich aussagekräftige Profile bei XING und LinkedIn anzulegen. Hier können Sie Ihre Stärken präsentieren und sich zudem ein breites Netzwerk an Kontakten erschaffen.
Quelle: Personalvermittler Orizon
Auch der Gang zu einem Personalunternehmen ist ein vielversprechender Weg zum neuen Job. Ob Zeitarbeit, direkte Vermittlung in ein Unternehmen oder Karriereberatung – die Personalberater haben umfangreiche Erfahrung und können fast immer weiterhelfen.
Auch wenn Ihre Erfahrungen ein ganzes Buch füllen würden: Nennen Sie für jede Bewerbung trotzdem nur die Stationen, mit denen Sie für den angestrebten Job punkten können. Unbedingt ergänzen sollten Sie, was dabei jeweils Ihre individuellen Aufgaben waren und welche Ergebnisse Sie erzielten. Außerdem: Nutzen Sie die amerikanische Form des Lebenslaufs, das heißt beginnen Sie mit der aktuellen bzw. letzten Position.
Mit 20 oder 30 Jahren Berufserfahrung haben Sie so manche Kompetenz ins Feld zu führen. Vermeiden Sie es jedoch, sich als Alleskönner darzustellen und zeigen Sie klare Kante. Auch bei Fortbildungen stellen Sie nur das dar, was für die konkrete Stelle wesentlich ist – ein Schreibmaschinenkurs vor 30 Jahren lockt heute niemanden mehr hinter dem Ofen hervor.
Ob sich jemand weiterentwickeln möchte, ist keine Frage des Alters. Mag sein, dass die 30 Jahre jüngeren Kollegen intuitiv mit neuen Technologien umgehen – aber warum sollten Sie es nicht lernen können? Machen Sie deutlich, dass Sie aufgeschlossen und bereit zur Weiterbildung sind.
Schon klar – jüngere Bewerber sind „digital natives“, dynamisch, flexibel, sie kosten weniger und sind extrem lernbegierig. Ganz abgesehen davon, dass sich keine Altersgruppe über einen Kamm scheren lässt, haben auch Berufserfahrene jenseits der 50 so einiges zu bieten. Und mit den richtigen Kniffen lässt sich davon auch der Personaler überzeugen.
Das Wichtigste, egal ob in der schriftlichen Bewerbung oder bei der persönlichen Vorstellung ist aber: Seien Sie selbstbewusst. Sie müssen sich weder für Ihr Alter entschuldigen noch Ihr Licht unter den Scheffel stellen.